Tablettenfee
mit seiner sozialen Ader deckte Udo sogar zu. Denn Udo lag bei der Rückkehr bereits auf dem Bett des CT-Gerätes.
›Zudecken ist okay. Aber bitte keinen Kuss!‹, dachte Udo – sonst hat Schnibbi mit ›Warme Brüder‹ doch recht gehabt.
Aber nein, der Kuss blieb aus. Uff!
Es war einfach wirklich nur gut und nett gemeint.
Gott sei Dank.
Der Pfleger warf noch einen Blick in die Krankenakte von Udo und grinste: »Haschte gerauft?«
›Hä? Was meinte der?‹
»Nein, nicht das ich wüsste … Warum?«, fragte Udo zurück.
»Naja ›Commotschio cerebri‹, meint der Onkel Doktor. Dasch ischt eine Gehirnerschütterung. Und wir haben meistens nur drei Schorten von Patienten, die das haben: Schportunfälle, Verkehrschunfälle und Schläger. Nummer einsch und zchwei wisschen meischtens, woher schie es haben. Genauer gesagt, die verraten es uns. Nur Nummer drei weiß es meischtensch nicht. Daher schlusschfolgere ich ...«
Schmunzelnd schloss er die Akte wieder, klopfte Udo aufmunternd zweimal auf das Schienbein und verließ den Raum, jegliche Verteidigung oder Dementi von Udo gar nicht erst abwartend.
Aha. Interessant! Gehirnerschütterung.
Udo lag da und wartete. Dabei starrte er die Decke des Untersuchungsraumes an. Mittlerweile hatte er sich mehrfach selbst bestätigt, dass man exakt zweihundertundzweiundfünfzig Styroporfliesen an der Decke zählen konnte. Nun aber überkam ihn die Müdigkeit. Der Schlaf der vergangenen Nacht begann sich seine verloren gegangenen Schäfchen wieder einzufangen. Udo kuschelte sich sogar ein wenig in seine Decke ein. Kurz darauf drehte er sich zur Seite, schloss die Augen und begann zu schlafen.
Zuerst waren es wirre Gedanken. Die sich überschlagenden Ereignisse der letzten Tage prasselten aufs Neue auf ihn ein. Sein Hirn versuchte das alles nochmal zu verarbeiten. Die Welt war verschwommen. Psychedelische Musik erfüllte den Raum um Udo. Es war wie in einer Folge von Austin Powers. In weiter Ferne sah er seine Bianca. Sie erschien wie am Ende eines Tunnels. Udo rannte durch den Tunnel zu ihr hin – aber da war sie weg. Da erst merkte er, dass er nun plötzlich vor dem BOND stand. Komisch. Aber es war Mittwoch, das BOND war finster und verschlossen. Er drehte sich um. Nun war er wieder vor seiner Firma. Vor ihm stand Leitner. Udo fragte Leitner, ob er Bianca gesehen hatte. Leitner sagte, dass er immer noch INGENIEUR Leitner hieß und er von nichts wisse. Udo hämmerte seine Faust auf den Tisch, beinahe wäre die Platte zerborsten. Dabei erläuterte er dem HTL-Leitner, dass er sich seine Art sonst wohin stecken konnte. Dann war da auf einmal die Dahlke, die plötzlich im Domina-Outfit am Schoß vom Leitner saß. Sie bat Udo, kurz auf ihr iPhone aufzupassen. Sie wolle sich nur ihre Stiefel neu schnüren. Dann ein Geräusch – hinter ihm. Die Ereignisse überschlugen sich. Das Ettmann-Nilpferd kam durch eine Bürotür und entschuldigte sich für ihren Lover. Für Hansi. Irgendwo im Hintergrund stand Ratschi mit der Post in der Hand. Dieser ging dann aber gemeinsam mit der Ettmann in ihre Troll-Höhle und kam nicht mehr raus. Aha, so ist das also. Als Udo sich wegdrehte um in seine Wohnung zu gehen, war er nicht mehr im Stiegenhaus seines Wohnblockes. Er war plötzlich mit Schnibbi in der Rennzitrone. Schnibbi bremste den Cupra vor dem Einkaufszentrum ab. Cool blickte Udo über den Rand seiner schwarzen Ray-Ban. Sekunden später stand er schon vor Yvonne. Warum Yvonne und nicht Bianca? Udo war verwirrt. Egal. Er legte ihr eine Hand in den Nacken, die andere auf ihren Knackarsch. Sie sah ihn schmachtend an. Ihr Antlitz blendete ihn fast, eine helle Aura umgab sie. Aber es schien ihr zu gefallen. Sie sah ihn mit starren Augen an. Das Leuchten um sie wurde heller.
Ohne dass sich ihr Mund bewegte rief sie: »Udo? Udo!«
Sie hatte auf ihn gewartet – Udo küsste sie verlangend auf den Mund. Aber sie rief immer noch: »Udooo!«
Da wurde das Leuchten unerträglich hell.
Udo schrak hoch. Plötzlich war er hellwach. Er lag in einem kalten Raum. Unter sich spürte er kaltes Plastik, über sich die Decke und vor ihm stand, leicht über ihn gebeugt – Bianca!
Immer noch leuchtete sie ihm mit einer Lampe ins Gesicht.
»B-Bin ich tot!? Ähhh ... Bianca???«
»Warum solltest du tot sein? Willst du das etwa?«
Ihre Stimme klang süß.
»Ich, nein warum … Aber wo kommst du her? Ich war doch eben noch im Einkaufszentrum – und du bist so hübsch wie ein Engel … Und obwohl ich
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