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Tacheles

Tacheles

Titel: Tacheles Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Pittler
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mit von dem, was in dem Haus da rennt, oder?“
    „Des scho, oba des interessiert mi jo net.“
    „Vielleicht interessieret es aber mich.“
    „Oiso guat, David, wos wüst wissen?“
    Bronstein beschloss, nicht gleich in medias res zu gehen, sondern erst einmal das Terrain zu sondieren.
    „Gibt’s irgendwelche G’schichten in dem Haus? Der Künstler da oben zum Beispiel. Was is mit dem?“
    „A Schweinderl is er, sonst nix. Dauernd hat er Huren da. Klar, er sagt, das sind Modelle, aber mir macht der nix vor. Die bestellt er sich nur her, damit er s’ ordentlich durchpudern … pardon, damit er sich geschlechtlich betätigen kann.“
    Bronstein musste wieder an die Gurkenszene vom Sonntag denken, und ihm wurde noch heißer. Dieser Tag war ja an sich schon schwül genug, draußen hatte es sicher weit über dreißig Grad. Und hier in der Wohnung war es wohl auch nicht kühler.
    „Heast, David, du schwitzt ja ois wia. Magst net des Jackett ablegen, sitzt si do glei vü bequemer.“
    Bronstein wusste selbst nicht, warum er es tat, aber einen Augenblick später saß er in Hemd und Krawatte am Tisch der Hausmeisterin, und er fühlte sich, als wäre er schon vollständig nackt. Er hatte Mühe, sich auf das Gespräch zu konzentrieren: „Und mit anderen Hausbewohnern hat er nie angebandelt?“
    „Na sicher, es gibt kane in dem Haus, die oide Krachmandel vom ersten Stock und die oide Demand amoi ausg’nommen, die er ned anbraten hätt.“
    „Dich auch?“
    „Na heast“, Bronstein erhielt einen neckischen Stupser in die Brust, der angenehm wohlige Gefühle in ihm auslöste, „so alt bin i aa wieder ned. Eigentlich bin i no ganz guat in Schuss.“ Eva sah ihn erwartungsvoll an, Bronstein schwieg peinlich berührt.
    „Glaubst ma nicht?“
    „Äh …“ Bronsteins Mund war völlig ausgetrocknet. Er wusste, er musste irgendetwas sagen, Esprit beweisen, doch er saß nur da und glotzte.
    „Da, schau, wennst ma nicht glaubst!“
    Darauf hatte er insgeheim gehofft. Eva öffnete neckisch den Hausmantel, sodass ihr Dekolleté sichtbar wurde. „Meinst, des is nimmer herzeigbar, oder was?“
    „Mein Gott“, stöhnte er, „so etwas Schönes habe ich nicht mehr gesehen, seit … seit … so etwas Schönes habe ich überhaupt noch nie gesehen.“
    „Ah, du Schmähtandler!“ Eva schloss den Hausmantel wieder und schien mit der Antwort zufrieden.
    „Darf ich vielleicht die Krawatte auch …? Es ist irgendwie so heiß hier.“
    „Von mir aus kannst dich ganz ausziehen. Du hast sicher nix, was ich net schon kennen tät.“ Evas Tonfall blieb eindeutig neckisch. Bronstein versuchte, sich irgendwie wieder in den Griff zu bekommen. „Er hat also …“
    „Was?“
    „Dir Avancen gemacht.“
    „Wenn du’s nicht weitererzählst: Ja. Hat er. Und nicht nur das. Ich hätt ihm auch fast nachgegeben, immerhin ist es ja doch schmeichelhaft, wenn man von einem Künstler umworbenwird. Aber dann hab ich mitbekommen, wem dieser Saubartl noch aller nachg’stiegen is. Da war natürlich der Ofen aus bei mir. Ich geb mich ja nicht einem jeden hin, der was grad ein Rohr verlegen will. Da find ich mir immer noch was Besseres.“
    Bronstein war hellhörig geworden, versuchte aber, arglos und beiläufig zu klingen: „So? Wem is er denn nachgestiegen, der Herr Künstler?“
    „Hörst, hast Paradeiser auf die Ohren? Dem ganzen Haus, des hab i da eh grad g’sagt.“ Eva wirkte enttäuscht, wich zurück, Bronstein spürte, dass ihm die Situation entglitt: „Wie soll ich mich denn konzentrieren, wenn du da in deiner ganzen atemberaubenden Schönheit vor mir sitzt?“
    Bronstein war über sich selbst erstaunt. Er hatte ein taktisches Manöver geplant, um zu verhindern, dass Eva die Lust am Plaudern verlor. Doch die Worte, die aus seinem Mund gekommen waren, hatte er unfreiwillig völlig ehrlich gemeint. Er starrte unverwandt auf die Frau, die ihm gegenübersaß, und kämpfte mit seinen Gefühlen, die er weder beschreiben noch länger ignorieren konnte. Er sehnte sich nach Zärtlichkeit, verspürte den deutlichen Impuls, Eva zu berühren, zu streicheln, zu küssen. Was war er nur für ein heruntergekommener Polizist! Anstatt sich auf seinen Fall zu konzentrieren und der Dame eine verwertbare Aussage zu entlocken, hockte er da wie ein pubertierender Kavalier und rang mit seiner Erregung statt mit den Elementen des organisierten Verbrechens. Bronstein musste sich eingestehen, dass er keineswegs in der Lage wäre, irgendwelchen Annäherungen

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