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Tacheles

Tacheles

Titel: Tacheles Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Pittler
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einmal die zwei Helden da drinnen vor, um zu überprüfen, ob sie nicht doch von Holzer angeheuert wurden. Sie haben jetzt einmal ein paar Nettigkeiten von mir zu hören bekommen, das war gleichsam das Vorgeplänkel, und jetzt kommst du, die schwere Artillerie. Damit wird die Sache sicher an Fahrt gewinnen.“
    Innerlich musste Bronstein über die schiefe Metapher lächeln, doch seine Belustigung hatte ein jähes Ende, als er den Inhaltder Aussagen Cernys erfasste. Er sollte sich mit diesem menschlichen Auswurf abgeben, während Cerny, der Feschak, gleich mit drei hübschen Frauen würde turteln können. Drei, nun ja, eigentlich nur eine hübsche, dazu eine erfahrene und schließlich eine ... Bronstein erinnerte sich nicht mehr, wie das Hausmädchen überhaupt ausgesehen hatte.
    „Ich weiß nicht“, begann er zögernd, „du bist schon so intensiv in dem Verhör drinnen, während ich ... außerdem kennen die mich alle in dem Haus, da würde ich ...“
    „Eben“, insistierte Cerny, „die hier kennen dich kaum, die im Haus kennen mich kaum. Daher werden beide Seiten verwirrt sein, wenn sie sich plötzlich auf einen neuen Gegner einstellen müssen. Gerade in solchen Situationen macht man Fehler.“
    „Wir aber auch“, wandte Bronstein zaghaft ein.
    „Ja, aber wir sind im Vorteil. Wir wissen jetzt, was wir wollen.“ Cerny versprühte Zuversicht. Bronstein hingegen fand die Situation eigentlich absurd. Er war der Vorgesetzte, er konnte anordnen, dass Cerny mit dem Verhör fortsetzte, während eben er ins Demand’sche Haus ging. Aber irgendetwas hielt ihn davon ab. Es erschien ihm nicht recht zu sein, da er letztlich ganz genau wusste, welche Motive ihn zu einer solchen Order treiben würden.
    „Na gut“, schickte er sich schließlich ins Unvermeidliche, „machen wir es so. Wie spät haben wir überhaupt?“
    „Bald wird’s elf.“
    „Dann macht das Verhör jetzt einmal Pause. Ich geh was essen.“ Bronstein schickte sich an, das Haus zu verlassen. „Ich knöpf mir die beiden am Nachmittag noch einmal vor, dazwischen lassen wir sie in ihrer Zelle dunsten. Wir treffen uns gegen fünf im Büro. Und wenn nicht, dann machen wir morgen gleich um acht Uhr morgens Lagebesprechung.“ Cerny nickte: „Ich veranlasse das Nötige.“
    „Ja, aber sie sollen natürlich nicht wissen, dass sie in zwei Stunden wieder abgeholt werden. Das wird eine kleine Überraschung.“ Cerny bestätigte die Anweisung mit einer abermaligen Kopfbewegung und ging auf die uniformierten Beamten zu. Bronstein überlegte noch einmal kurz, worum es bei der Aktennotiz gegangen war, die er in der Früh auf seinem Schreibtisch gefunden hatte, beschloss dann aber, diese Frage vorerst zu vertagen. Das Mittagessen hatte jetzt unbedingten Vorrang.
    Dass Bronstein den ganzen Nachmittag über immer missmutiger wurde, hatte nichts mit der Qualität des Mittagessens zu tun, auch wenn diese durchaus zu wünschen übrig gelassen hatte. Viel mehr ärgerte er sich darüber, dass es ihm nicht gelang, aus den beiden Verdächtigen brauchbare Informationen herauszulocken. Dabei hatte er ihnen sogar die sprichwörtliche Rutsche gebaut und ihnen erklärt, als Auftragstäter kämen sie besser weg, wenn sie ihre Hintermänner preisgäben. Es sei vielleicht juristisch kein großer Unterschied zwischen Haupt- und Beitragstäter, aber es könnte sich herausstellen, dass genau dieser den Unterschied zwischen Höchst- und gerade noch akzeptabler Strafe ausmache, hatte er ihnen erklärt, doch hatte Bronstein zur Kenntnis nehmen müssen, dass sein Vortrag weder Kotzler noch Murer in irgendeiner Weise beeindruckte.
    Er hatte daraufhin seine Taktik geändert und die beiden einzeln verhört. Da er sich bei Kotzler größere Chancen ausrechnete, ließ er sich diesen zuerst holen.
    „Wos wüst denn no, Kiwara? Du host nix in da Hand, und damit baba.“
    Bronstein lächelte schmal: „Du glaubst doch nicht ernsthaft, dass es eine Rolle spielt, ob ich etwas in der Hand habe oder nicht. Wir leben doch in einem Unrechtssystem, wie du selbst sagst. Da glaubst du doch nicht, dass dir Gerechtigkeit widerfahren wird?“
    Kotzler gab sich gelassen: „Na und! Dieses System ist so morsch, da spüt des ka Rolle, ob’s ma was anhängt’s oder net. Mia wern g’winna, und daun sad’s es dran.“
    Bronstein behielt sein Lächeln bei: „Kann sein. Aber wenn du jetzt zum Tod verurteilt wirst, kann der Sieg deiner nationalsozialistischen Helden dich nur noch posthum zum Blutzeugen der

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