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Taenzer der Nacht

Taenzer der Nacht

Titel: Taenzer der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Holleran
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Tagebuch einzutragen, beendete Malones Bezie hung. Eines Nachts kam er von der Arbeit nach Hause und fand Frankie schweigend in der Mitte des Raumes stehen. Der Fernseher war abgestellt. Malone schaute in Frankies Gesicht und wußte sofort, was los war. Sein Tagebuch lag offen auf der Matratze. „Stimmt was nicht?“ stieß Malone hervor. „Wo warst du denn Mon tag nachmittag?“ fragte Frankie in der zornigen, harten Stimme eines Inquisitors. „Und wo Mittwoch nachmittag, als ich versuchte, dich anzurufen? Und wer sind George Dillow und Stanley Cohen? Du elendes Mist stück!“ sagte er und schlug Malone ins Gesicht und stieß ihn gegen die Wand. Und Malone dachte, mit der kühlen Distanz eines Mannes, der gerade aus seinem Autowrack geschleudert wurde, und jetzt auf der Böschung sitzt und sich fragt, warum er nicht zu Hause im Bett liegt: Aha, so läuft das also. Sie schlagen dich, sie sind eifersüchtig. Dramen der Eifersucht ... Denn er hatte sich immer gefragt, was wohl passieren würde, wenn Frankie je die Wut gegen ihn richten würde, die er entwickelt hatte, als einmal ein Lebens mittelhändler sich weigerte, einen Scheck von ihm an zu nehmen, oder an dem Nachmittag, als er am Telefon erfuhr, daß ein Bekannter von ihm andere Bekannte in New Jersey zum Drogenhandel verführt hatte. „Mann, der hat sein Todesurteil unterschrieben“, hatte Frankie gesagt. „Spätestens morgen wird er sich im Fluß wieder finden“, und Malone hatte ungläubig zugehört. Aber jetzt war Frankie hier, schlug ihn wieder und wieder ins Gesicht, stieß ihn gegen die Wand, trat ihn und boxte ihm in die Rippen. Er fing an, Malone richtiggehend zusammenzuschlagen, und Malone, der sich darüber klar war, daß eine befriedigende Erklärung nicht möglich war, und dem so schlecht war, daß er nicht zurückschlagen konnte und auch gar nicht woll te, rannte weg. Er rannte die Treppe hinunter, hinaus in die warmen leeren Straßen, und rannte weiter, so gut er mit seiner angebrochenen Rippe konnte, in eine dunkle Seitengasse in der Nähe der Bond Street und setzte sich hin, keuchte, weinte und wartete, bis er auf hörte zu zittern. Dann stand er auf und marschierte weiter nach Norden, bis er zu einer bevölkerten Gegend des Village kam, mit Kinos, noch offenen Geschäften und Restaurants voller fröhlicher Leute hinter Pflanzen und Schaufensterscheiben. Er setzte sich auf eine Stufe. Er hatte nichts, wo er hätte hin gehen können, nur Schmerzen an allen möglichen Stel len. Er saß da, ohne die Menschenmenge wahrzu neh men, die vor ihm auf der West Tenth Street entlang strömte.
    Und dann fiel ihm jemand auf: eine Herzogin mit Perücke, die aus der Hintertür eines Lagerhauses auf tauch te, in dem der „Magie-, Fantasie-und Traum welt ball“ gerade zu Ende ging. „Helfen Sie mir“, sagte Malone. „Mein Lieber“ , sagte Suther land, nachdem er kurz auf sein übel zugerichtetes Gesicht geschaut hatte, „das Haus Guiche wird den Ärmsten seiner Untertanen nie den Schutz seines Daches verweigern“, und er half Malone in ein Taxi. Sie fuhren eine Zeitlang schweigend, während Malone neben Sutherland lang sam zu Atem kam, obwohl seine Beine noch wie Espen laub zitterten. Keiner sprach. Sutherland bot Malone eine Zigarette an, Malone schüttelte den Kopf, und Sutherland rauchte schweigend und schaute von Zeit zu Zeit im Licht der vorbeirauschenden Straßen zu Malone hin, während sie nach Norden fuhren. Es war einige Zeit vergangen, seit er vor der Buchhand lung in Georgetown gestanden hatte und die Bücher über französische Kathedralen betrachtet hatte, und Malone sah jetzt nicht mehr so aus, als würde er in einer Sommernacht nichts besseres zu tun haben, als die Auslage einer Buchhandlung in Georgetown anzu schauen; er sah eher aus wie ein Bursche, der gerade mit glänzenden Augen vom Spielfeld in New Hamp shire kommt – allerdings ein ziemlich erschöpfter Fuß ballspieler jetzt, das Gesicht zerkratzt vom Kampf, der Ohrring versteckt unter einem dicken blonden Haar schopf. Malone würde immer dieses zweideutige Aus sehen haben, halb edel, halb roh, und es fesselte Suther land so sehr, daß, als das Taxi an seinem Wohn haus in der Madison Avenue hielt, er sich zu Malone umwandte und sagte: „Entschuldigen Sie bitte meine Frage – aber sind Sie käuflich?“
    Und Malone, ebenso höflich wie dieser Fremde, der unter einer weißen Perücke aus dem siebzehnten Jahr hundert in Brokat und Bergkristall eine Gauloise rau chend neben

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