T Tödliche Spur: Thriller (German Edition)
Wyatt begegnete – oder wer auch immer soeben mit dem Boot angelegt hatte –, war einfach zu groß. Vielleicht war es später noch einmal möglich, hinunterzuschlüpfen und die Speisekammertür zu schließen, dann hätte sie zumindest die Ausrede, sie sei plötzlich hungrig geworden …
Wyatt. Es musste Wyatt sein. Wer sonst sollte bei Nacht und im strömenden Regen nach Neptune’s Gate zurückkehren?
Seltsam – warum war er nicht die Nacht über bei seiner Psychiaterin geblieben?
Um den Schein zu wahren, das liegt doch auf der Hand!
Ava versuchte ihr Glück, probierte das Schlüsselbund durch und stieß gleich beim dritten Versuch auf den passenden Schlüssel. Das Schloss sprang auf, und sie trat aus dem Treppenhaus hinaus auf den Teppich im ersten Stock. Genau in diesem Augenblick hörte sie, wie sich mit einem leisen Quietschen die Eingangstür öffnete.
Jetzt aber schnell! Er darf dich hier nicht entdecken!
Wenn sie ihrem Mann doch nur hätte vertrauen, ihn in ihr Vorhaben hätte einweihen können! Doch sie war mittlerweile überzeugt, dass auch er zu denen gehörte, die sich gegen sie verschworen hatten.
Aber warum? Wenn er sich in eine andere Frau verliebt hat, warum lässt er sich nicht einfach von dir scheiden?
Ihr fiel ein, dass er sich schon früher gegen eine endgültige Trennung gesträubt hatte.
Weil er hinter deinem Geld her ist. Er will dieses Anwesen besitzen und alles, was du geerbt oder dir aufgebaut hast.
Dieser Gedanke war ihr schon mehrfach gekommen, doch sie hatte ihn immer wieder verdrängt. Wyatt war selbst vermögend, hatte einen erfüllenden Job, verdiente mehr als genug Geld, da brauchte er nicht noch ihres. Und wenn doch: Warum brachte er sie nicht einfach um? Sie kannte die Antwort auf diese Frage: Wyatt war kein Mörder. Dafür war er nicht der Typ.
Warum hast du dann solche Angst? Dein Herz rast, deine Hände schwitzen, und du wagst kaum zu atmen!
Auch diese Antwort lag auf der Hand: Weil sie tief im Innern wusste, dass er sie am liebsten loswerden würde und dringend nach einer Möglichkeit suchte, sie wieder nach St. Brendan zu schicken oder Schlimmeres.
Sie hörte, wie er ins Arbeitszimmer ging. Das war ihre Chance. Während er es sich noch auf seinem Schreibtischstuhl bequem machte und seinen Computer hochfuhr, konnte sie in ihr Zimmer huschen und sich umziehen. Anschließend würde sie über die Dienstbotentreppe hinunter in die Speisekammer schleichen und die Tür schließen, damit Virginia morgen früh nichts bemerkte.
Auf Zehenspitzen eilte sie in ihr Zimmer, geduckt, damit man sie von unten nicht auf der Galerie sah, und zog geräuschlos die Tür hinter sich zu. Sie schlich zum Bett, knipste die Nachttischlampe an und nahm sich ein frisches Nachthemd aus dem Schrank. Anschließend ging sie ins Bad, trocknete sich ab und zog sich um. Das nasse Nachthemd warf sie in die Ecke, dann zog sie die Toilettenspülung, nur für den Fall, dass jemand in dem alten Haus ihre Schritte gehört hatte.
Als sie aus dem Badezimmer kam, fuhr sie entsetzt zusammen.
Sie war nicht allein.
Ein Mann stand in der Tür, eine dunkle Silhouette vor dem nun hell erleuchteten Flur.
»Was ist hier los, Ava?«, fragte Trent und trat ins Zimmer.
Vor Erleichterung, dass es nicht ihr Mann war, wäre Ava beinahe zu Boden gesunken.
»Ich bin zur Toilette gegangen.«
»Ich habe dich auf der Galerie gesehen.«
Also doch.
Ertappt!
»Ach … das meinst du. Nun, ich war in Noahs Zimmer«, improvisierte sie schnell. »Bitte verrat es keinem, ich dachte, ich hätte ihn gehört. Vermutlich war es mal wieder einer meiner Alpträume.«
Er musterte ihr Nachthemd und die nassen Haare.
»Wieso bist du so spät noch auf?«, fragte sie, bemüht, das Gespräch in eine andere Richtung zu lenken.
»Bin gerade aus Anchorville zurückgekommen. Wyatt hatte mich gebeten, Eve, ich meine Evelyn, nach Hause zu bringen.«
»Warum hat er das nicht selbst getan?«
Trent zuckte die Achseln. »Keine Ahnung.«
»Und wo ist er jetzt?«
»Woher soll ich das wissen, du bist doch mit ihm verheiratet!« Trent blickte demonstrativ hinüber zum Bett. »Wyatt schläft in einem anderen Zimmer?«
Als Ava nicht antwortete, nickte er langsam mit dem Kopf. »Verstehe. Dann gehe ich mal besser.« Er drehte sich um, doch im Türrahmen blieb er noch einmal stehen und warf ihr einen Blick über die Schulter zu. »Bis morgen.«
»Bis morgen, Trent.«
»Ach, Ava?«
»Hm?« Plötzlich todmüde, ließ sich Ava auf die
Weitere Kostenlose Bücher