Szenen aus dem Landleben - Die Bauern (German Edition)
...« fragte Tonsard, indem er sich vor dem Wächter aufpflanzte, während die Tonsard ihre Schwiegermutter aufrichtete; »willst du machen, daß du fortkommst, Vatel? ... Nimm zu Protokoll und packe Leute auf der Straße, da bist du zu Hause, Schurke; aber mach' hier, daß du raus kommst! Mein Haus gehört mir ja wohl; jeder ist Herr in seinem Hause! ...«
»Sie ist auf frischer Tat ertappt worden; deine Mutter hat mir zu folgen!«
»Meine Mutter bei mir verhaften? Dazu hast du nicht das Recht. Meine Wohnung ist unverletzlich, so viel weiß man wenigstens ... Hast du einen Befehl von Monsieur Guerbet, unserem Untersuchungsrichter? Hah! man muß ein Recht haben, um hier einzudringen. Du gehörst nicht zum Gericht, obwohl du vorm Tribunal geschworen hast, uns vor Hunger krepieren zu lassen, elender Waldspürhund du!«
Die Wut des Wächters war bei einem solchen Paroxysmus angelangt, daß er sich des Bündels bemächtigen wollte; die Alte aber, ein furchtbares, mit Bewegung begabtes schwarzes Pergament, wie man seinesgleichen nur auf Davids Sabinerinnenbilde sieht, schrie ihm zu:
»Rühr's nicht an, oder ich springe dir in die Augen!«
»Schön, wagt es, das Bündel in Monsieur Brunets Anwesenheit aufzumachen,« sagte der Wächter.
Obwohl der Gerichtsdiener jene gleichgültige Miene affektierte, welche die Gewohnheit der Geschäfte öffentlichen Beamten verleiht, machte er doch nach der Wirtin und ihrem Ehemanne hin jenes Augenblinzeln, das soviel wie »Böse Sache« bedeutet. Der alte Fourchon wies seine Tochter mit dem Finger auf den Aschenhaufen im Kamin hin. Die Tonsard, welche an dieser bezeichnenden Geste die Gefahr ihrer Schwiegermutter und zugleich ihres Vaters Rat begriff, nahm eine Handvoll Asche und warf sie dem Wächter in die Augen. Vatel hub zu brüllen an, Tonsard, erleuchtet von all dem Lichte, das der Wächter verlor, stieß ihn rauh auf die elenden, äußeren Stufen hinaus, wo die Füße eines Blinden so leicht stolpern mußten, daß Vatel bis auf die Straße rollte, und dabei seine Büchse fallen ließ. In einem Moment wurde das Bündel aufgemacht, die grünen Scheite herausgezogen und mit einer Schnelligkeit versteckt, die kein Wort wiederzugeben vermag. Da Brunet nicht Zeuge dieser von ihm vorausgesehenen Handlung sein wollte, stürzte er sich auf den Wächter, um ihn aufzuheben. Er setzte ihn auf die Böschung und ging und tauchte sein Schnupftuch ins Wasser, um die Augen des Patienten zu waschen, der trotz seiner Schmerzen sich nach dem Bache hinzuschleppen suchte.
»Sie sind im Unrecht, Vatel,« sagte der Gerichtsdiener; »Sie haben nicht das Recht, in die Häuser zu gehn; sehen Sie ...«
Die Alte, ein kleines, fast buckliges Weib, ließ so viele Blitze aus ihren Augen wie Beleidigungen aus ihrem zahnlosen und schaumbedecktem Munde schießen. Sie stand auf der Türschwelle, die Fäuste in die Hüften gestemmt und schrie, daß man sie in Blangy hätte hören können:
»Ha! Du Schuft! Das ist dir recht geschehen. Fort! Daß die Hölle dich verschlucke! Mich verdächtigen, Bäume abzuschneiden! Mich, die ehrenwerteste Frau im Dorfe, und mich wie ein bösartiges Tier jagen! Ich möchte dich deine verfluchten Augen verlieren sehn; da würde das Land seine Ruhe wiederkriegen. Ihr seid alle Unglücksbringer, du und deine Gefährten, die ihr uns Ruchlosigkeiten unterschiebt, um zum Krieg zwischen Euren Herrn und uns zu hetzen! ...«
Der Wächter ließ sich die Augen von dem Gerichtsdiener reinigen, der ihm, indem er sie ihm kühlte, immer wieder auseinandersetzte, daß er mit Recht zu tadeln sei!
»Die Vettel! Sie hat uns auf den Hund gebracht,« sagte Vatel endlich, »seit heute nacht ist sie im Walde.«
Da jedermann eifrig Hand mit angelegt hatte bei dem Verstecken des abgeschnittenen Baumes, waren die Dinge in der Schenke bald wieder in Ordnung gebracht; Tonsard trat dann mit einer schroffen Miene in die Tür:
»Vatel, mein Söhnchen, wenn du dir noch einmal herausnimmst in mein Haus einzubrechen, wird dir meine Büchse die Antwort drauf geben,« sagte er, »heute hast du Asche gekriegt; anderen Tages könntest du gut das Feuer zu sehen bekommen. Du verstehst dich nicht auf dein Handwerk ... Nach allem wird's dir jetzt heiß sein; wenn du ein Glas Wein willst, so ist's dir hiermit angeboten; du könntest dann sehen, daß das Bündel meiner Mutter nicht einen Splitter verdächtigen Holzes enthält, es ist alles Gestrüpp!«
»Kanaille! ...« sagte zum Gerichtsdiener ganz leise der
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