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Tabu: Thriller

Tabu: Thriller

Titel: Tabu: Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Egeland
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Frau?«
    »Wer ist der Kidnapper?«
    »Warum haben Sie die Aufnahmen gezeigt?«
    »Warum hat er das Video hierher geschickt?«
    »Was geschieht mit der Frau?«
    Sie versuchten, Kristin zu überreden, ihnen die Exklusivrechte an der Story zu verkaufen. Nach einer Weile gelang es Wolter, die Kollegen zu beruhigen. Er betonte, die Polizei untersuche den Fall und nicht der Fernsehsender, und Kristin habe in der Reportage alles gesagt, was sie wisse, sei aber sicher trotzdem gerne bereit, alles noch einmal zu erzählen, sobald der Geräuschpegel im Raum es zulasse. Nachdem Kristin ihre Geschichte wiederholt und Wolter drei oder vier Unterbrechungen abgewürgt hatte, gab er ein kurzes Statement darüber ab, was die Redaktion von »24 Stunden!« von den Aufnahmen hielt und dass man durchaus in Betracht zöge, Opfer einer gut ausgeführten Täuschung zu sein. Die Fotografen machten ihre Bilder von Kristin und Wolter, einzeln und gemeinsam.
    Als der ganze Spuk vorbei war, fühlte sich Kristin matt, als hätte man ihr Blut abgenommen. Mindestens drei Liter.
     
    Am gleichen Abend fuhr Kristin mit dem fest angestellten Kriminaljournalisten von »24 Stunden!«, Caspar Vik, zur Pressekonferenz im Präsidium. Wieder wurde sie sogleich von ihren Kollegen umringt.
    Polizeidirektor Vang hatte nichts Neues zu vermelden. Mit Einwilligung von Redakteur Wolter – Vang betonte das Wort »Einwilligung« sehr deutlich, woraus Kristin schloss, dass Wolter wohl Bedingungen gestellt hatte – teilte er ein Porträt der Frau aus, das man aus dem Video kopiert hatte. Die anderen Sender protestierten lautstark, als ihnen klar wurde, dass sie keine Kopie des ganzen Videos bekommen würden. Der Vertreter der »Dagsrevyen« hob zu einem längeren Sermon über die Informationspflicht der Polizei an, bis er von seinen Kollegen von der Presse übertönt wurde. Der Reporter von TV2, den Kristin von ein paar anderen Pressekonferenzen kannte, sagte, er habe mit dieser Exklusivklausel von Kanal 24 gerechnet. Aber, flüsterte er zufrieden, es sei ja nicht verboten, jemanden zu filmen, der auf einen Fernseher schaut, in dem »24 Stunden!« läuft.
    Nach der Pressekonferenz verständigte sich Kristin mit Caspar darauf, ihre Reportage nicht zu überarbeiten, sondern bloß um eine kurze Sequenz über die Pressekonferenz und die heftigen Reaktionen auf die ersten Fernsehbilder zu ergänzen. Sie rief den Chef vom Dienst an und fragte, ob es in Ordnung sei, wenn sie nach Hause ging. War es nicht. Sie wollten sie auch in der Zweiundzwanzig-Uhr-Sendung haben, und außerdem hatten mehrere Zuschauer angerufen und behauptet zu wissen, wer die Frau sei.

4
    Erst gegen Mitternacht ebbte der Sturm der Anrufe ab. Bis dahin hatte die Zentrale fünfundsechzig Hinweise auf die Frau erhalten, die inzwischen vierzehn Identitäten hatte. Als Kristin die Hinweise sortierte, stellte sie fest, dass ein Stapel höher als die anderen war: Una Mørch, stellvertretende Organistin. Auch die Polizei hatte zahlreiche Hinweise bekommen, rechnete aber erst im Laufe der Nacht damit, die Spreu vom Weizen getrennt zu haben.
     
    Es war Viertel vor eins, als Kristin zu Hause bei sich in der Schleppegrells Gate aus dem Taxi stieg.
    Sie war müde. So müde, dass sie nicht einmal mehr Zähneputzen konnte. Sie zog sich aus, ließ die Kleider auf den Boden fallen und kroch ins Bett. Durch den Fensterspalt hörte sie die Straßenbahn die Thorvald Meyers Gate hochruckeln. Sie schlief bereits, als die Bahn unten vorbeifuhr.

5
    Die Samstagsausgaben der Zeitungen waren ekstatisch.
    Die Headline der Aftenposten zog sich über sechs Spalten der Titelseite: POLIZEI SUCHT NACH VIDEOOPFER. Unten war ein großes Bild der unbekannten Frau und ein kleineres Foto von Kristin. VG hatte den Schriftzug TV-SCHOCK über das Bild des Opfers gesetzt, während das Dagbladet mit dem Titel FERNSEHSTAR ERHÄLT SCHOCKVIDEO und einem großen Foto von Kristin lockte.
    Fernsehstar? , dachte Kristin verwundert.
     
    Die wenigen Kollegen, die Wochenenddienst hatten, klatschten und johlten, als Kristin in die Redaktion kam. Es war halb elf, Skaug hatte sie extra lang schlafen lassen, weil es am Tag zuvor so spät geworden war. Jemand hatte die Titelseiten vom VG und Dagbladet an eine Säule geklebt, und auf ihrem Schreibtisch stand ein Blumenstrauß vom Sendeleiter.
    Skaug kam mit seiner unangezündeten Zigarette im Mundwinkel angeschlendert.
    »Guten Morgen. Ich dachte, ich erde dich mal, ehe du noch zur Primadonna wirst.«
    »

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