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Szenen aus dem Landleben - Die Bauern (German Edition)

Szenen aus dem Landleben - Die Bauern (German Edition)

Titel: Szenen aus dem Landleben - Die Bauern (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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Geschäfte war das Leben dieses Mannes; und obwohl er den Bauch voll hatte, entwickelte er stets die Aktivität eines Menschen mit leerem Magen. Aehnlich den Theaterdienern machten ihn die Intrigen, die zu spielenden Streiche, die zu organisierenden Kämpfe, die Betrügereien, die kommerziellen Kniffe, die Rechnungslegung, die Interessenstreitigkeiten und Auftritte dabei aufgeräumt und lustig, hielten sein Blut in Zirkulation und verteilten ihm gleicherweise Galle im Leibe. Und er ging und kam hoch zu Roß, im Wagen und auf dem Wasserwege, in die Holzschläge zu Verdingungen und nach Paris, immer an alles denkend, tausend Fäden in seinen Händen haltend und sie nicht verwirrend. Lebhaft, entschieden in seinen Bewegungen wie in seinen Ideen, klein, kurz, untersetzt, mit feiner Nase, lebendigem Auge, gespitztem Ohre ähnelte er einem Jagdhunde. Sein sonnenverbranntes, braunes und ganz rundes Gesicht, von dem brandrote Ohren abstanden, denn er trug gewöhnlich eine Mütze, stand mit diesem Charakter in Einklang. Seine Nase war aufgeworfen, seine zusammengekniffenen Lippen durften sich niemals für ein wohlwollendes Wort auf tun. Sein dichter Backenbart bildete unter starkgefärbten Wangen zwei schwarze schimmernde Büsche und verlor sich in der Krawatte. Seine Physiognomie vervollständigten sehr gut schwarz und weiße gekräuselte Haare, die sich natürlich wie die einer alten Magistratsbeamtenperücke stuften und sich ringelten wie durch die Gewalt des Feuers, das seinen braunen Schädel heizte und in seinen grauen Augen brannte, die, zweifelsohne dank der Gewohnheit, beim Sehen im Freien in vollem Sonnenscheine immer zu blinzeln, von kreisförmigen Falten umgeben waren. Dürr, mager, nervig, hatte er die haarigen, gekrümmten, beuligen Hände der Leute, die ihr Leben in die Schanze schlagen. Sein Benehmen gefiel denen, mit denen er zu tun hatte; denn er hüllte sich in einen trügerischen Frohsinn; er verstand viel zu reden, ohne zu sagen, was er verschweigen wollte; er schrieb wenig, um das, was ihm an übereilten Abmachungen ungünstig erschien, ableugnen zu können. Seine Schreibereien wurden von einem Kassierer erledigt, einem rechtschaffenen Manne, wie ihn Leute von Gaubertins Charakter immer aufzutreiben wissen, und den sie in ihrem Interesse zuerst betrügen.
    Als Rigous kleiner Korbwagen sich gegen acht Uhr in der Allee zeigte, die hinter der Post den Fluß entlang führte, kam Gaubertin bereits in Mütze, Stiefeln und Rock von den Häfen zurück und beschleunigte seinen Schritt, da er wohl erriet, daß Rigou nur »der großen Sache« wegen sein Haus verließe.
    »Guten Tag, Vater Raufbold, guten Tag, lieber braver Mann voll Galle und Weisheit,« sagte er, den beiden Besuchern der Reihe nach einen leichten Klaps auf den Bauch versetzend. »Wir haben von Geschäften zu reden, und werden darüber mit dem Glase in der Hand reden, potztausend! Das ist die wahre Manier.«
    »Bei dem Leben müßten Sie fett sein,« sagte Rigou.
    »Ich rackere mich zu sehr ab; ich bin nicht wie Ihr an mein Haus gebannt und dort festgeklebt wie ein alter Soldat ... Ach, Ihr habt's gut, meiner Treu! Ihr könnt, das Feuer im Buckel, den Tisch vorm Bauch in einem Sessel sitzend Geschäfte machen, die Kundschaft sucht Euch auf. Aber, Himmelsapperment, treten Sie doch ein! Das Haus steht Ihnen für die Zeit, die Sie drinnen sind, ganz zur Verfügung.«
    Ein Diener in blauer, rot eingefaßter Livree nahm das Pferd am Zügel und führte es in den Hof, wo sich die Nebengebäude und die Ställe befanden.
    Gaubertin ließ seine beiden Gäste sich im Garten ergehen und suchte sie nach einem Augenblick, der nötig war, um seine Befehle zu erteilen und ein Frühstück vorzubereiten, wieder auf.
    »Nun, meine kleinen Wölfe,« sagte er, sich die Hände reibend, »man hat die Gendarmerie von Soulanges sich bei Tagesanbruch nach Conches hin wenden sehen; zweifelsohne wollen sie die wegen Forstfrevels Verurteilten verhaften ... Potztausend, das macht heißes Blut, das macht heißes Blut ... Zu dieser Stunde«, fuhr er, auf die Uhr sehend, fort, »dürften die Burschen gut und sicher verhaftet sein.«
    »Wahrscheinlich,« sagte Rigou.
    »Nun, was sagt man im Dorf? Was hat man beschlossen?«
    »Aber was gibt's da zu beschließen?« fragte Rigou. »Wir haben gar nichts damit zu tun,« fügte er hinzu und blickte Soudry an.
    »Wie? nichts damit zu tun? Und wenn man unseren Kombinationen zufolge Les Aigues verkauft, wer wird fünf- oder

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