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Szenen aus dem Landleben - Die Bauern (German Edition)

Szenen aus dem Landleben - Die Bauern (German Edition)

Titel: Szenen aus dem Landleben - Die Bauern (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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Cerneux sich einen Rückzugsweg wählen und seine etwaigen Verfolger in Ungewißheit bringen kann.
    »Ich werde dich beim Dorfeingang absetzen,« sagte Rigou, als er die ersten Häuser von Blangy erblickte.
    »Annettes wegen, alter Feigling?« rief Marie. »Werden Sie die bald fortschicken? Drei Jahre haben Sie sie bereits! Daß es Ihrer Alten gut geht, freut mich innig! Der liebe Gott rächt sich!«

IV
Das Triumvirat von Ville-aux-Fayes
    Der kluge Wucherer hatte sein Weib und Jean gezwungen, sich mit dem Tage schlafen zu legen und aufzustehn. Er hatte ihnen bewiesen, daß das Haus niemals angegriffen werden würde, wenn er dann bis Mitternacht wache und spät aufstehe. So hatte er nicht nur seine Ruhe von sieben Uhr abends bis fünf Uhr früh gewonnen, sondern auch sein Weib und Jean daran gewöhnt, seinen Schlaf und den der Hagar, deren Kammer hinter seiner lag, zu achten.
    So klopfte denn am folgenden Morgen gegen sechseinhalb Uhr Madame Rigou, die selber die Versorgung des Wirtschaftshofs zusammen mit Jean überwachte, furchtsam an ihres Gatten Zimmertüre.
    »Monsieur Rigou,« sagte sie, »du hast mir befohlen, dich zu wecken!«
    Der Ton dieser Stimme, die Haltung der Frau, ihre furchtsame Miene beim Befolgen eines Befehls, dessen Ausführung übel aufgenommen werden konnte, offenbarten die tiefe Selbstverleugnung, in der das arme Geschöpf lebte, und die Liebe, die sie für diesen geschickten Tyrannen empfand.
    »'s ist gut!« rief Rigou.
    »Soll ich Annette wecken?« fragte sie.
    »Nein, laß sie schlafen; sie ist die ganze Nacht über auf den Füßen gewesen,« erwiderte er ernst.
    Der Mann war immer ernst, selbst, wenn er sich einen Scherz erlaubte. Tatsächlich hatte Annette Sibilet, Fourchon und Cathérine Tonsard, die alle zu verschiedenen Stunden zwischen elf und ein Uhr gekommen waren, heimlich die Tür aufgemacht.
    Zehn Minuten später kam Rigou, sorgfältiger gekleidet als gewöhnlich, herunter und sagte zu seiner Frau: »Guten Tag, Alte!« was sie glücklicher machte, als wenn sie den General von Montcornet zu ihren Füßen gesehen hätte.
    »Jean,« sagte er zu dem Exlaienbruder, »geh nicht aus dem Hause, laß mir nichts stehlen, du würdest mehr dabei verlieren als ich.«
    Durch eine Mischung von Freundlichkeit und harter Abweisung, Hoffnungen und Rippenstößen hatte der kluge Egoist seine drei Sklaven so treu und so anhänglich wie Hunde gemacht.
    Rigou, der immer den Höhenweg einschlug, um den Kreuzberg zu meiden, kam gegen acht Uhr auf dem Soulanger Marktplatz an.
    Im Moment, wo er die Zügel am nächsten Wirbel der kleinen Tür über den drei Stufen festband, öffnete sich das Fenster. Soudry zeigte sein pockennarbiges Gesicht, welches der Ausdruck zweier kleiner schwarzer Augen sehr pfiffig machte.
    »Beginnen wir mit einem Imbiß; denn in Ville-aux-Fayes werden wir nicht vor Eins frühstücken.«
    Ganz leise rief er eine Magd. Diese war jung und hübsch wie die Rigous; sie kam geräuschlos herunter und er sagte zu ihr, sie solle ein Stück Schinken und Brot auftragen; dann ging er selber zum Weinholen in den Keller.
    Rigou betrachtete zum tausendsten Male dieses Eßzimmer mit seinen Eichendielen und seiner verzierten Decke, das mit schön gemalten Schränken versehen, in Brusthöhe getäfelt, mit einem hübschen Ofen und einer prachtvollen Wanduhr geschmückt war, die von Mademoiselle Laguerre herrührten. Die Rückenlehnen der Stühle zeigten Lyraform, der Sitz bestand aus grünem Maroquinleder mit vergoldeten Nägeln. Der massive Mahagonitisch war mit grünem Wachstuch mit großen dunklen Schraffierungen und grünem Randstreifen bedeckt. Der Parkettboden, der von Urbain aufs peinlichste gebohnert wurde, zeigte die Sorgfalt an, mit der ehemalige Kammerfrauen sich bedienen lassen.
    »Bah, das kostet zu viel,« sagte Rigou sich wiederum. »Man ißt in meinem Speisezimmer ebenso gut, und ich hab' die Rente von dem Gelde, das ich brauchte, um mich mit solch unnützem Prunk zu umgeben.«
    »Wo ist denn Madame Soudry?« fragte er den Bürgermeister von Soulanges, der, mit einer ehrwürdigen Flasche bewaffnet, erschien.
    »Sie schläft.«
    »Und Sie stören ihren Schlummer wohl kaum mehr,« sagte Rigou.
    Der Exgendarm kniff mit spöttischer Miene die Augen zu und wies auf den Schinken hin, den Jeannette, seine hübsche Magd, brachte.
    »Der wird Sie aufmöbeln, so'n hübscher Brocken wie der da,« sagte der Bürgermeister; »hausschlachten, gestern angeschnitten ...«
    »Die hab' ich bei Ihnen

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