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Taenzer der Nacht

Taenzer der Nacht

Titel: Taenzer der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Holleran
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Verkehrs un fall gestorben. Er war jetzt völlig frei, mit derselben Lust am Erfolg, mit der er Squash und Jura betrieben hatte, das eine zu verfolgen, das ihm bisher vorent hal ten worden war: Liebe.
    Denn Liebe – das fühlte er, wenn er die puerto rica nischen Jungen betrachtete, die vor seiner neuen Woh nung Limonadenflaschen ausluden – Liebe war das einzi ge, was im Leben zählte; ohne sie konnte man eigent lich nicht behaupten zu leben. Und so sah ihn der letzte Sonntagabend im August 1973 auf seiner Veranda sitzen wie ein Mönch, der endlich den Schrein von Santiago de Compostela erreicht hat – nicht Christus geweiht, an den er nicht mehr glaubte, sondern der Liebe.

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    W ie gespenstisch leer doch manche Gegenden von Manhattan in Sommernächten nach Sonnenuntergang sind: diese kopfsteingepflasterten Straßen, auf deren bläulichen Steinen kein Neonlicht reflektiert – höch stens eine vereinzelte Glühbirne über dem Eingang einer aufgegebenen Werkstatt, an einer Kreuzung, an der sich vier verlassene Lagerhäuser blind anstarren – Straßen, die eher New Orleans ähneln als New York, deren Bürgersteige überdeckt sind mit rostigen Metall planen, ähnlich den Veranden im Süden, aber alle ver lassen unter dem weißen Sommermond am glasigen Fluß. Wenn Seelen, über deren Zukunft noch nicht entschieden ist, wirklich in einem Zwischenraum zwi schen Himmel und Hölle in einem Vakuum namens Limbo warten, dann hielt sich Malone nach seiner Ankunft in New York in einem ähnlichen Bereich auf. In diesem ersten Sommer war er nur ein Geist: Saß bis spät in die Nacht in seinem Zimmer, badete in Schweiß, und hörte auf die häßlichen und durchdrin genden Geräusche im Haus. Eine Frau hustete neben an; jemand schob mitten in der Nacht ein verrottetes Fenster hoch, ein Mann schrie seine Frau an, die Toilet te rauschte, ein Radio stieß eine ununterbrochene Flut von Nachrichten aus. Wenn er in dieser Zeit abends in der Wall Street Nr. 245 ankam – wo er für einen Patent anwalt, den er nie sah, den Schriftverkehr des Tages erledigte – war das Finanzviertel genauso leer wie eine Fabrikhalle nach dem Heulen der Sirene, und die Männer zu ihren erotischen Träumen nach Hause geeilt. Wenn er das Büro verließ, war niemand mehr auf der Straße als Diebe und Homosexuelle, und er wanderte in ihrer Mitte.
    Er spazierte zögernd zwischen diesen dunklen Klum pen von Menschen hindurch, die sich auf leeren Indu strie grundstücken, in geparkten Lastwagen und schma len Gassen zusammenballten und Priapus unter dem Sommermond huldigten. Kein Wunder, daß er in den späten Sommernächten diese gespenstischen Plät ze durchwanderte: Er war erst auf halben Wege, gebo ren zu werden. Aus seinem früheren Leben war er aus gestiegen, hatte sein früheres Ich zusammen mit den Anzügen in einem Keller in Washington gelassen, und war jetzt ein Geist, der darauf wartete, durch die Liebe zum Leben erweckt zu werden. Er verliebte sich in Leute, von denen er nicht wußte, wie er sie kennen lernen konnte. Er fing an, Gesichter nur augenblicksweise in Restaurants, an Straßenecken und U-Bahn höfen gesehener Männer mit sich herumzutragen, und nährte sich von der mit ihnen vorgestellten Liebe wie eine Schabe von Krümeln. Und auch er wurde in frem den Herzen aufbewahrt, wie er aus Gesichtausdrücken las, die er überraschte, wenn er einmal plötzlich auf blickte. Und beinahe wäre er der großen Krankheit der Homosexuellen anheimgefallen – der Heiligkeit des Gesichts, das man nie anspricht – aber zum Glück für Malone erhielt dieser hoffnungslose Romantizismus keine Gelegenheit, sich weiter zu entwickeln, denn er lernte jemanden kennen und verliebte sich in ihn.
    Er stand gerade eines Nachts sehr spät auf einem U-Bahnsteig auf der Upper West Side, in der toten Stun de um vier Uhr morgens, als aus der Dunkelheit, in der Malone nach dem Zug Ausschau hielt, vier Männer auftauchten wie Bergarbeiter aus der Grube. Sie trugen Laternen, Drahtrollen und Besen, hatten orangefarbene Westen an, und einer von ihnen ließ Malones Herz einen Sprung machen. Er schaute Malone so ruhig, so still und aufrichtig an: es war, als ob das Mittelalter in seinen Augen lebte, als er mit seiner Laterne aus der Dunkelheit kam. Er schaute einmal zu Malone hin, und Malone schaute zurück, und dann stieg er mit den anderen Männern auf den Bahnsteig hoch – und einen Moment später tiefes Rollen und das Tuten eines Horns, und der Zug brauste in den

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