Szenen aus dem Landleben - Die Bauern (German Edition)
worden war, mit dem er seines prunkvollen Baues wegen Schwierigkeiten gehabt hatte, als Kornwucherer erschlagen.
Die Liquidation dieser Erbschaft, um die zwischen den Seitenverwandten heftig gestritten wurde, zog sich so lange hin, daß Soudry, bei seiner Rückkehr nach Soulanges 1783, den Weinhändlerpalast für tausend Taler in klingender Münze kaufen konnte. Anfangs vermietete er ihn an das Departement zur Unterbringung der Gendarmerie. 1811 widersetzte sich Mademoiselle Cochet, die Soudry in allen Dingen um Rat fragte, der Erneuerung des Pachtvertrages, da sie das Haus »im Konkubinat mit einer Kaserne«, wie sie sich ausdrückte, unbewohnbar fand. Vom Departement unterstützt, baute die Stadt Soulanges damals in einer Seitenstraße beim Bürgermeisteramt ein eigenes Gebäude für die Gendarmerie.
Das einstöckige Haus mit einem durch Mansarden unterbrochenen Dache blickte mit drei Fronten in die Landschaft: eine auf den Platz, die andere auf den See und die dritte auf den Garten. Die vierte Seite geht auf einen Hof, der die Soudry vom Nachbarhause trennt, welches von einem Krämer namens Wattebled bewohnt wird, einem Angehörigen der zweiten Gesellschaft, dem Vater der schönen Madame Plissoud, von der bald die Rede sein soll.
Alle kleinen Städte haben eine schöne Frau, wie sie einen Socquard und ein Café de la Paix besitzen.
Man errät, daß die Fassade nach dem See hin von einer kleinen Garten-Terrasse von mäßiger Höhe eingefaßt wird, die in einer steinernen Balustrade endigt und sich an der Bezirksstraße entlang zieht. Man steigt von dieser Terrasse auf einer Treppe in den Garten hinab. Auf jeder der Treppenstufen stehen ein Orangenbaum, ein Granatbaum, eine Myrte und andere Zierbäume, die am Ende des Gartens ein Gewächshaus nötig machen, das Madame Soudry hartnäckig eine »Orangerie« nennt.
Vom Platz aus gelangt man auf einer Freitreppe von mehreren Stufen in das Haus. Der Gewohnheit kleiner Städte gemäß wird der Torweg, der für die Hofarbeit, das Pferd des Herrn und für außergewöhnliche Besuche dient, selten aufgemacht. Die Bekannten, die alle zu Fuß kommen, benutzen die Freitreppe.
Der Stil des Hotels Soudry ist nüchtern, die Steinlagen sind durch schmale, rinnenartige Streifen angedeutet, die Fenster sind abwechselnd von flachem und kräftigem Simswerk eingefaßt, in der Art jener der Pavillons Gabriel und Perronnet auf der Place Louis XV. In einer so kleinen Stadt verleihen solche Verzierungen diesem berühmt gewordenen Hause ein monumentales Aussehen.
Gegenüber, an der anderen Ecke des Platzes, befindet sich das berühmte Café de la Paix, dessen Eigentümlichkeiten, vor allem sein zauberhaftes Tivoli, später weniger gedrängt geschildert werden sollen als die des Hauses Soudry.
Rigou kam sehr selten nach Soulanges; denn jedermann begab sich zu ihm; der Notar Lupin wie Gaubertin, Soudry wie Gendrin, so sehr fürchtete man ihn. Aber man wird aus der hier notwendigen Skizze der Leute, von denen man hierzulande sagte »Das ist die erste Gesellschaft von Soulanges«, ersehen, daß jeder gebildete Mann, wie der Exbenediktiner einer war, Rigous Zurückhaltung nachgeahmt haben würde.
Von all diesen Gestalten war die originellste, das werdet ihr ja wohl ahnen, Madame Soudry, deren Persönlichkeit, um gut wiedergegeben zu werden, aller Genauigkeit des Pinsels bedarf.
Madame Soudry erlaubte sich, Mademoiselle Laguerre nachahmend, ein bischen Rot aufzulegen. Dieser leichte Anflug aber hatte sich durch die Macht der Gewohnheit in zinnoberrote Flecken verwandelt, die von unseren Vorfahren so malerisch »Wagenräder« genannt wurden. Da die Gesichtsrunzeln immer tiefer wurden und sich vervielfachten, hatte die Bürgermeisterin sich eingebildet, sie mit Schminke ausfüllen zu können. Ihre Stirn wurde auch zu gelb; und da ihre Schläfen zu glänzen anfingen, legte sie Weiß auf und stellte die Adern der Jugend durch leichte blaue Netze dar. Diese Malerei verlieh ihren schon schelmischen Augen eine übermäßige Lebhaftigkeit, so daß Fremden ihre Maske mehr als bizarr erschienen wäre; doch Ihre an diesen falschen Glanz gewöhnte Gesellschaft fand Madame Soudry sehr schön.
Dies immer ausgeschnitten gehende, ungeschlachte Frauenzimmer zeigte ihren Rücken und ihren Busen, die beide durch dieselben Prozeduren, denen sie ihr Gesicht unterzog, weiß gemacht und angestrichen waren. Glücklicherweise verschleierte sie aber unter dem Vorwande, Freude an kostbaren Spitzen zu haben, diese
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