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Täglich frische Leichen

Täglich frische Leichen

Titel: Täglich frische Leichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
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ständen noch vor seiner
Tür.
    Zu diesem Zeitpunkt begann ich,
mir ernsthaft Sorgen zu machen. Bis halb fünf rief ich alle Viertelstunde in
seiner Wohnung an, dann beschloß ich, etwas zu unternehmen. Das Dumme war nur,
ich wußte nicht, was. Hätte ich die Polizei informiert und gebeten, sich um das
Verschwinden eines Privatdetektivs zu kümmern, dann hätte man das womöglich für
einen dummen Witz gehalten. Und vielleicht war Johnny auch mit Dingen
beschäftigt, von denen die Polizei nichts erfahren durfte.
    Um fünf hielt ich es im Büro
nicht länger aus. Ich trug ein bißchen Lippenstift auf, nahm meine Handtasche
und hatte schon die Türklinke in der Hand, da klingelte das Telefon. Ich rannte
hin, riß den Hörer ab und rief: »Wo bist du denn den ganzen Tag gewesen?«
    »Rio Investigations ?«
forschte eine höfliche Stimme. Am liebsten hätte ich losgeheult, denn es war
gar nicht Johnny.
    »Ja«, erwiderte ich finster.
»Mavis Seidlitz am Apparat.«
    »Hier spricht Hal Anderson«,
erklärte die Stimme. »Erinnern Sie sich an mich?«
    »Worauf Sie sich verlassen
können«, antwortete ich kalt. »Sie sind der Mensch mit dem Bart und der dicken
Brille, der gestern abend Rafael geschlagen und uns
gezwungen hat, die widerliche alte Leiche zu Arturo zurückzubringen. Außerdem
haben Sie die Polizei informiert und...«
    »Jaja, ich weiß«, unterbrach er
mich ungeduldig. »Hören Sie zu: Es ist lebenswichtig, daß ich sofort mit Mr.
Rio Verbindung bekomme. Kann ich ihn sprechen?«
    »Sie können nicht«, belehrte
ich ihn. »Er ist nämlich nicht da.«
    »Wann erwarten Sie ihn zurück?«
    »Wenn ich das wüßte«, meinte
ich kläglich. »Er hat sich den ganzen Tag noch nicht blicken lassen, und ich
habe keine Ahnung, wo er steckt.«
    Er brummte etwas in seinen
Bart, dann sagte er: »Tja, mir bleibt keine Wahl, ich muß mich an Sie halten,
Miss Seidlitz.«
    »Das ist aber nett von Ihnen«,
meinte ich. »Und wie kommen Sie auf die Idee, daß ich Wert darauf lege?«
    »Sie müssen ganz einfach. Es
ist auch für Sie und Mr. Rio überaus wichtig. Ich kann es am Telefon nicht
erklären, Sie müssen herkommen.«
    »Also«, sagte ich, »ich weiß
nicht, ob...«
    »Ausgezeichnet!« rief er da und
nannte mir eine Adresse in Hollywood.
    »Es ist ein zweistöckiges
Haus«, erklärte er. »Ich wohne oben, und herauf führt eine Außentreppe. Kommen
Sie bitte geradewegs nach oben. Und falls Sie Mr. Rio zufällig unterwegs
treffen, bringen Sie ihn mit. Beeilen Sie sich. Miss Seidlitz, jede Minute ist
kostbar.« Er legte auf.
    Ich war mir in diesem
Augenblick nur über eines klar: Es wäre mir viel lieber gewesen, wenn Johnny
greifbar gewesen wäre. Wenn ich Rafaels Nummer gewußt hätte, dann hätte ich
wenigstens ihn anrufen können, aber ich wußte sie nicht. Und da Anderson die
Sache als derart dringend dargestellt hatte, konnte ich auch nicht erst nach
Beverly Hills fahren und mir Rafael zu Hilfe holen.
    Aber dann sagte ich mir: Zum
Donnerwetter, schließlich war ich Mavis Seidlitz und gleichberechtigte
Teilhaberin der Rio Investigations . Konnte ich nicht
allein mit solchen Situationen fertig werden? Das war doch wohl nicht das erste
Mal! Ich holte tief Luft und reckte entschlossen die Schultern — worauf mir ein
Trägerband riß.
    Auf der Straße winkte ich einem
Taxi und gab dem Fahrer die Adresse in Hollywood. Der Verkehr war dicht und
zähflüssig, und es dauerte höllisch lange. Genau dauerte es zwei Dollar und 85
Cent lang. Ich gab dem Fahrer einen Dime als Trinkgeld, was ihn zu einem
verächtlichen Blick auf die Münze und der abfälligen Bemerkung »Typisch
Hollywood!« veranlaßte.
    »Ich weiß«, entgegnete ich
schnippisch, »wo all die Filme gedreht werden.«
    Ich hielt das für eine
schlagfertige Bemerkung und war sehr mit mir zufrieden, als ich ausstieg. Auf
dem Bürgersteig stand überdies ein Jüngling vom Typ Bacchus, der möglicherweise
beim Aussteigen mehr von meinen Beinen zu Gesicht bekam, als es schicklich
gewesen wäre.
    Seine Augen verrieten
Interesse; er lächelte mich an, wobei er herrliche weiße Zähne entblößte und
mit einem Finger seinen Clark-Gable-Schnurrbart auffrisierte. »Hallo, Süße«,
sagte er mit jener tiefen, rauhen Stimme, bei deren
Klang ich mir immer vorkomme, als habe ich vergessen, den Unterrock anzuziehen.
    »Hallo«, sagte ich schüchtern
und wollte eben zurücklächeln, da rief dieser verdammte Taxifahrer: »He, Lady!
Sie haben Ihr Gebiß auf dem Rücksitz

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