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Tabu: Roman (German Edition)

Tabu: Roman (German Edition)

Titel: Tabu: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ferdinand von Schirach
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Landau. Sie haben Eschburgs Intimleben in der Öffentlichkeit ausgebreitet. Sie haben dafür gesorgt, dass nie wieder jemand ein Bild von ihm kaufen wird. Aber das Wichtigste an diesem Verfahren verschweigen Sie. Und dann sitzen Sie hier mit übereinandergeschlagenen Beinen und finden mich arrogant?«
    »Beruhigen Sie sich jetzt, Herr Biegler«, sagte der Vorsitzende. »Wir wissen nicht, wie die Informationen an die Öffentlichkeit gekommen sind.«
    »Das müssen wir auch nicht wissen. Es ist im Ermittlungsverfahren passiert, und Frau Landau ist für das Ermittlungsverfahren verantwortlich. Der Beschuldigte steht in diesem Teil des Verfahrens unter besonderem Schutz des Staates. Aber im Moment sieht es so aus – egal, welche Zeitung Sie lesen –, als wäre er ohne jeden Zweifel schuldig. Wieso sollte ich mich also beruhigen? Die einseitige Informationspolitik der Staatsanwaltschaft ist doch eine Unverschämtheit: Ich habe den ganzen Ordner mit Presseberichten gelesen – nicht ein einziges Wort von Folterdrohung. Ich kann das nicht fassen. Und dann, wenn wir schon über Versäumnisse reden: Die Anklage ist doch überhaupt nicht nachvollziehbar. Was soll dieses Verfahren? Ein Mord ohne Leiche ist schon eine kaum zu lösende Sache. Aber ein Mord, bei dem wir nicht einmal wissen, wer das Opfer sein soll? Das ist schlicht absurd«, sagte Biegler.
    Der Vorsitzende lächelte. Biegler gefiel das nicht.
    »Vielleicht müssen Sie doch nicht in den Beweisefachhandel, Frau Landau«, sagte der Vorsitzende und lächelte weiter. »Die Kammer hat den medizinischen Sachverständigen beauftragt, die Blutspuren noch einmal zu untersuchen. Es war ja nur eine Kleinigkeit, sie wurde wohl versehentlich vergessen. Die DNA Ihres Mandanten, Herr Biegler, wurde bisher nicht mit der DNA des mutmaßlichen Opfers verglichen. Gehört eigentlich zum Standard in der Gerichtsmedizin, kann aber wohl passieren, dass man es mal vergisst.«
    »Ich verstehe kein Wort«, sagte Biegler. Auch Landau sah den Vorsitzenden an.
    »Wir haben das nachholen lassen. Gestern Abend haben wir das Gutachten aus dem Institut bekommen.« Der Vorsitzende gab Landau und Biegler Kopien. »Die Identität der verschwundenen Frau ist zumindest teilweise geklärt. Ich darf das Gutachten kurz zusammenfassen: Die unbekannte Frau ist Eschburgs Halbschwester.«

5
    Am nächsten Morgen ging Biegler als Erstes in die Haftanstalt. Er legte Eschburg das neue Gutachten des Gerichtsmediziners vor.
    »Überrascht es Sie, dass es Ihre Halbschwester ist?«, fragte Biegler.
    »Ich wundere mich nur, dass die Ermittler so lange gebraucht haben«, sagte Eschburg.
    »Sie machen es mir nicht gerade einfach, Eschburg.«
    »Tut mir leid.«
    »Wollen oder können Sie mir nicht helfen? Ich weiß bisher noch nicht einmal, ob die Frau das Kind Ihrer Mutter oder Ihres Vaters ist. Der Sachverständige sagte, er bräuchte dazu die DNA der Eltern. Die Staatsanwaltschaft wird sicher zuerst in Richtung Ihrer Mutter ermitteln, schon weil es einfacher ist«, sagte Biegler.
    Eschburg zuckte mit den Achseln.
    Biegler wartete eine Weile, dann zog er sein Notizbuch aus seinem Jackett. »Gut, fangen wir mit einer anderen Sache an. Ich habe ein weiteres Problem«, sagte Biegler. »Sie haben mir bei unserem letzten Gespräch von Ihrer Nachbarin in der Linienstraße erzählt.«
    »Senja Finks«, sagte Eschburg.
    »Meine Mitarbeiter haben das überprüft«, sagte Biegler. »Offenbar hat dort nie jemand gewohnt. Es gab keine Nachbarn.«
    Eschburg wirkte überrascht. »Aber wir sind uns begegnet. Auf dem Dach in der Linienstraße, in ihrer Wohnung, im Krankenhaus.«
    »Können Sie sich erinnern, wer diese Frau noch gesehen hat? An irgendjemanden?«
    »Ich weiß nicht … Nein, ich war immer allein mit ihr. Aber die Schlägerei … ich war im Krankenhaus. Es muss Berichte des Krankenhauses geben.«
    »Ja, gibt es. Die Polizei hat sie in Ihrer Wohnung gefunden.« Biegler zog einen Bericht auf hellgrünem Papier aus seiner Aktentasche. »Das ist der Entlassungsbericht aus dem Krankenhaus. Dort steht, Sie seien gestürzt und hätten sich dabei den Kopf aufgeschlagen, eine Platzwunde und ein Schädeltrauma.«
    »Es war eine Schlägerei.«
    »Das haben Sie mir erzählt, ich weiß. Ich habe daraufhin bei der Polizei nachsehen lassen. Dort gibt es keinen Vorgang.«
    »Natürlich nicht. Ich habe nichts angezeigt, weil Finks mich darum gebeten hat. Aber warten Sie … Es muss doch einen alten Mietvertrag über die Wohnung

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