Szenen aus dem Landleben - Die Bauern (German Edition)
hübschen Kaskaden der Avonne, die, höher fließend als der Strom, in den sie sich ergießt, die Schützen der Mühlen und die Schleusen einiger Fabriken speisen, bilden ein sehr belebtes Gemälde, das umso anziehender ist, als es durch grüne Waldmassen eingerahmt wird und das lange Tal von Les Aigues einen prachtvollen Gegensatz bildet zu den dunklen Massen, die Ville-aux-Fayes beherrschen. Dieser weiten Wand gegenüber macht die Staatsstraße, die das Wasser eine Viertelmeile oberhalb von Ville-aux-Fayes auf einer Brücke überschreitet, am Anfange einer Pappelallee einen Einschnitt. Dort befindet sich eine kleine Vorstadt, die sich um die zu einem großen Pachtgut gehörige Pferdepost gruppiert. Die Bezirksstraße macht ebenfalls einen Umweg, um die Brücke zu gewinnen, wo sie sich mit der Hauptstraße vereinigt.
Gaubertin hatte sich ein Haus auf einem Grundstück des Deltas gebaut mit der Absicht, dort einen Platz anzulegen, der die Unterstadt ebenso schön machen sollte wie die obere Stadt. Es war das moderne Steinhaus mit gußeisernen Balkons, Jalousien, schön gestrichenen Fenstern, ohne einen anderen Schmuck als einen Mäander unter dem Gesims, mit Schieferdach, einem schönen Hof und, nach hinten hinaus, einem englischen Garten, den die Gewässer der Avonne benetzten. Die Eleganz dieses Hauses zwang die Unterpräfektur, die provisorisch in einem Hundezwinger untergebracht worden war, sich gegenüber zu installieren in einem Hause, das der Bezirk auf Betreiben der Deputierten Leclerq und Ronquerolles zu bauen genötigt wurde. Dort baute die Stadt auch ihr Bürgermeisteramt. Das gleichfalls in einem Mietshause untergebrachte Gericht bekam einen kürzlich vollendeten Justizpalast, so daß Ville-aux-Fayes dem rührigen Geiste seines Bürgermeisters eine Reihe sehr imposanter moderner Bauwerke verdankte. Die Gendarmerie baute sich eine Kaserne, um das durch den Platz gebildete Viereck zu schließen.
Diese Veränderungen, auf welche die Bewohner stolz sind, waren Gaubertins Einfluß zu danken, der vor einigen Tagen anläßlich des nahen Königsgeburtstages das Kreuz der Ehrenlegion erhalten hatte. In einer so beschaffenen Stadt moderner Schöpfung findet man weder Aristokratie noch Adel. Auch betrachteten die Bürger von Ville-aux-Fayes, die stolz auf ihre Unabhängigkeit sind, den überlieferten Streit zwischen den Bauern und einem Grafen des Kaiserreichs, der Partei für die Restauration nahm, alle als ihre eigene Angelegenheit. Für sie waren die Unterdrücker die Unterdrückten. Der Geist dieser Handelsstadt war der Regierung so wohl bekannt, daß man als Unterpräfekten dort einen Mann von verträglicher Gemütsart, den Schüler seines Onkels, den berühmten Lupeaulx, hingesetzt hatte, einen jener an Vergleiche gewöhnten Leute, die mit den Erfordernissen aller Regierungen vertraut sind und von den politischen Puritanern, die noch mehr Schaden anrichten, der Bestechlichkeit geziehen werden.
Das Innere des Gaubertinschen Hauses war mit den ziemlich flachen Erzeugnissen des modernen Luxus ausgestattet. Da gab's reiche Papiertapeten mit vergoldeten Rändern, Bronzekronleuchter, Mahagonimöbel, Astrallampen, runde Tische mit Marmorplatten, weißes Porzellan mit Goldrand für den Nachtisch, Stühle mit roten Maroquinsitzen und Aquatintagravüren im Eßzimmer, ein blaues Kaschmirmobiliar im Salon, lauter frostige Details von außerordentlicher Flachheit, die Ville-aux-Fayes aber als die letzten Meisterwerke einer Sardanapalischen Ueppigkeit erschienen. Madame Gaubertin spielte darin die Rolle einer eleganten Dame von großem Vermögen, sie zierte sich mit ihren fünfundvierzig Jahren als eine Bürgermeisterin, die ihrer Sache sicher war und ihren Hof hatte.
Stellen Rigous, Soudrys und Gaubertins Haus für den Kenner Frankreichs nicht auf das vollkommenste das Dorf, die kleine Stadt und die Unterpräfektur dar?
Ohne ein Mann von Geist noch ein talentvoller Mann zu sein, war Gaubertin dem Anschein nach beides; die Sicherheit seines Blicks und seine Bosheit verdankte er einer übermäßigen Gewinngier. Er wollte sein Vermögen weder für seine Frau, noch für seine beiden Töchter, noch für seinen Sohn, noch für sich selber, noch aus Familiensinn, noch um der Hochachtung willen haben, die einem das Geld einbringt. Abgesehen von seinem Rachegefühl, das ihm Leben gab, liebte er das Klingen des Geldes wie Nucingen, der, wie es hieß, das Gold in seinen beiden Taschen immer zugleich befühlte. Der Gang der
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