Taberna Libraria
Yazeem hatte ihn beim Gehen auf dem Tresen liegen gelassen und Corrie hatte ihn wieder an sich genommen. "Wenigstens etwas", murmelte sie.
Draußen vor der Tür wartete ein rotgesichtiges Männchen mit Baseballkappe und Holzfällerhemd auf ihr Erscheinen. Ein großer LKW parkte hinter ihm am Bordstein und auf dem Gehweg standen ein halbes Dutzend Plastikboxen auf Rollen.
"Habt ihr keinen Hintereingang?", raunzte er, als Corrie ihm öffnete und fröstelnd in den eisigen, klaren Morgen blinzelte.
"Leider nicht", antwortete sie und unterdrückte ein Gähnen. "Aber ich unterschreibe ihnen die Papiere und kümmere mich darum, dass die Sachen in den Laden kommen. Sie können gerne wieder abziehen."
Der Fahrer musterte sie einen Moment skeptisch, so als könne er nicht ganz glauben, dass er die Ware nicht auch noch in den Laden schaffen sollte, dann zückte er ein Bündel Papiere und einen Kugelschreiber und deutete auf ein paar Felder. "Hier und hier und … hier."
Mit einem erneuten Gähnanfall unterzeichnete Corrie die Frachtpapiere und sah dann zu, wie sich der Fahrer wieder in seinen LKW schwang und rumpelnd davonfuhr.
Übrig blieben die Boxen auf dem Gehweg.
Stirnrunzelnd musterte Corrie die Stufen. "An eine Rampe hätte ich auch schon eher denken können." Sie drehte sich wieder um, wobei sie die Tür offen stehen ließ. "Drachenkotze." Dann fiel ihr etwas ein. "Das passiert, wenn man nicht in seinem Bett geschlafen hat."
Natürlich gab es bereits eine Rampe in den Laden, doch in ihrem morgendlichen Tran hatte Corrie nicht daran gedacht. Sie führte aus der weitläufigen Garage empor und endete in der Nische, in der sich auch die Tür zum Keller befand. Und vom Gehweg aus konnte sie zumindest die Bücherboxen schon einmal bis dorthin schieben. Also drehte sie sich wieder um und sprang die Treppe hinunter.
"Eins, zwei, drei … vier, fünf, sechs … sieben", zählte sie und rollte mit den Augen. "Dann wollen wir euch mal reinbringen." Sie schob sich hinter die erste, beinahe brusthohe Plastikwanne und stemmte sich kraftvoll dagegen. Die Rollen setzten sich unendlich langsam in Bewegung. "Scheiße, warum muss Papier auch so schwer sein!", fluchte Corrie und drückte noch etwas energischer.
Nach fünf der sieben Kisten hatte sie das Gefühl, gerade aus der Dusche gekommen zu sein, so klebten ihr Haare und Shirt am Körper. Und nachdem auch die letzte Kiste endlich im Hof wieder zu den anderen gestoßen war, musste sich Corrie einen Moment lang japsend auf die Schräge setzen. "Dabei rauche ich doch gar nicht", stellte sie schnaufend fest und reckte die schmerzenden Arme. Ein paar Augenblicke ließ sie ihren Blick noch nachdenklich über die Lieferung wandern und versuchte sich zu erinnern, welche Ware noch fehlte. Dann fiel ihr ein, dass das Regal mit der Spannungsliteratur noch sehr mager aussah. "Dafür seid ihr dann also wohl", konstatierte sie und kam wieder auf die Füße. "Aber alleine bekomme ich euch nicht dahin, wo ihr hingehört. Und ich finde, Silvana hat jetzt wirklich lange genug geschlafen. Niemand rührt sich von der Stelle, ich bin gleich wieder da." Sie bedachte die Kisten noch mit einem argwöhnischen Blick als befürchtete sie, dass eine der Plastikboxen doch von selbst das Weite suchen konnte, dann schloss sie die Tür an der Rampe auf und ging zurück zur Küche.
Silvana lag noch immer genau so, wie Corrie sie verlassen hatte, um dem Fahrer zu öffnen. Vorsichtig schlich Corrie hinter ihre Freundin, streckte die Arme aus und rüttelte kräftig an der Rückenlehne.
Mit einem Quietschen fuhr Silvana aus dem Schlaf hoch, blinzelte ihre Freundin an, schien kurz zu überlegen und stöhnte dann. "Schon wieder Morgen?"
"Eigentlich schon fast früher Mittag."
"Früher Mittag", wiederholte Silvana, als müsse sie erst überlegen, was diese Aussage bedeutete. Sie stützte den Kopf in die Hände. "Scheiße, wie lange haben wir gestern eigentlich noch hier gesessen?"
Corrie schnitt eine Grimasse. "Bis wir eingeschlafen sind, nehme ich mal an."
"Was eindeutig zu spät war, so wie ich mich fühle", gähnte Silvana.
"Und draußen steht schon die nächste Fuhre Ware, die eingeräumt werden will."
"Aber nicht vor einem starken Kaffee." Silvana furchte nachdenklich die Stirn. "Oder besser zwei. Und einer heiße Dusche. In genau der Reihenfolge."
"Da mache ich mit", stimmte Corrie zu und reckte sich, um an die Dose mit dem Kaffeepulver heranzureichen, die auf dem obersten Regalbrett über dem Herd
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