T Tödliche Spur: Thriller (German Edition)
denke, das Problem ist, dass du das Haus verlässt,
allein.
In die Stadt fährst,
allein.
Dich mit Leuten triffst,
allein.
«
»Na also, dann gibt es ja gar kein Problem, denn ich war nicht allein. Zu keinem Zeitpunkt. Ich habe mit Ian von der Insel übergesetzt, Butch hat mich zurückgebracht. Und gegessen habe ich mit Tanya.« Detective Snyder oder Cheryl erwähnte sie nicht.
»Und als du nach Hause gekommen bist, hast du einen Streit mit Jewel-Anne und Jacob vom Zaun gebrochen.«
»Ah … Demetria hat gepetzt.«
»Es war Jewel-Anne, die mir davon erzählt hat.«
»Hmm. Hat sie dir auch erzählt, dass sie in deinem Büro war und ich wissen wollte, warum?«
»Wegen des Lärms in den Heizungsschächten, hat sie gesagt.«
»Sie behauptet, ebenfalls das Weinen eines kleinen Kindes gehört zu haben.«
»Wie bitte?«, sagte er. »Ach, um Himmels willen, Ava! Sie spielt mit dir! Seit dem Segelunfall denkt sie an nichts anderes als daran, sich an dir zu rächen. Das ist so kindisch! Ignorier sie einfach.«
»Ich habe ihr geglaubt, was das Weinen anbelangt«, erwiderte Ava mit fester Stimme.
Er hob abwehrend die Hände, als habe er keine Zeit für solchen Unsinn, dann fragte er: »Und wie bist du mit ihrem Bruder aneinandergeraten?«
»Jacob ist ausgerastet, weil seine Schwester ihn mit ihrem Rollstuhl fast über den Haufen fuhr, und hat
mir
die Schuld zugeschoben. Vor Schreck hat er sein iPad fallen lassen, das –« Plötzlich unterbrach sie sich und sah Wyatt durchdringend an. »Wieso rechtfertige ich mich eigentlich vor dir, als wärst du mein Erziehungsberechtigter? Frag ihn! Du bist mein
Ehemann,
du solltest auf meiner Seite stehen!«
Tiefe Röte kroch seinen Nacken hinauf, er presste die Lippen zusammen. »Und du solltest auf meiner Seite stehen, Ava«, erwiderte er betont. »Ich bin nicht dein Feind.«
»Ach nein?«, fragte sie herausfordernd.
Ohne ein weiteres Wort stand er auf und verließ das Zimmer.
In der Nacht träumte sie wieder. Diesmal hörte sie die Schritte eines Kindes vor ihrer Tür. Sie warf die Bettdecke von sich und stürzte aus ihrem Schlafzimmer hinaus auf die dunkle Galerie. Kleine Nachtlämpchen, die nach Noahs Geburt installiert worden waren, leuchteten ihr den Weg.
»Noah?«, flüsterte sie. »Noah?«
Hatte sie ihn dort hinten gesehen, dort, wo der Flur einen Knick machte? War dieses merkwürdige Geräusch ein Wimmern, oder kam es von der alten Heizung?
Sie eilte von einem Raum zum nächsten, drehte Türknäufe, von denen sich manche gar nicht erst bewegen ließen, während hinter anderen dunkle, leere Zimmer lagen, die Betten unberührt, die Jalousien herabgelassen.
Wo war er?
Hier nicht … hier nicht …
Ihr Herz zog sich schmerzlich zusammen, als sie die Stufen hinuntereilte, ihre nackten Füße rutschten auf dem glatten Läufer aus.
Wo ist er?
Wer hat ihn?
Noah!
Es gibt keinen Feind. Das bildest du dir alles nur ein.
»Noah!«, schrie sie verzweifelt. Ihre Stimme hallte durch die Gänge. »Noah! Wo bist du?« Ihre Knie fingen an zu zittern. An einen Pfosten geklammert, sackte sie am Fuß der Treppe zusammen, ein Häuflein Elend. Ihr Herz raste vor Sorge um ihren geliebten Sohn, das Blut rauschte in ihren Ohren.
»Ava …« Wyatt beugte sich über das Geländer des Treppenabsatzes im ersten Stock. »Um Himmels willen … ich komme!« Sie hörte seine Schritte, die die Stufen hinunterpolterten, fühlte, wie das Holz vibrierte, der Pfosten, an dem sie noch immer Halt suchte. Starke Arme umfingen sie, zogen sie an sich.
»Noah«, stammelte sie. Tränen strömten ihr übers Gesicht. »Ich habe ihn gehört, Wyatt. Ich habe meinen Kleinen gehört!«
»Oh, Liebes, nein … er ist tot.«
»Sag das nicht!« Sie versuchte, sich seiner Umarmung zu entwinden, doch er hielt sie fest an sich gedrückt.
»Schscht …« Wyatt hob sie hoch und trug sie zum Fahrstuhl, flüsterte ihr beruhigende Worte zu und drückte den Knopf zum ersten Stock.
In weniger als einer Minute waren sie wieder im Schlafzimmer. Er brachte sie in ihr Bett, und sie hätte schwören können, seinen Herzschlag zu hören, kräftig und regelmäßig, während ihr eigenes Herz ein Scherbenhaufen war.
»Alles wird gut, Ava«, flüsterte er, wenngleich sie bezweifelte, dass er seinen eigenen Worten Glauben schenkte. »Schscht.« Er küsste ihre tränenfeuchten Wangen und zog die Steppdecke über sie, dann strich er ihr eine verirrte Strähne aus dem Gesicht und sah ihr in die Augen. Im gedämpften
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