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Szenen aus dem Landleben - Die Bauern (German Edition)

Szenen aus dem Landleben - Die Bauern (German Edition)

Titel: Szenen aus dem Landleben - Die Bauern (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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großen Städten so seltenen grünen Flecken bilden. Die blauen oder roten Dächer inmitten von Blumen, Bäumen und buschigen Terrassen bieten mannigfache und überaus harmonische Anblicke.
    Die Kirche, eine ehrwürdige, mittelalterliche, dank der Munifizenz der Herren von Soulanges, aus Haustein erbaute Kirche – diese hatten sich anfangs eine Kapelle beim Chor, später eine unterirdische Kapelle, ihre Begräbnisstätte, vorbehalten – zeigt wie die von Longjumeau als Portal einen mächtigen reich verzierten und mit Statuetten geschmückten Bogen, der von zwei in Spitzen auslaufenden Nischenpfeilern flankiert wird. Dies in kleinen Kirchen des Mittelalters, welche der Zufall vor den Zerstörungen des Kalvinismus bewahrt hat, wiederholte Portal, ist von einem Triglyph gekrönt, auf dem sich eine in Stein gehauene Jungfrau mit dem Jesuskinde erhebt. Die unteren Seiten setzen sich außen aus fünf massiven Bögen zusammen, die mit Maßwerk übersponnen sind und durch Fenster erhellt werden. Die Chorhaube stützt sich auf einer Kathedrale würdige Strebepfeiler. Der Glockenturm, der sich in einem der Kreuzarme befindet, ist ein viereckiger, von einem Kampanile überragter Turm. Die Kirche sieht man schon von weitem; denn sie liegt hoch auf dem Hauptplatze, unter dem sich die Straße hinzieht.
    Der ziemlich ausgedehnte Platz wird von originellen Bauwerken, die alle aus verschiedenen Epochen stammen, eingefaßt. Sehr viele, halb aus Holz, halb aus Ziegeln gebaut, deren Balkenwerk eine Schieferverkleidung zeigt, reichen ins Mittelalter zurück. Andere, aus Steinen und mit Balkons, weisen jenen unseren Vorfahren so lieben Giebel auf, der aus dem zwölften Jahrhundert stammt. Mehrere ziehen den Blick durch jene vorspringenden Balken mit grotesken Figuren auf sich, deren Ausladung ein Schutzdach bildet, und die an die Zeit erinnern, wo die Bourgeoisie nur Handel trieb. Das prächtigste ist das alte Justizamt, ein Haus mit geschnitzter Fassade, das in einer Front mit der Kirche steht, zu der es wundervoll stimmt. Als es auf Befehl der Nation verkauft wurde, erstand es die Gemeinde, die es als Bürgermeisterei benutzte und dort das Friedensgericht unterbrachte, wo damals Monsieur Sarcus seit der Einrichtung des Friedensrichters seinen Sitz hatte.
    Dieser oberflächliche Plan gestattet uns, uns den Soulanger Marktplatz vorzustellen, der in seiner Mitte von einem reizenden Brunnen geschmückt wird, welcher 1520 von dem Marschall von Soulanges aus Italien mitgebracht worden war, und der einer großen Hauptstadt nicht zur Unehre gereichen würde. Ein beständig sprudelnder, von einer oben auf dem Hügel befindlichen Quelle gespeister Wasserstrahl wird durch vier Amoretten aus weißem Marmor verteilt, die Muscheln halten und von einem Traubenkorbe gekrönt werden.
    Gebildete Reisende, die hier durchkommen, wenn nach Blondet wieder jemals einer durchkommt, werden hier jenen durch Molière und das spanische Theater berühmt gewordenen Platz wiedererkennen, der solange auf der französischen Bühne vorgeherrscht hat und der immer beweisen wird, daß die Komödie in den warmen Ländern entstanden ist, wo sich das Leben auf dem Marktplatze abspielt. Der Soulanger Marktplatz erinnert um so mehr an diesen klassischen Platz, der sich stets auf allen Theatern gleich bleibt, als die beiden ersten Straßen, die ihn genau in der Höhe des Springbrunnens schneiden, die Kulissen bilden, welche für die Herrn und Diener, damit sie sich begegnen oder fliehen können, so nötig sind. An der Ecke der einen dieser Straßen, die Rue de la Fontaine heißt, glänzt Maître Lupins Schild. Das Haus Sarcus, das Haus des Steuereinnehmers Guerbet, das Brunets, das des Registrators Gourdon und seines Bruders, des Arztes, das des alten Monsieur Gendrin-Vattebled, des Forst- und Wassermeisters, all diese, von ihren Besitzern, die den Beinamen ihres Städtchens ernst nehmen, sehr sauber gehaltenen Häuser liegen in der Umgebung des Platzes, des aristokratischen Stadtteils von Soulanges.
    Madame Soudrys Haus – denn die kraftvolle Individualität von Mademoiselle Laguerres alter Kammerfrau hatte das Haupt des Gemeinwesens absorbiert – ein völlig modernes Haus, war von einem reichen, aus Soulanges gebürtigen Weinhändler gebaut worden, der, nachdem er sich in Paris ein Vermögen erworben hatte, 1793 zurückkam, um Getreide für seine Vaterstadt zu kaufen. Er wurde dort vom Pöbel, der durch das Geschrei eines elenden Maurers, Godains Onkel, aufgewiegelt

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