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Tabu: Thriller

Tabu: Thriller

Titel: Tabu: Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Egeland
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Die Frau im Auto saß so, dass er unmöglich erkennen konnte, ob sie hübsch war oder nicht. Aber dem Mann nach zu schließen, war sie es.
    »Haben Sie eine freie Hütte?«
    Er hätte dem Mann am liebsten ins Gesicht gelacht. Freie Hütte? Hier gibt es so viele freie Hütten, Kamerad, dass du ein Asylantenheim aufmachen kannst, antwortete er für sich. Aber er sagte nichts, holte das grüne Buch und fuhr mit dem Zeigefinger über die leeren Kolonnen. Von den zwanzig Hütten waren vier vermietet. Die Saison war bald zu Ende, und in wenigen Wochen würde der ganze Campingplatz schließen. »Jaha«, sagte er mit einem unergründlichen Lächeln, »ich werde wohl noch ein Plätzchen für Sie finden.« Er lachte über seinen eigenen Witz. »Wie lange wollen Sie bleiben?«
    »Nur über Nacht.«
    Nur über Nacht. Als könnte sich überhaupt irgendjemand vorstellen, zwei Nächte in diesem gottverlassenen, landschaftlichen »Kleinod« zu verbringen.
    »Viele Touristen zurzeit?«, fragte der Mann.
    Leif musste den Blick heben, um sicherzugehen, dass ihn der Mann nicht auf den Arm nahm. Viele Touristen – ha! »Ziemlich ruhig im Moment«, antwortete er. Im Moment! Es reichte jetzt wirklich.
    »Gut«, sagte der Mann.
    Etwas an der Art, wie er sprach, weckte Leifs Interesse. Ihm fiel auf, dass der Mann keinen Ehering trug. Das musste nicht unbedingt etwas bedeuten, konnte aber heißen, dass er mit seiner neuen Freundin einen kleinen Ausflug machte.
    »Nummer sechs ist frei«, sagte er. »Unten am Fluss.«
    Nummer sechs gab er immer den spannenden Pärchen. Ein Spalt in der Lüftungsluke erlaubte es, draußen am Wäldchen zu stehen und direkt auf das Bett zu schauen.
    »Ausgezeichnet«, sagte der Mann. Ausgezeichnet. Als wäre er ein vornehmer Direktor oder so etwas. Wenn er so vornehm war, warum ging er dann nicht oben im Dorf ins Hotel? Und warum mietete er eine billige Campinghütte und fuhr in einem Wrack von Lieferwagen herum, statt in einem Mercedes 500 SLC?
    Er holte den Schlüssel der Hütte, während der Mann sich eintrug. Der Name war total unleserlich. Außer er hieß wirklich D@xy#kjqwe Rέwymscxa oder so ähnlich. Der Mann bezahlte bar. Leif reichte ihm den Schlüssel und zeigte in Richtung Hütte. »Unten am Fluss, die Nummer steht an der Tür, Sie können direkt dahinter parken.«
    Der Mann bedankte sich. Leif versuchte, einen Blick auf die Frau zu werfen, aber sie trug eine Sonnenbrille. Dabei war die Sonne nicht wirklich ein Problem. Er freute sich darauf, bald einen Blick durch den Spalt der Lüftungsluke zu werfen.

19 Uhr 20
    Die Campinghütte war größer, als sie gedacht hatte. Rechts von der Tür befand sich eine Küchenecke mit Kochplatte, Kühlschrank und Waschbecken. An der einen Wand standen ein Sofa und ein Tisch, an der anderen ein Doppelbett.
    Er schloss die Tür hinter ihr.
    »Gemütlich«, sagte sie tonlos.
    »Findest du?«
    Sie lachte nervös. Ich hasse ihn, ich hasse ihn, ich hasse ihn!
    Er verriegelte die Tür und überprüfte die Fenster. Sie legte den Rucksack aufs Sofa.
    »Jetzt machen wir es uns gemütlich«, sagte er.
    »Gemütlich? Wir? Uns?«
    »Ja, ich dachte schon.«
    »Gemütlich? Wir?«
    »Wir können reden. Einen Spaziergang machen. Ein bisschen Schokolade essen. Ich habe Stratos und Schokotaler. Hast du Lust?«
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Was sollen wir hier?«, fragte sie dann.
    »Was wir hier sollen? Irgendwo müssen wir doch schlafen.«
    »Aber wohin fahren wir? Was tun wir hier?«
    Er lächelte sie an, als wollte er ihr sagen, das sei ein Geheimnis, das er ihr leider nicht verraten könne.

19 Uhr 35
    Sie waren nicht so heiß aufeinander, wie er gehofft hatte. Leif Bryn fluchte innerlich. Einige der jungen Pärchen, die eine Campinghütte mieteten, schafften es kaum noch, die Tür zu schließen, bevor sie sich die Kleider vom Leib rissen. Oi, oi, oi, was er schon für saftige Einblicke durch den schmalen Spalt der Lüftungsluke gehabt hatte. Aber heute Abend war keinerlei Leidenschaft zu spüren. Die Frau saß auf dem Sofa, das Gesicht von ihm abgewandt. Der Mann hockte auf dem Bett. Sie redeten. Er konnte nicht verstehen, was sie sagten, aber das war ihm egal. Wenn sie ihm keinen Sex zu bieten hatten, konnten sie seinetwegen über Aktienkurse oder bodennahes Ozon reden.
    Vielleicht warteten sie ja, bis es Schlafenszeit war und das Licht gelöscht wurde, damit sie die Decke über sich schlagen und wie ein müdes Missionarspaar loslegen konnten? Solche Leute machten ihm keinen

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