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Tabu: Thriller

Tabu: Thriller

Titel: Tabu: Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Egeland
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sollte ich glauben?«
    »Gibt es nichts, was du über mich wissen willst?«, fragte er.
    Nichts? O doch, mein Lieber, es gibt einiges, das ich wissen will.
    Sie sagte: »Bei Ihrem Anruf neulich haben Sie mich darum gebeten, die Polizei auf gewisse Symbole anzusprechen.«
    Er sagte nichts.
    »Also habe ich gefragt«, fuhr sie fort. »Sie haben mir gesagt, es handele sich um Hexagramme.«
    »Es wundert mich, dass nichts darüber berichtet wurde. Ich dachte, das würde einen Riesenaufstand geben.«
    »Aber was sollen sie symbolisieren?«
    »Furcht! Unsicherheit! Sehnsucht!«
    »Ich verstehe nicht…«
    Er beugte sich zu ihr hinüber. »Hast du dich jemals gefragt«, sagte er, »was einen Menschen dazu treibt, einen anderen zu töten?«
    Dieses Mal war sie nicht wie vor Angst gelähmt, denn die Frage klang weder bedrohlich noch gefährlich. Trotzdem antwortete sie nicht. Sein intensiver Blick durchbohrte sie.
    »Zufälle«, sagte er. »Gefühlsausbrüche. Wut. Eifersucht. Wenn du alle Mörder in den norwegischen Gefängnissen in eine Reihe stellen würdest, wärest du überrascht darüber, wie viele ganz gewöhnliche Männer du findest. Keine kahl rasierten, narbigen Muskelprotze, sondern ganz normale Menschen. Die sich einfach nicht beherrschen konnten.«
    »Das ist doch wohl keine Entschuldigung…«
    »Nicht für die Opfer. Aber jeder Mord hat zwei Opfer.« Er lachte leise. »Jetzt glaub aber nicht, dass das in irgendeiner Weise eine Entschuldigung sein soll.«
    Sie schielte zu ihm hinüber. »Aber, warum?«
    »Warum…?« Er breitete die Arme aus, als hätte er vor, einen ganzen Roman zu erzählen, sagte dann aber nur: »Warum nicht?«
    »Warum?«, wiederholte sie noch einmal für sich selbst.
    »Erinnerst du dich an unser Telefonat? Als ich mich mit einer Schlange verglichen habe?«
    Sie starrte vor sich hin.
    »Ich wollte ein Bild erschaffen, eine Vorstellung. Es ist eine intellektuelle Herausforderung, etwas zu konstruieren. Zu manipulieren. Das Hexagramm war bloß ein Teil des Gesamtkonstrukts. Ein Puzzle-Steinchen, mit dem ich noch mehr Furcht und Verwirrung stiften wollte.«
    »Ein Spiel!«, platzte sie hervor. »Ist das für Sie wirklich nur ein Spiel! Ein verfluchtes Spiel?!«
    Er sah sie überrascht an. Ja und?, schien sein Blick zu sagen.
    »Ein Spiel!«, wiederholte sie.
    »Vielleicht. Alles ist ein Spiel. Die ganze Maschinerie unserer Gesellschaft. Ist nicht die ganze Welt ein gigantisches Brettspiel? Bei dem die Politiker und Generale die Regeln bestimmen?«
    »Mein Gott, was für ein dummer Vergleich! Sie glauben ja gar nicht, wie banal das klingt!«
    »Oder die Beziehung zwischen Mann und Frau. Ist nicht auch die ein einzigartiges, großes Spiel? Ein Spiel um Gefühle, um Macht.«
    Sie stöhnte resigniert. »Sie reden in Klischees.«
    Er fuhr fort: »Und du, nimmst nicht auch du an einem Spiel teil? Ist denn die Nachrichtenvermittlung etwas anderes als ein Spiel? Manipulation? Ihr sucht euch aus der Fülle von Informationen und Schicksalen etwas ganz Bestimmtes heraus. Entscheidet euch für einen besonderen Blickwinkel. Manche Sachen blast ihr auf, während andere unter den Tisch fallen. Als wolltet ihr Gott spielen und bestimmen, was wichtig ist und was nicht. Ihr spielt euch auf, macht euch wichtig. Meinungsfreiheit! , schreit ihr. Kritische Berichterstattung … Mir klingt es noch in den Ohren. Dabei nehmt ihr doch alle an diesem Spiel teil. Glaubst du, ich weiß das nicht? Glaubst du, ich hätte es nicht geschafft, euch für meine Zwecke zu nutzen? Angst zu stiften? Massenhysterie? Durch die Medien. Die Medien sind doch der eigentliche Schlüssel.«
    »Aber warum?«
    Er lachte glucksend. Im Schein der weit entfernten Straßenlaterne formte sich sein Gesicht aus Schatten und Kontrasten.
    Irgendwo schlug eine Autotür.
    »Und was ist mit mir?«, fragte sie. »Was haben Sie mit mir vor?«
    Sein Lachen erstarb.
    »Wollen Sie mich umbringen?«
    Er lehnte sich zurück.
    Das Rauschen des Wasserfalls klang wie ein Fernsehapparat nach Sendeschluss. Sie merkte, dass er sie musterte.
    »Du hast sicher nie Schmerzen empfunden«, sagte er. »Tiefe, seelische Schmerzen.«
    Sie fing seinen Blick ein. Holte tief Luft. Sagte aber nichts.
    Aus dem Dunkel des Waldes war der halbherzige Gesang eines Vogels zu hören. Hinter der Anhöhe zwischen dem Campingplatz und der Hauptstraße beschleunigte ein Auto.
    »Bist du müde?«
    »Ja.«
    »Sollen wir ins Bett gehen?«
    Die Frage klang arglos, vollständig ungefährlich.

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