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Tabu: Thriller

Tabu: Thriller

Titel: Tabu: Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Egeland
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fassen, wird er sich vielleicht selber stellen. Aber vorläufig ist das noch zu einfach. Das Ganze ist ein Spiel für ihn, ein verdammtes Spiel. Ein dreidimensionales Computerspiel mit der Gesellschaft als Gegenspieler. Einen Menschen zu töten, ist für ihn so bedeutungslos, wie eine Figur auf dem Bildschirm auszulöschen. Das ist Teil des Spiels. Er muss überwunden werden, er ist keiner, der von selbst aufgibt.«
    »Die Bibelzitate erwecken den Anschein, als wäre er etwas verwirrt… Wenn er selbst nicht religiös ist, kann er aber durchaus aus einem tief religiösen Elternhaus stammen. Vielleicht der Sohn eines Pastors. Oder eines Predigers der Freikirche. Vermutlich ist er als Kind misshandelt worden. Vielleicht missbraucht. Was meinst du?«
    »Ich bin immer überzeugter davon, dass das alles nur ein Bluff ist. Dass er uns mit diesen Bibelzitaten bloß verwirren will.«
    »Der Gedanke ist mir auch schon gekommen.«
    »Er will eine Illusion erschaffen. Vom religiös besessenen Mörder. Einem okkulten Dämon. Ich glaube nicht daran. Er ist wie ein Filmregisseur, achtet auf die Dramaturgie. Wäre er wirklich religiös besessen, müsste sich das auch noch anders ausdrücken. Auf anderen Ebenen. An der Art, wie er tötet, wie er seine Opfer zurücklässt. Die Symbole.«
    »Da wären diese Sterne. Und die Zahlen.«
    »Ich verstehe nicht, was die symbolisieren sollen.«
    »Und warum in Herrgotts Namen filmt er seine Opfer? Warum schickt er diese Filme ans Fernsehen?«
    »Selbstbestätigung! Man kann ihn sehen, während er unsichtbar bleibt. Gleichzeitig. Erinnerst du dich noch an Zodiac? Hat in Kalifornien von sechsundsechzig bis Mitte der Siebzigerjahre sein Unwesen getrieben. Vollkommen verrückt. Zeichnete astrologische Symbole um seine Opfer herum. Niemand weiß, wie viele Menschen er getötet hat. Einige sagen sechs, andere neunundvierzig. Er hat über zwanzig Briefe an die Zeitung geschrieben. Er wollte nicht unsichtbar sein.«
    »Wurde er gefasst?«
    »Nein.«
    Aksel Antonsen wippte mit dem Kopf hoch. Er hatte seine Brille über die Stirn geschoben. »Der Kerl ist schlau. Entweder liest er viele Krimis, oder er sieht viele Filme. Ungewöhnlich für so einen Typ.«
    »Ungewöhnlich? Ganz im Gegenteil! Viele von denen sind ausnehmend gebildet. Intelligent. Erinnerst du dich nicht mehr an Ted Bundy?«
    »Den, der auf den elektrischen Stuhl gekommen ist?«
    »Zum Schluss, ja. Nachdem er jahrelang das Gerichtswesen manipuliert hat. Ein gerissener Teufel. Intelligent. Charmant. Ein Kerl, auf den die Frauen flogen. Und trotzdem… verschroben.«
    »Er muss Kenntnis von diesen Fällen haben. Wenn er sich selbst so einen Namen gibt. Er versucht, sie nachzuahmen.«
    »Das glaube ich auch. Er ist gebildet. Belesen. Er beherrscht die Sprache gut«, sagte Vang. »Ist redegewandt. Spielt mit der Sprache.«
    »Das macht ihn nur noch erschreckender.«
    Sie sahen einander an. Beide dachte das Gleiche. Er wird wieder töten.

Oldtimer
    »Du wirst das hier vermissen! Oder, Oldtimer ?«
    Redaktionsleiter Anders Langen, der von allen nur »die Schlange« genannt wurde, klopfte Gunnar, der mit verschränkten Armen dastand und über den Layout-Tisch schaute, kameradschaftlich auf die Schulter. Es war bald drei Uhr nachmittags. Gunnar sah Langen über seine Brillengläser hinweg an. Sie hatten zwölf Jahre gemeinsam als Kriminaljournalisten gearbeitet, bevor Langen Redaktionssekretär und später Leiter der Redaktion geworden war. Gunnar konstatierte missmutig, dass Langen der Einzige im Haus war, mit dem ihn so etwas wie Kameradschaft verband. Jedenfalls der Einzige, der noch lebte.
    »Ja«, antwortete Gunnar halbherzig, »ich werde es vermissen.«
    Er ließ seinen Blick durch die Redaktion schweifen. Noch war keiner gestresst. Ein Redakteur und ein Layouter kämpften mit einer farbigen Anzeige, die gleich abgeliefert werden musste. Der Chef vom Dienst und ein Reportageleiter amüsierten sich über einen Artikel in einem Wochenmagazin. Ein Reporter kam mit einem Stapel Papiere hereingerannt, sah sich verzweifelt um und verschwand wieder. Eine Sekretärin nahm den Hörer von einem klingelnden Telefon, blickte sich in der Redaktion um und vermittelte die Anfrage an eine andere Sekretärin weiter.
    Nicht wie früher, dachte Gunnar. Es hätte sich auch um eine Bank handeln können. Ein Maklerbüro. Ein Werbebüro. Nur die Kopien der Zeitungsseiten, die an der Wand hingen, gaben ihm das Gefühl, in einer Zeitungsredaktion zu sein. Früher

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