Szenen aus dem Landleben - Die Bauern (German Edition)
Alte, doch sprachen alle nach Bauerngewohnheit auf einmal.
»Wenn Ihr den Baum nicht abgehauen habt, ist Vatel im Unrecht; habt Ihr ihn aber abgehauen, so habt Ihr zwei schlechte Handlungen begangen,« sagte Vater Niseron.
»Nehmt doch ein Glas Wein,« sagte Tonsard, dem Biedermann ein volles Glas anbietend.
»Gehn wir?« fragte Vermichel den Gerichtsvollzieher.
»Ja, wir werden auf den Vater Fourchon verzichten und den Adjunkten von Conches nehmen. Geh voran, ich hab' im Schloß einen Akt abzugeben; Vater Rigou hat seinen zweiten Prozeß gewonnen, ich zeige das Urteil an.«
Und Herr Brunet, der zwei Gläschen Branntwein genehmigt hatte, bestieg seine graue Stute wieder, nachdem er Vater Niseron guten Tag gewünscht hatte; denn jedermann im Tale legte großes Gewicht auf des Alten Wertschätzung.
Keine Wissenschaft, nicht einmal die Statistik kann Rechenschaft über die mehr als telegraphische Schnelligkeit ablegen, mit welcher Neuigkeiten sich auf dem Lande verbreiten, noch auf welche Weise sie diese Art unbebauter Steppen durchqueren, die in Frankreich eine Anklage wider die Verwalter und Kapitalisten sind. Es gehört der zeitgenössischen Geschichte an, daß der berühmteste der Bankiers, nachdem er seine Pferde zwischen Waterloo und Paris zu Tode gejagt hatte (man weiß weshalb! er gewann alles, was der Kaiser verlor: ein Königtum) dem Eintreffen der verhängnisvollen Nachricht nur um einige Stunden zuvorkam. Eine Stunde nach dem Streite zwischen der alten Tonsard und Vatel fanden sich daher mehrere andere Stammgäste im »Grand-I-Vert« zusammen.
Der Erstankömmling war Courte-Cuisse, in dem man nur schwer den jovialen Jagdhüter, den hochroten Kanonikus, wiedererkannt hätte, dem seine Frau, wie man in der Erzählung zurückliegender Begebnisse gesehen hat, morgens seinen Milchkaffee kochte. Gealtert, abgemagert, blaß, bot er für alle Augen eine schreckliche Lehre, die indeß niemandem die Augen öffnete.
»Er hat höher steigen wollen als die Leiter ist,« sagte man zu denen, die den Exjagdhüter beklagten, indem sie Rigou anklagten: »Er hat Bourgeois werden wollen!«
Tatsächlich hatte Courte-Cuisse, als er die Domäne la Bâchelerie kaufte, damit geprahlt, Bourgeois werden zu wollen. Seine Frau ging und sammelte Mist! Sie und Courte-Cuisse standen vor Tag auf, hackten ihren tüchtig gedüngten Garten um, ließen ihn mehrere Ernten hervorbringen, ohne etwas anderes als die Rigou für den Rest des Kaufpreises geschuldeten Zinsen bezahlen zu können. Ihre in Auxerre in Dienst stehende Tochter schickte ihnen ihren Lohn; doch trotz so vieler Mühen, trotz dieser Hilfe sahen sie sich am Rückzahlungstage ohne einen roten Heller. Frau Courte-Cuisse, die sich ehedem von Zeit zu Zeit eine Flasche gekochten Weines und Braten leistete, trank nur noch Wasser. Die meiste Zeit wagte Courte-Cuisse nicht, das Grand-I-Vert zu betreten, da er dort drei Sous zu lassen fürchtete. Seiner Macht entkleidet, wie er war, hatte er seine freie Zeche in der Schenke verloren und schimpfte wie alle dummen Tröpfe über die Undankbarkeit. Kurz, gleichwie bei allen vom Teufel des Besitzes gerittenen Bauern nahm gegenüber den wachsenden Mühen die Nahrung ab.
»Courte-Cuisse hat zuviele Mauern gebaut,« sagte man, ihn um seine Lage beneidend; »um Spaliere zu errichten, mußte er warten, bis er Herr war.«
Der Biedermann hatte die drei von Rigou gekauften Morgen Landes gedüngt und ertragreicher gemacht; der an das Haus anstoßende Garten fing an zu tragen, und er fürchtete, aus dem Eigentum vertrieben zu werden. Er, der ehedem Stiefel und Jagdgamaschen trug, ging wie Fourchon gekleidet, hatte Holzschuhe an den Füßen und klagte die Bourgeois von Les Aigues an, sein Unglück verursacht zu haben! Die nagende Sorge gab dem dicken kleinen Manne mit seiner vordem lachenden Miene ein finsteres und vertiertes Aussehen, das ihn einem von Gift oder chronischem Leiden verzehrten Kranken ähneln ließ.
»Was haben Sie denn, Monsieur Courte-Cuisse? Hat man Ihnen die Zunge abgeschnitten?« fragte Tonsard, als er den Biedermann schweigen sah, nachdem er ihm über die eben stattgehabte Schlacht berichtet hatte.
»Das würde schade sein,« sagte die Tonsard, »er kann sich nicht über die Wehmutter beklagen; sie hat da eine schöne Operation ausgeführt, die ihm die Zunge gelöst hat.«
»Da friert einem schon der Schnabel ein, wenn man sich überlegt, wie man mit Monsieur Rigou zu Ende kommen kann,« antwortete traurig der
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