Täglich frische Leichen
dann verstummte es mit einer letzten gewaltigen Explosion.
Eine halbe Minute lang schien
die Stille fast unerträglich. Terry sah mich an und schüttelte langsam den
Pilzkopf. »Ich weiß nicht recht«, sagte er mit Zweifel in der Stimme.
»Vielleicht sollte ich ihm noch ein hübsches Dreiklanghorn einbauen?«
9
Die Witwe Stern erwartete uns.
Sie war immer noch brünett, und ihr Antlitz war noch ebenso widerwärtig wie
tags zuvor. Sie trug ein enges Kleid aus schwarzer Seide, dazu eine
Perlenkette, die jeder Pirat als Lösegeld akzeptiert hätte.
»Was ist passiert?« erkundigte
sie sich kalt.
»Anderson hat ein Bad genommen
und ist dabei ertrunken, Marian«, berichtete Terry fröhlich. »Und die Puppe
hier hat neben der Badewanne ihre fünf Sinne verloren, weshalb ich es für
besser hielt, sie mit hierher zu bringen. Sie ist dumm genug, im Regen zu
ertrinken.«
»Du bist ein Narr!« zischte
Marian Stern.
»Und du bist ein Herzchen«,
erwiderte er ungerührt. »Aber was bleibt einem schon, wenn die Leidenschaft
passé ist? Alles ist passé. Heutzutage sollte sich jedermann ertränken. Was
soll man sonst machen?«
»Dieser Blödsinn kommt mir
langsam zum Halse heraus«, sagte sie wütend.
»Na, von mir aus«, sagte Terry.
»Dann verschwinde ich eben.«
»Warte!« sagte sie. »Ich hab’s
nicht so gemeint. Es bleibt ja noch so viel zu tun. Sie haben Jonathans Leiche
gefunden; die Polizei, meine ich.«
»In ihrer Wohnung?« Terry wies
mit dem Daumen auf mich.
»Am Strand bei den Palisades «, sagte sie. »Unterhalb von Milroyds Haus, heute früh. Es steht in allen
Mittagszeitungen.«
»Wer liest die schon?« meinte
Terry.
»Ich brauche einen Drink«,
sagte Marian Stern tonlos. »Gib mir etwas, Terry. Wir gehen auf die Terrasse.«
»Auch ein Gläschen, Puppe?«
fragte Terry mich.
»Nein, besten Dank«, sagte ich.
»Ich möchte nur gern wissen, was ich überhaupt hier soll.«
»Du bist zu Besuch«, sagte er.
»Mach dir’s gemütlich. Die Welt wird ein Weilchen ohne dich auskommen.«
»Gewäsch!« fuhr ich ihn an.
Marian Stern musterte mich
böse. »Ich darf Sie erinnern, daß ich noch immer gewisse Fotos besitze«, sagte
sie. »Ich nehme an, dieser Mr. Vega ist Ihr Freund, deshalb tun Sie lieber, was
Sie geheißen werden. Kommen Sie mit.«
Die Fotos hatte ich fast schon
vergessen, und es machte mich nervös, wieder an sie erinnert zu werden. Ich
konnte mir Leutnant Frys Gesicht vorstellen, wenn er sie zu sehen bekam. Also
trottete ich hinter der Witwe auf die Terrasse neben dem Swimming-pool.
Sie ließ sich in einem jener
Stahlrohrsessel nieder, die sich in jede Form biegen, außer in die, wie man gern
säße. Sie winkte mir Platz zu nehmen und beschattete die Augen vor der
sinkenden Sonne mit der Hand. »Ich habe da ein paar Fragen, auf die ich eine
Antwort suche, Miss Seidlitz«, sagte sie. »Und ich möchte Ihnen raten, mir die
richtigen Antworten zu geben.«
»Wie Sie wünschen«, meinte ich
ergeben.
»Was ist gestern
abend in Milroyds Haus vorgefallen?«
Ich erzählte es ihr, und das
dauerte eine ganze Weile, weil dort so viel passiert war. Zwischendurch
erschien Terry und reichte ihr ein Glas, dann blieb er bei uns stehen, hörte zu
und nippte an seinem Drink.
»Man hat Sie also gezwungen,
die Leiche meines Mannes zu Arturo zurückzubringen«, sagte Marian Stern. »Und
dann?«
»Na ja, Arturo kam mir zu nahe
und...«
»Wir wollen bei den Tatsachen
bleiben«, unterbrach sie mich essigsauer. »Ihre Story, Miss Seidlitz, ist
interessant genug, auch ohne daß Sie Ihrer Phantasie die Zügel schießen
lassen.«
»Aber er... okay.« Ich seufzte.
»Die Polizei kam und durchsuchte das Haus, aber sie fanden die Leiche nicht,
weil Terry sie schon zu mir in die Wohnung gebracht hatte.«
»Den Rest weiß ich«, sagte sie.
»Terry mußte verschwinden, weil Rio auftauchte.«
»Und Terry hat ihn
niedergeschlagen!« entsann ich mich zornig. »Das ist eine Art, anderer Leute
Gäste zu behandeln...«
»Rio hat also die Leiche
irgendwann am frühen Morgen an den Strand gebracht«, fuhr sie ungerührt fort.
»Dann hat er heute nachmittag Anderson ermordet.«
»Johnny — und jemand ermorden!«
rief ich. »Wenn Sie das für möglich halten, dann sind Sie glatt verrückt!«
»Einer von beiden muß es getan
haben«, sagte sie. »Rio oder Vega.«
»Warum sollten die beiden denn
Anderson umbringen?« fragte ich.
»Eben das will ich ja
herausfinden«, sagte sie. »Ich möchte die beiden
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