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System Neustart

System Neustart

Titel: System Neustart Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Gibson
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lassen.« »Von wem?«
    »Er ist schon länger bei Blue Ant als Sleight. Jemand, den ich in der Hinterhand behalten habe, für den Fall, dass so etwas passiert. Mein IT-Backup, könnte man sagen. Haben Sie schon gefrühstückt?«
    »Ein Croissant in Paris.«
    »Hätten Sie Lust auf ein komplettes englisches Frühstück? Fiona?«
    »Von mir aus gerne. Saad checkt gerade meinen Vergaser.«
    Sie sahen Milgrim an. Er nickte. Und blickte zu dem silbernen Pinguin und dem schwarzen Rochen hoch, die unter der hellen weißen Decke schwebten. Er versuchte sich vorzustellen, wie der schwarze Rochen über eine Kreuzung in der Rive Gauche hinwegflog. »Wie ist es, einen von denen zu fliegen?«
    »Wenn man sich richtig darauf konzentriert, ist das so, als würde man in seine Haut schlüpfen«, sagte Fiona. »Die App fürs iPhone macht einen großen Unterschied. Der Pinguin in Paris war noch nicht entsprechend umgerüstet.«

37. Ajay
    Inchmales Totemtier, das narkoleptische, ausgestopfte Frettchen, wartete noch immer wie in einem albtraumhaften Walzer erstarrt zwischen dem Wildgeflügel neben dem grummelnden Fahrstuhl des Cabinet.
    Auf ihre Frage hin hatte Robert gesagt, »Miss Hyde« sei auf ihrem Zimmer. Er schien jegliches Unbehagen, das er bei Heidis Ankunft empfunden haben mochte, völlig vergessen zu haben, ja, offenbar schwärmte er sogar für sie. Wie Hollis wusste, geschah das nur allzu oft. Männer, die beim ersten Ansturm nicht sofort die Flucht ergriffen, wurden später nicht selten zu Heidis Verehrern.
    Sie betrat den ihr vertrauten Käfig, zog den Koffer nach, schob die Tür zu und drückte auf den Knopf. Einmal, und nur ganz kurz, um keine Verwirrung zu stiften.
    Oben auf dem Korridor vermied sie es, die Aquarelle anzuschauen. Sie öffnete die Tür zu Nr. 4, trat ein und legte den Koffer auf das Bett. Alles war noch so, wie sie es zurückgelassen hatte, von einigen neuen Büchern im Vogelkäfig abgesehen. Sie öffnete den Koffer, holte die Blue-Ant-Figurine heraus und ging nach nebenan, zu Heidis Tür.
    Sie klopfte.
    »Wer ist da?«, fragte eine Männerstimme. »Hollis«, sagte sie.
    Die Tür ging einen Spalt auf. »Lass sie rein«, sagte Heidi.
    Zum Vorschein kam ein äußerst attraktiver, äußerst durchtrainierter junger Mann, der wie ein Bollywood-Tänzer aussah und dessen Haar kurz genug war, um durchscheinend zu sein, auf dem Scheitel jedoch einen schwarzen Wasserfall bildete. Wie um diese Schönheit auszugleichen, hatte jemand ihm, offenbar mit einem harten, schmalen Gegenstand, einen Schlag auf das Nasenbein versetzt und in der Mitte eine blasse Kerbe hinterlassen. Er trug einen hellblauen Jogginganzug und darüber Heidis ausgeblichene Tourlederjacke.
    »Das ist Ajay«, sagte Heidi, als Hollis eintrat.
    »Hi«, sagte Ajay.
    »Hallo«, sagte Hollis. Das Zimmer war ungewöhnlich aufgeräumt, von Heidis charakteristischen Gepäckexplosionen fast keine Spur. Hollis bemerkte allerdings, dass das Bett, auf dem sich Heidi in einem Go ld-Gym-Tanktop und kniefreien Jeans ausgestreckt hatte, ziemlich zerwühlt war. »Was ist mit deinen Sachen passiert?«
    »Sie haben mir geholfen, alles auseinanderzuklamüsern, und was ich behalten will, bewahren sie für mich auf. Die sind nett hier.«
    Hollis konnte sich nicht erinnern, dass Heidi das jemals irgendwo über Hotelangestellte gesagt hätte. Sie vermutete, dass Inchmale dem Cabinet einen Rat gegeben hatte, wie man mit Heidi am besten umging. Wahrscheinlich hatte er großzügig Trinkgelder verteilt, obwohl das Personal hier auch so schon sehr zuverlässig war.
    »Was zum Teufel ist das?«, fragte Heidi, als wollte sie zeigen, dass sie noch immer die Alte war, und deutete auf die blaue Figurine.
    »Ein PR-Spielzeug von Blue Ant. Es ist hohl« - sie zeigte Heidi die Unterseite - »und ich glaube, dass sich da drin möglicherweise ein Peilsender befindet.«
    »Wirklich?«, sagte Ajay.
    »Wirklich«, sagte Hollis und reichte sie ihm.
    »Wie kommst du darauf?« Er hielt sich die Figurine ans Ohr, schüttelte sie und lächelte. »Lange Geschichte.«
    »Die einzige Möglichkeit, das rauszufinden, ist, sie aufzuschlitzen ...« Geschmeidig wie eine Katze ging er zum Fenster und betrachtete die Unterseite genauer. »Aber da ist uns jemand zuvorgekommen«, sagte er und schaute zu Hollis hoch. »Die ist hier aufgeschnitten, wieder zugeklebt und abgeschmirgelt worden.«
    »Ajay ist äußerst praktisch veranlagt«, sagte Heidi. »Ich störe euch doch nicht?«, fragte Hollis. Ajay

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