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Szenen aus dem Landleben - Die Bauern (German Edition)

Szenen aus dem Landleben - Die Bauern (German Edition)

Titel: Szenen aus dem Landleben - Die Bauern (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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Möbel gegenüber anwandte, das jener billig erstanden hatte.
    »Meine Frau ist nicht wie die Ihrige, sie ist noch nicht definiert,« antwortete er.
    Lupin verbarg unter seiner derben Hülle einen durchtriebenen Geist; er besaß den gesunden Menschenverstand, sich über sein Vermögen, das mindestens ebenso beträchtlich war wie das Rigous, auszuschweigen.
    Monsieur Lupins Sohn Amaury war der ganze Schmerz seines Vaters. Dieser einzige Sohn, einer der Don Juans des Tals, weigerte sich, den väterlichen Beruf zu ergreifen; er nutzte sein Vorrecht als einziger Sohn aus, indem er die Kasse tüchtig schröpfte, ohne jemals seines Vaters Nachsicht zu erschöpfen, der bei jedem Streiche erklärte: »Ich hab's doch ebenso gemacht!«
    Amaury kam nie zu Madame Soudry, die ihn »langweilte«; denn sie hatte, in Erinnerung an ihre Kammerfrauenschaft, versucht, die Erziehung des jungen Mannes zu übernehmen, den seine Vergnügungen an das Billard des Café de la Paix führten. Er trieb sich dort in der schlechten Soulanger Gesellschaft und sogar in der der Bonnebaults herum. Er flegelte sich dort herum (ein Wort Madame Soudrys) und antwortete auf seines Vaters Vorwürfe mit dem ewigen Refrain: »Schicken Sie mich nach Paris zurück, ich langweile mich hier.«
    Lupin endigte, ach, wie alle »Beaux« bei einer fast ehelichen Anhänglichkeit. Seine stadtbekannte Liebste war die Frau des zweiten Gerichtsdieners des Friedensgerichts, Madame Euphémie Plissoud, vor der er keine Geheimnisse hatte. Die schöne Madame Plissoud, eine Tochter des Krämers Wattebled, herrschte in der zweiten Gesellschaft wie Madame Soudry in der ersten. Dieser Plissoud, Brunets unglücklicher Konkurrent, gehörte also der zweiten Soulanger Gesellschaft an; denn die Aufführung seiner Frau, die er, wie man sagte, guthieß, trug ihm die Verachtung der ersten ein.
    Wenn Lupin der Musiker der ersten Gesellschaft war, so war Monsieur Gourdon, der Arzt, ihr Gelehrter... Es hieß von ihm: »Wir haben hier einen Gelehrten von größter Bedeutung.« So wie Madame Soudry (die sich darauf verstand, weil sie des Morgens Piccini und Gluck bei ihrer Herrin eingeführt und Mademoiselle Laguerre in der Oper angekleidet hatte) alle Welt, selbst Lupin versicherte, er würde sein Glück mit seiner Stimme gemacht haben, so bedauerte sie auch, daß der Arzt nichts von seinen Ideen veröffentlichte.
    Monsieur Gourdon wiederholte ganz einfach Buffons und Cuviers Gedanken über die Erdkugel, was ihn schwerlich in den Augen der Soulanger als Gelehrten hinstellen konnte; aber er legte eine Muschelsammlung und ein Herbarium an, er verstand Vögel auszustopfen, kurz, er trachtete nach dem Ruhm, der Stadt Soulanges ein Naturalienkabinet zu vermachen: seitdem galt er im ganzen Bezirk für einen großen Naturforscher, für Buffons Nachfolger. Der Arzt, der einem Genfer Bankier ähnelte, denn er besaß die Pedanterie, den nüchternen Verstand und die puritanische Sauberkeit eines solchen, ohne aber dessen Geld und kalkulierenden Geist zu haben, zeigte mit übermäßiger Liebenswürdigkeit das berühmte Kabinet, das aus einem Bären und einem Murmeltier, die auf der Durchreise in Soulanges verendet waren, aus allen Nagetieren des Bezirks, großen Feldmäusen, Spitzmäusen, Hausmäusen, Ratten etc., aus allen seltenen, in Burgund getöteten Tieren bestand, unter denen ein Alpenadler, der im Jura erbeutet worden war, hervorstach. Gourdon besaß eine Kollektion Lepidopteren, ein Wort, das auf Monstrositäten hoffen ließ, und das, wenn man sie sah, den Ausruf zur Folge hatte: »Aber das sind ja Schmetterlinge!« Ferner eine schöne Menge fossiler Muscheln, die aus Sammlungen einiger seiner Freunde stammten, die ihm beim Tode ihre Muscheln vermacht hatten, und endlich aus den Mineralien Burgunds und des Jura.
    Diese in Glasschränken, deren Auszugsschubladen eine Insektensammlung enthielten, untergebrachten Schätze nahmen das ganze erste Stockwerk des Gourdonschen Hauses ein und erzeugten eine gewisse Wirkung durch die Seltsamkeit der Etiketten, durch den Zauber der Farben und die Vereinigung so vieler Gegenstände, denen man nicht die mindeste Aufmerksamkeit schenkt, wenn man ihnen in der Natur begegnet, und die man hinter Glas bewundert. Man machte einen Tag fest aus, um Monsieur Gourdons Kabinet zu besichtigen.
    »Ich besitze«, sagte er zu den Interessenten, »fünfhundert Gegenstände der Ornithologie, zweihundert Mammiferen, fünftausend Insekten, dreihundert Muscheln und siebenhundert

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