Taeter wie wir
Schwulengehölz zerstritten, aus diesen Reihenhäusern, die sie bauten, nachdem das Sägewerk abgerissen worden war. Dort zogen alle möglichen Familien ein, wir wussten nicht, woher die kamen, Hvidovre oder aus welchen Orten auch immer. Schwulengehölz nannten wir das dort. Aber es gab natürlich auch alle möglichen Leute in unserem Alter, ungefähr genauso viele wie wir schon waren, die gingen alle in die Margretheschule und keiner kann sagen, warum wir uns mit denen zerstritten hatten. Es war einfach so gekommen. Es war der Sommer, bevor wir in die Achte kamen, und wir hatten ansonsten nichts anderes zu tun.
»Die müssen wir fertigmachen«, sagte Henk und darin waren wir alle mit ihm einig. Wir waren der Meinung, das wären die nervigsten Idioten auf der ganzen Welt dort. Wir fanden, sie sähen komisch aus, wir fanden, sie wären Spastiker.
Wir fuhren auf dem Rad um das Schwulengehölz herum, schnappten uns ein paar Jungsfahrräder und schmissen sie in den Bach. Dabei hatten wir keine Ahnung, ob die Räder überhaupt ihnen gehörten. Wir zerstörten ein paar Blumenbeete und fuhren selbst wie die Wilden durch die Straßen des Schwulengehölzes, um ihnen zu zeigen, dass wir absolut keine Angst vor ihnen hatten.
»Hallo!«, schrien wir, während wir davonbrausten, wir waren ein richtiger Haufen jubelnder Idioten. »Haaalllloooo!«
Später stießen wir auf dem Parkplatz, auf dem alle Bewohner des Viertels parkten, mit ihnen zusammen. Das ging ziemlich schnell vonstatten und nur mit den Fäusten, Martin kriegte eins aufs Auge verpasst, Niko verpasste einem von ihnen Nasenbluten, der Rest bestand aus Reißen an den Klamotten und einander zu Boden werfen, so ein Gerangel. Und dann zogen wir uns jeweils wieder zurück.
»Wir machen euch fertig!«, schrie Bogense oder Niko.
»Kommt doch her!«, schrien sie zurück.
»Das könnt ihr aber glauben, dass wir kommen!«
»Kommt doch!«
»Das tun wir auch!«
»Dann bis bald!«
»Wir sehen uns wieder!«
So schrien wir hin und her, wir hassten sie, wir konnten uns gut vorstellen, sie so richtig fertigzumachen, zu verprügeln und ihnen das Maul zu stopfen, wir johlten und schrien, wir stachelten uns mit dem Geschrei gegenseitig an, wir wussten, was wir aneinander hatten, wir verließen uns zu hundert Prozent aufeinander, wir waren nicht nurFreunde, wir waren Brüder, es gab keinen unter uns, der abhauen wollte, wir gehörten zusammen, wir waren eine Maschine, wir waren ein Tier, das war das Geilste, wir waren ein Schweinehund von einem Tier und wir würden diese Idioten vom Schwulengehölz fertigmachen, die Erwachsenen, die Säufer, die Weiber, die Wachleute, alle.
An diesem Abend passierte nichts weiter, sie zogen sich zurück, wir zogen uns zurück, und so endete alles still und friedlich. Später lernten wir zwei von ihnen kennen, die waren okay, der eine war sogar irgendwie mit Wilam verwandt, ihre Cousins kannten sich jedenfalls. Polizeilich verboten.
Unsere Lehrer und unsere Eltern erklärten uns natürlich die ganze Zeit, dass wir nicht zu viel trinken durften, dass wir nicht irgendwelchen Dreck rauchen sollten. Wilam bekam zu hören, dass er höchstens acht Gläser die Woche trinken dürfe, seine Tante arbeitete im Gesundheitszentrum und hatte seinen Eltern einen richtigen Vortrag über Alkoholismus und junge Menschen und Gehirnschäden gehalten.
»Hoho, Wilam, nicht mehr als acht Gläser«, grölten wir, wenn wir tranken, »vergiss das nicht!«
»Haltet die Schnauze«, sagte Wilam und trank.
Wenn Henk allein zu Hause war, konnte mansich gut in seinem Zimmer aufwärmen und etwas trinken. Dann war man jedenfalls drinnen und man konnte saufen, ohne dass sich jemand darum kümmerte. Volbeat und Rammstein hören, dass es in den Ohren klirrte, all so was. Oder sich wirklich high rauchen und übereinander liegen und Heavy Metal hören. Er hatte auch keine kleineren Geschwister, bei vielen von uns war das immer so verdammt nervig, diese Rotznasen, die ins Zimmer wollten, glotzten und alles Mögliche fragten, Schwestern mit schwachsinnigen Pullovern mit Micky Maus drauf, oder Wilam, bei dem gab es gleich zwei kleinere Brüder, die sich wie die Idioten aufführten und immer versuchten, durchs Schlüsselloch zu gucken, auch wenn wir Papier reingestopft hatten.
Einmal, als Henk allein zu Hause sein sollte, hatten wir Wodka von den polnischen Lkw-Fahrern gekauft, draußen bei der Shell-Tanke. Und Zigaretten. Wir hatten ausnahmsweise mal Geld und konnten voll
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