Szenen aus dem Landleben - Die Bauern (German Edition)
Romanzen: auch behielt er den gewählten Anzug der Salonsänger bei. Mit seinen sorgfältig geputzten Stiefeln, seinen schwefelgelben Westen, engen Ueberröcken, seinen prunkvollen Seidenkrawatten, seinen modischen Beinkleidern, erschien er fast ein Pariser. Er ließ sich seine Haare vom Soulanger Friseur, der Stadtklatsche, frisieren und behauptete sich in dem Rufe eines Frauenlieblings dank seines Verhältnisses mit Madame Sarcus, Sarcus le Riches Frau, die ohne Frage in seinem Leben das bedeutete, was für Napoleon der italienische Feldzug war. Er allein reiste nach Paris, wo er bei den Soulanges empfangen wurde. Auch würdet ihr die Ueberlegenheit, die er in seiner Eigenschaft als Geck und Richter in allen Angelegenheiten der Eleganz sich anmaßte, nur erraten haben, wenn ihr ihn hättet reden hören. Für alle Dinge hatte er nur ein einziges Wort mit drei verschiedenen Anwendungsweisen, das Künstlerwort: Schwarte und schwartenmäßig. Ein Mann, ein Möbel, ein Weib, konnten eine Schwarte sein; bei größerer Plumpheit und Mangelhaftigkeit eine Mordsschwarte, endlich als Superlativ ein Ungetüm von einer Schwarte! Ungetüm von einer Schwarte war das »Gibt's ja gar nicht« der Künstler, das Uebermaß der Verachtung. Bei Schwarte war ein Entschwarten möglich, Mordsschwarte war hoffnungslos; bei Untier von Schwarte, o! da wäre es besser gewesen, nie aus dem Nichts hervorgegangen zu sein! Was Lobsprüche anlangte, so begnügte er sich mit der Verdoppelung des Wortes reizend! »Das ist reizend«, war der erste Grad seiner Bewunderung. »Reizend, reizend«, der zweite; aber »reizend, reizend, reizend«, da gab es nichts Höheres, da war der Himmel der Vollendung erreicht.
Der Gerichtsschreiber, denn er nannte sich selber, sich durch Spott über seinen Stand stellend, Gerichtsschreiber, Aktendeckel, Winkelnotar; der Gerichtsschreiber bewegte sich der Frau Bürgermeister gegenüber, die eine Schwäche für Lupin fühlte, obwohl er blond war und Augengläser trug, in den Grenzen einer Galanterie, die bei Worten stehen blieb. Die Cochet hatte immer nur brünette, schnurrbärtige Männer mit Halbmonden auf den Fingernägeln, kurz, Herkulesse geliebt. Lupin gegenüber machte sie auf Grund seiner Eleganz eine Ausnahme, und überdies dachte sie, daß ihr Triumph in Soulanges mit einem Anbeter nicht vollkommen sein würde; nichtsdestoweniger wagten zu Soudrys größtem Kummer die Anbeter der Königin ihrer Anbetung keine ehebrecherische Form zu geben.
Der Gerichtsschreiber hatte einen hohen Bariton; er probierte ihn manchmal in den Kaminecken oder auf der Terrasse. Es war das eine Art, sein Geselligkeitstalent in Erinnerung zu bringen, eine Klippe, an der alle Menschen mit gesellschaftlichen Talenten, leider selbst Leute von Genie, scheitern.
Lupin hatte eine Erbin in Holzpantinen und blauen Strümpfen geheiratet, die einzige Tochter eines Salzhändlers, der in der Revolution reich geworden war, einer Zeit, in welcher die falschen Salzsieder dank der Reaktion, die sich gegen die Salzsteuern geltend machte, ungeheure Gewinnste einheimsten. Klugerweise ließ er seine Frau zu Hause, wo Bébelle durch eine platonische Liebe zu einem sehr schönen ersten Schreiber festgehalten wurde. Dieser, ein gewisser Bonnac, hatte kein anderes Vermögen wie seine Bezüge und spielte in der zweiten Gesellschaft dieselbe Rolle wie sein Herr in der ersten.
Madame Lupin, ein Weib ohne jede Erziehung, erschien nur an hohen Festtagen in der Form einer in Sammet gekleideten ungeheuren burgundischen Pfeife, überragt von einem kleinen Kopf, der zwischen Schultern von einem zweifelhaften Ton steckte. Keine Maßnahme konnte die Kreislinie des Gürtels an ihrem natürlichen Platze festhalten. Ganz naiv gestand Bébelle, daß die Klugheit ihr Korsetts zu tragen verböte. Kurz, keine dichterische oder besser, erfinderische Einbildungskraft würde an Bébelles Rücken eine Spur von der verführerischen Biegung haben entdecken können, welche dort die Wirbelknochen bei allen Frauen, die Frauen sind, hervorrufen.
Rund wie eine Schildkröte, gehörte Bébelle zu den wirbellosen weiblichen Tieren. Diese erschreckliche Entwicklung des Zellengewebes beruhigte Lupin zweifelsohne sehr über die kleine Leidenschaft der dicken Bébelle, die er unverfroren Bébelle (Püppchen) nannte, ohne daß jemand lachte.
»Und was ist Ihre Frau?« fragte ihn eines Tages Sarcus le Riche, der das Wort Untier von Schwarte nicht verdauen konnte, das Lupin einem Stück
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