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Tabu: Thriller

Tabu: Thriller

Titel: Tabu: Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Egeland
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und blickten über den Campingplatz; die Silhouetten der Spielgeräte, die dunklen Hütten und die große, offene Wiese ohne Zelte. Ein zur Neige gehender Sommer…
    Sie schlossen die Tür der Hütte auf, gingen hinein und machten das Licht an. Beide waren hungrig. Sie hatten mittags und am Spätnachmittag jeweils ein Würstchen mit Brot gegessen, doch er hatte an einer Tankstelle Eier, Gemüse und Brot gekauft und briet jetzt ein Omelett für sie.
     
    Nach dem Essen nahmen sie ihre Stühle und setzten sich nach draußen. Es war dunkel geworden, und der Wasserfall klang noch näher. Sie sahen keine Sterne.
    »Es gibt etwas, das ich gerne wissen würde«, sagte sie.
    Er sah sie fragend an.
    »Warum haben Sie mir diese Videoaufnahmen geschickt?«
    »Du bist Journalistin. Im Fernsehen«, sagte er ausweichend.
    »Aber warum mir?«
    »Du warst mein Werkzeug.«
    »Sie verstehen nicht… Warum gerade mir? Mir ?«
    Er lächelte schüchtern, und sie war sich ganz sicher, dass er rot wurde.
    »Vielleicht weil ich dich mag?«
    Er meinte das sicher als Kompliment, für sie hörte es sich aber an wie eine Drohung.
    Er räusperte sich. »Erinnerst du dich nicht an mich?«, fragte er. Er versuchte, seine Stimme gleichgültig klingen zu lassen, doch die Worte kamen recht gequält.
    Sie sah ihn an. Erinnern? Mein Gott, sollte ich ihn wiedererkennen? Habe ich ihn denn schon mal getroffen?
    »Sie kommen mir tatsächlich irgendwie bekannt vor…«, log sie.
    »Versuch es gar nicht erst. Du erinnerst dich nicht an mich!«
    »Doch, irgendwoher, ich kann das nur nicht zuordnen.«
    Er hielt inne. »Du hast mich interviewt, erinnerst du dich?«
    Ihn interviewt? Mein Gott, ich soll IHN INTERVIEWT haben ?
    »Richtig!«, sagte sie und schnippte ein paar Mal, als wollte sie ihrem Gedächtnis damit auf die Sprünge helfen. »Jetzt kommt es langsam…«
    »Letztes Jahr im Mai«, half er ihr.
    O je, im Mai, letztes Jahr… da war ich noch beim Dagbladet… Mai! Mai! Mai! …
    »Genau! Sie waren an dieser Reportage beteiligt über…« Sie schnippte wieder, als läge ihr das Wort auf der Zunge.
    »…die besten Filme aller Zeiten«, schloss er.
    Sie sah ihn an. Wusste schlagartig, welche Reportage er meinte. Die zwei Seiten in der Sonntagsausgabe.
    Aber sie erinnerte sich noch immer nicht an ihn.
    »Genau!«, platzte sie heraus.
    »Du erinnerst dich nicht«, sagte er frei heraus. Er wirkte nicht wütend oder enttäuscht. Aber er sah sie nicht an, als er das sagte.
    Sie versuchte nicht noch einmal, ihn zu belügen.
    »Du musst nicht so tun als ob«, fuhr er fort.
    Sie sagte nichts.
    »Es war am zwanzigsten Mai«, redete er weiter. »Du hast mich bei der Arbeit angerufen, weil dir jemand im Filmclub den Tipp gegeben hatte, dich bei mir zu melden. Weil ich ein bisschen Ahnung habe. Tags darauf kamst du mit deinem Cowboy-Fotografen anmarschiert. Wir haben geredet, und dieser Cowboy hat einen Haufen Bilder gemacht. Aber ihr habt keins davon benutzt.«
    Der ! Ganz entfernt erinnerte sie sich an die Episode. Sie hatten in dem dunklen Maschinenraum eines Kinos gestanden. Das Riesen-Vorführgerät lief summend, und der Ventilator rauschte.
    »Ich habe viel an dich gedacht, anschließend.« Er lachte geniert: »Hab dir sogar ein paar Briefe geschrieben. Nur abgeschickt habe ich die nie.« Er trat vorsichtig in den Boden. »Du kannst mir glauben, ich war ganz schön überrascht, als ich mitbekam, dass du bei ›24 Stunden!‹ angefangen hast. Beim Fernsehen!«
    Sie schloss die Augen und lehnte sich zurück. Ließ den Kopf nach hinten kippen. Ich verstehe nur nicht, warum er …
    »Was hast du gedacht?«, fragte er. »Als du die ersten Videos gekriegt hast?« Er stützte die Unterarme auf seine Schenkel und beugte sich zu ihr herüber. »Und als du die Bibelzitate gelesen hast?«
    »Ich… weiß nicht.«
    »Doch! Sag es!«
    »Ich dachte, dass Sie ein Mann… mit Problemen sein müssen.«
    »Ein Verrückter?«
    »Ich dachte nur, Sie wissen schon, dass Sie vielleicht ein bisschen… verwirrt sind.«
    Er presste die Handflächen aneinander und wiegte den Oberkörper vor und zurück. Er erinnerte sie an einen tibetanischen Mönch im Gebet.
    Er saß lange so da und starrte sie an. Wie in Trance. Dann brach er plötzlich in Gelächter aus. Erwartungsvolles Gelächter.
    Er glaubt, ich bin beeindruckt!
    »Mein Gott«, rutschte es ihr heraus.
    Seine Augen leuchteten im abendlichen Dunkel auf. Eisblau und magnetisch.
    »Ein bisschen verwirrt, was?«, höhnte er.
    »Was

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