Szenen aus dem Landleben - Die Bauern (German Edition)
der Gendarmerie gegeben ... Nun, gehen wir frühstücken.«
Madame Gaubertin suchte ihre Gäste im Garten auf. Sie war eine ziemlich blasse Frau, mit langen Haarlocken, die nach englischer Mode an ihren Wangen herunterhingen; sie spielte die passioniert tugendhafte Frau, heuchelte, Liebe nie gekannt zu haben, brachte alle höheren Beamten auf die platonische Frage und hatte den Staatsanwalt, ihren Patito, wie sie sagte, als aufmerksamen Zuhörer. Sie war auf Flitterhauben versessen, machte sich aber gern kunstvolle Frisuren und gefiel sich in Blau und Zartrosa. Sie tanzte und hatte mit fünfundvierzig Jahren Jungemädchenmanieren; besaß aber große Füße und furchtbare Hände. Sie wünschte Isaure genannt zu werden; denn sie hatte bei all ihren Verschrobenheiten und Lächerlichkeiten den guten Geschmack, den Namen Gaubertin unvornehm zu finden. Ihre Augen waren wäßrig und ihre Haare von unbestimmter Farbe, von einer Art von schmutzigem Nanking. Aber sie wurde von vielen jungen Personen zum Vorbild genommen, die den Himmel mit ihren Blicken töteten und die Engel spielten.
»Nun, meine Herrn,« sagte sie, die Gäste begrüßend, »ich habe Ihnen merkwürdige Neuigkeiten zu melden! Die Gendarmerie ist zurückgekommen ...«
»Hat sie Gefangene gemacht?«
»Durchaus nicht! Der General hatte im voraus um ihre Begnadigung gebeten ... Sie ist in Ansehung der glücklichen Jahresfeier der Rückkehr des Königs gewährt worden.«
Die drei Verbündeten sahen sich an.
»Er ist gerissener als ich glaubte, der dicke Kürassier,« sagte Gaubertin. »Auf, gehn wir zu Tisch, man muß sich trösten. Schließlich ist das keine verlorene Partie, 's ist nur eine aufgeschobene; das geht Sie jetzt an, Rigou.«
Soudry und Rigou sahen sich in ihren Erwartungen getäuscht, da sie nichts hatten ersinnen können, was eine Katastrophe herbeiführte, die ihnen nützte, und sich, wie Gaubertin es ihnen gesagt hatte, auf den Zufall verlassen mußten. Wie manche Jakobiner, in den ersten Revolutionstagen, durch Ludwigs XVI. Güte in Verwirrung gebracht, die die Strenge des Hofes herausforderten in der Absicht, die Anarchie herbeizuführen, die für sie Glück und Macht bedeutete, setzten die furchtbaren Gegner des Grafen von Montcornet ihre letzte Hoffnung in die Strenge, mit welcher Michaud und seine Wächter bei neuen Verwüstungen vorgehen würden. Gaubertin versprach ihnen seine Beihilfe, ohne sich über seine Mitarbeiter auszulassen; denn er wünschte nicht, daß man seine Beziehungen zu Sibilet kennte. Nichts gleicht der Verschwiegenheit eines Mannes von Gaubertins Schlage, höchstens die eines Exgendarms und eines entkutteten Priesters. Dies Komplott konnte nur durch drei Männer dieser Art, die vom Haß und Eigennutz aufgepeitscht wurden, zu einem guten, oder besser gesagt, schlechten Ende geführt werden.
V
Der kampflose Sieg
Madame Michauds Befürchtungen waren eine Wirkung des zweiten Gesichts, das die wahre Liebe oft eingibt. Wenn die Seele sich ausschließlich mit einem einzigen Wesen beschäftigt, erfaßt sie letzten Endes die geistige Welt, die sie umgibt: sie sieht darin dann klar. In ihrer Liebe empfindet ein Weib die Vorgefühle, die sie später in der Mutterschaft bewegen.
Während die junge Frau sich dem Anhören der wirren Stimmen überließ, die durch unbekannte Räume zu ihr drangen, ging in der Schenke zum »Grand-I-Vert« in der Tat eine Szene vor sich, welche das Leben ihres Gatten bedrohte.
Gegen fünf Uhr morgens hatten die Frühaufsteher auf dem Lande die Gendarmerie von Soulanges vorbeikommen sehen, die sich auf Conches zu bewegte. Die Neuigkeit sprach sich schnell herum, und jene, welche diese Frage interessierte, waren ziemlich erstaunt, durch Leute des Oberlandes zu hören, daß eine vom Leutnant von Ville-aux-Fayes kommandierte Gendarmerieabteilung durch den Wald von Les Aigues gekommen war. Es war an einem Montage, und das war schon ein Grund, daß die Arbeiter ins Wirtshaus gingen; aber es war auch noch der Vorabend des Jahrestages der Rückkehr der Bourbonen, und obwohl die Stammgäste des Tonsardschen Schlupfwinkels dieses »erhabenen Grundes«, wie man damals sagte, nicht bedurften, um ihre Anwesenheit im »Grand-I-Vert« zu rechtfertigen, unterließen sie es nicht, sich das ganz laut zu Nutze zu machen, sobald sie den Schatten irgendeines Beamten gesehen zu haben wähnten.
Es befanden sich da Vaudoyer, Tonsard und seine Familie, Godain, der gewissermaßen mit dazu gehörte, und ein alter
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