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Szenen aus dem Landleben - Die Bauern (German Edition)

Szenen aus dem Landleben - Die Bauern (German Edition)

Titel: Szenen aus dem Landleben - Die Bauern (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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aus derber Leinwand sichtbar wurde, das er länger als einen Monat tragen und selber in der Thune waschen mußte. Seine Holzpantinen waren mit altem Eisen beschlagen. Den Stoff seiner Hose konnte man bei der unendlichen Zahl der Flicken und Stopfstellen nicht mehr erkennen. Schließlich trug er auf dem Kopfe eine schreckliche Mütze, die er wahrscheinlich in Ville-aux-Fayes auf irgendeiner Bürgerhausschwelle aufgelesen hatte.
    Da er klarsehend genug war, um die unter Cathérine verborgenen Vermögenswerte zu schätzen, wollte er Tonsard im Grand-I-Vert nachfolgen. Er wandte daher all seine List, seine ganze Macht auf, um sie zu fangen: er versprach ihr Reichtum, versprach ihr den Fortbestand der großen Freiheit, welcher die Tonsard sich erfreut hatte, schließlich versprach er seinem künftigen Schwiegervater eine ungeheure Rente, jährlich fünfhundert Franken aus seiner Schenke bis zur vollen Abzahlung, indem er sich auf eine mit Monsieur Brunet gehabte Unterredung über die Bezahlung verließ, in Stempelpapieren. Zeugschmiedgeselle seines Zeichens, arbeitete der Gnom beim Stellmacher, solange es viel Arbeit gab, vermietete sich aber zu teuer bezahltem Frondienst. Obwohl er etwa achtzehnhundert Franken besaß, die ohne Wissen der ganzen Gegend bei Gaubertin angelegt waren, lebte er wie ein Bettler, hauste in einem Speicher bei seinem Meister und hielt bei der Ernte Nachlese. Gaubertins Wechsel, der jedes Jahr erneuert und um seine Zinsen und Ersparnisse vergrößert wurde, trug er eingenäht im Oberteil seiner Sonntagshose.
    »Ach, was macht mir das!« schrie Nicolas, auf Godains klugen Einwurf antwortend. »Wenn ich Soldat werden muß, ist's mir schon lieber, wenn das Sägemehl des Henkerkorbs mein Blut auf einmal trinkt, als es tropfenweise herzugeben ... Und ich werde das Land von einem dieser Arminacs befreien, die der Teufel auf uns losgelassen hat.«
    Und er erzählte das belauschte angebliche Komplott Michauds gegen ihn.
    »Woher soll Frankreich denn deiner Meinung nach seine Soldaten nehmen?« fragte ernst der weiße Alte, indem er aufstand und sich während des tiefen Schweigens, das diese furchtbare Drohung erzeugte, vor ihm aufpflanzte.
    »Man hat seine Zeit abgedient und kommt zurück,« sagte Bonnebault, indem er seinen Schnurrbart strich.
    Als der alte Niseron die übelsten Subjekte des Landes vereinigt sah, schüttelte er den Kopf und verließ die Schenke, nachdem er Madame Tonsard einen Heller für sein Glas Wein gereicht hatte. Als der Biedermann den Fuß auf die Stufen gesetzt, würde die Bewegung der Befriedigung, welche sich in der Versammlung der Trinker kundtat, dem, der sie gesehen hätte, gesagt haben, daß all diese Leute sich von dem wandelnden Bilde ihres Gewissens befreit fühlten.
    »Nun, was sagst du zu alledem, he! Courtebotte?« fragte Vaudoyer, der plötzlich hereingekommen war und dem Tonsard Vatels Versuch erzählt hatte.
    Courte-Cuisse (Kurzschenkel), dem fast jedermann den Spitznamen Courtebotte (Kurzstiefel) gab, ließ seine Zunge gegen den Gaumen schnalzen und setzte sein Glas auf den Tisch.
    »Vatel ist im Unrecht,« antwortete er, »an der Mutter Stelle würde ich mir die Rippen quetschen, ins Bett kriechen, mich krank stellen und den Tapezier und seinen Hüter anzeigen, um ihnen zwanzig Sous Schmerzensgeld abzuzapfen. Monsieur Sarcus würde sie zubilligen ...«
    »Auf alle Fälle würde der Tapezier sie herausrücken, um den Spektakel zu vermeiden, den das machen kann,« sagte Godain.
    Vaudoyer, der alte Feldhüter, ein Mann von fünf Fuß sechs Zoll, mit einem pockennarbigen Nußknackergesicht, bewahrte mit zweifelnder Miene Schweigen.
    »Nun,« fragte Tonsard, verführt durch die sechzig Franken, »was ärgert dich, alter Gimpel? Man wird meine Mutter für zwanzig Taler beschädigt haben, auf diese Weise ließe sich etwas aus ihr herausschlagen! Wir werden für dreihundert Franken Lärm machen und Monsieur Gourdon könnte denen in Les Aigues gut sagen, daß der Hüftknochen der Mutter ausgerenkt ist.«
    »Und man würde ihn ihr ausrenken!...« fuhr die Schankwirtin fort; »sowas macht man in Paris!«
    »Das würde zu teuer kommen,« erwiderte ihr Godain.
    »Zu oft hab ich Juristen reden hören, um zu glauben, daß die Dinge nach eurem Willen gehen werden,« sagte endlich Vaudoyer, der dem Gericht und den Amtshandlungen des Exbrigadiers Soudry oft beigewohnt hatte. »Solange es sich um Soulanges handelte, möchte es noch gehen; Monsieur Soudry repräsentiert die

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