Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Szenen aus dem Landleben - Die Bauern (German Edition)

Szenen aus dem Landleben - Die Bauern (German Edition)

Titel: Szenen aus dem Landleben - Die Bauern (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
Vom Netzwerk:
fort war, sagte der General ganz leise zu seinem Wächter:
    »Nun, mein lieber Michaud, was gibt's?«
    »Sie haben einen Feind bei sich, General, und vertrauen ihm Pläne an, die Sie Ihrer Polizeimütze nicht sagen dürften.«
    »Ich teile deinen Verdacht, mein lieber Freund,« erwiderte Montcornet, »will aber nicht zweimal denselben Fehler begehen. Um Sibilet zu ersetzen, warte ich nur, bis du mit der Verwaltung auf dem Laufenden bist und Vatel dein Nachfolger sein kann. Was kann ich Sibilet indessen zum Vorwurf machen? Er ist pünktlich, rechtschaffen und hat in fünf Jahren noch keine hundert Franken beiseitegeschafft. Er hat den abscheulichsten Charakter der Welt und das ist alles; was sollte er übrigens planen?«
    »General,« sagte Michaud ernst, »das werde ich erfahren; denn sicherlich hat er einen Plan; und wenn Sie's erlauben, wird ein Beutel mit tausend Frankstücken den Schelm Fourchon zum Sprechen bringen, obwohl ich seit heute früh argwöhne, daß Vater Fourchon aus allen Raufen frißt. Man will Sie zwingen, Les Aigues zu verkaufen; der alte Schuft von Seiler hat's mir gesagt. Hören Sie: von Conches bis Ville-aux-Fayes gibt es keinen Bauern, Kleinbürger, Pächter, Wirt, der nicht sein Geld für den Tag der Beuteteilung bereit hält. Fourchon hat mir anvertraut, daß Tonsard, sein Schwiegersohn, sein Auge schon auf was geworfen hat... Die Meinung, daß Sie Les Aigues verkaufen wollen, grassiert im Tale wie ein Gift in der Luft. Vielleicht sind der Verwalterpavillon und einige herumliegende Ländereien der Preis, mit welchem Sibilets Spionage bezahlt werden soll! Nichts reden wir untereinander, was man in Ville-aux-Fayes nicht weiß. Sibilet ist mit Ihrem Feinde Gaubertin verwandt. Was Ihnen über den Generalprokurator herausgefahren ist, wird dem vielleicht berichtet worden sein, ehe Sie in der Präfektur sind. Sie kennen ja die Leute hierzulande nicht!«
    »Ich sie nicht kennen?... Kanaillen sind sie! Und vor solchem Pack davonlaufen? ...« schrie der General, »ach, hundertmal lieber Les Aigues selber niederbrennen!«
    »Stecken wir's nicht an und fassen wir einen Verhaltungsplan, der die Ränke dieser Liliputaner vereitelt. Wenn man nach ihren Drohungen geht, ist man gegen Sie zu allem entschlossen. Uebrigens, da Sie gerade von Niederbrennen reden, mein General: versichern Sie alle Ihre Gebäude und alle Ihre Pachthöfe.«
    »Ach, weißt du, Michaud, was sie mit ihrem Tapezier sagen wollen? Als ich gestern die Thune entlang ging, hörte ich die kleinen Jungen rufen: ›Da ist der Tapezier‹ und dann liefen sie davon!«
    »Darauf müßte Sibilet Ihnen antworten; das würde seiner Rolle entsprechen; denn er sieht Sie gern in Zorn,« antwortete Michaud mit einer tief betrübten Miene, »doch da Sie mich danach fragen... nun, es ist ein Spitzname, den Ihnen diese Räuberbande hier gegeben hat, Herr General.«
    »Weswegen? ...«
    »Aber, mein General, wegen ... Ihres Vaters ...«
    »Ach, die Hunde,« rief der Graf, der blaß geworden war. »Ja, Michaud, mein Vater war Möbelhändler, Kunsttischler; die Gräfin weiß nichts davon... Oh, wenn je!... Ei, schließlich habe ich Königinnen und Kaiserinnen auf den Trab gebracht! Ich will es ihr heute abend sagen,« rief er nach einer Pause.
    »Sie behaupten, Sie wären ein Feigling!«
    »Ah!«
    »Sie fragen, wie Sie bei Eßling sich hätten retten können, dort, wo beinahe alle Kameraden umgekommen sind!...«
    Diese Anklage nötigte dem General ein Lächeln ab.
    »Michaud, ich gehe nach der Präfektur,« rief er in einer Art Wut, »und wäre es auch nur, um dort die Versicherungspolice aufnehmen zu lassen. Melde meine Abreise der Frau Gräfin. Ah, sie wollen den Krieg, sie sollen ihn haben. Und es soll mir eine Freude sein, mir, sie zu quälen, die Bürger von Soulanges und ihre Bauern... Wir sind in Feindesland, also Vorsicht! Befiehl den Wächtern, sich in den Grenzen des Gesetzes zu halten. Der arme Vatel, sorge für ihn. Die Gräfin ist erschreckt, man muß ihr alles verheimlichen, sonst würde sie nicht wieder herkommen!...«
    Der Graf, und selbst Michaud ahnten nicht, in welcher Gefahr sie schwebten. Michaud, der ja eben erst in dies burgundische Tal gekommen war, kannte die Macht des Feindes nicht, obwohl er ihn in voller Tätigkeit sah. Der General aber glaubte an die Macht des Gesetzes.
    Das Gesetz, so wie es der Gesetzgeber heute macht, entbehrt der Kraft, die man ihm beimißt. Es trifft das Land nicht gleichmäßig; es modifiziert sich in seinen

Weitere Kostenlose Bücher