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Tag, an dem meine Schwester zur Dämonin wurde

Tag, an dem meine Schwester zur Dämonin wurde

Titel: Tag, an dem meine Schwester zur Dämonin wurde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: O Krouk
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seine Zwiegestalt – etwas abseits. Mit einer Hand ertastete sie ein Messer in ihrer Jackentasche. Sie konnte einen Ghul nicht erstechen, aber vielleicht konnte er sich selbst töten. Noch einmal schaute sie zur Zwiegestalt und rammte dann das Messer Abbas in den Bauch. »Das hier ist das Ende.«
    Die Zwiegestalt brüllte. Ihre Pranken fuhren durch die Luft, um nach ihrem Bauch zu greifen. Eine ihrer Klauen erwischte tatsächlich Abbas. Die messerscharfen Krallen gingen durch seinen Körper wie durch Butter. Die riesige Handfläche traf Zarah und wirbelte sie zusammen mit Abbas’ Körperteilen durch den Raum. Ihr Kopf knallte gegen etwas Hartes. Dann schlug sie mit dem Gesicht auf den Boden, und etwas Kantiges traf ihr Rückgrat.
    Schwärze verengte ihr Blickfeld, sie kämpfte dagegen an, lauschte in die plötzliche Stille. Sie musste wissen, ob Gallagher noch atmete.
    Licht.
    Engelslicht.
    Zwillingsbrüder, Zwillingsschwestern, Zwillingsbrüder.
    Hilf ihm . Bitte , flehte sie die schimmernde Gestalt an, die neben ihr schwebte. Er muss leben.
    Ich will ihm aber nicht helfen. Ich bin hier, um dir zu helfen. Du wirst leben, für mich.
    Ash, nein. Ihr Blick suchte Gallagher, aber das Leuchten raubte ihr die Sicht, brannte in ihren Augen.
    Ich kann dich nicht gehen lassen, Zarah. Wir werden immer zusammen sein. Ich in dir.
    Nein. Sie spürte nichts mehr, nicht einmal ihren eigenen Körper. Vielleicht hatte sie sich geirrt, und es war kein Engel, kein Ash – nur der Tod.
    Nein, wiederholte sie noch einmal. Gallagher!
    Vergiss ihn. Die silbern schimmernden Finger berührten ihre Stirn, glitten herab und schlossen ihr die Lider. Und schlaf.

»Eine neue Art von Denken ist notwendig, wenn die Menschheit weiterleben will.«
    Albert Einstein, dt. Physiker
    Das Ritual war fast vollbracht. Es fehlte nur eine Kleinigkeit – mein Tod. Es gibt nun einmal keine Auferstehung ohne den Tod. Ich wartete, bis der Mond im Zenit stand und es endlich an der Zeit war, sich mit der Magie für immer zu vereinen. Nicht magiegleich, sondern die Magie selbst zu werden.
    Ich richtete meinen Geist auf Alessa, die immer noch unter meinem Einfluss stand. Menschen zu lenken war ähnlich, wie niedere Fabelwesen zu kontrollieren, wie den Formwandler oder den Gluhschwanz damals. Ich spürte ihr mentales Sich-Aufbäumen, wie sie sich gegen mich auflehnte, mir zu entfliehen versuchte und sich mir ergab. Ihr Gesicht tauchte in meinem Blickfeld auf.
    Töte mich , befahl ich ihr.
    In den Augen der Menschen konnte man tatsächlich ihre Seelen sehen, stellte ich fest. Ich hörte die ihre stumm schreien.
    Befreie mich , schlug ich ihr vor.
    Zitternd erhob sich ihre Hand über meiner Brust. In ihrer Faust, die ich mit meinem Geist fest zusammendrückte, ein Messer. Sie kämpfte gegen meinen Zwang, aber sie war mir gnadenlos unterlegen. Ich hätte ihren Willen brechen, sie vernichten und nichts als eine leere Hülle zurücklassen können.
    Befreie mich!
    Ich spürte einen Stoß. Die Klinge versank bis zum Griff in meinem Fleisch, knirschte an den Rippen und spießte mein Herz auf. Die Sekunden dehnten sich, dann ließ mein Körper mich frei. Ich schlüpfte aus ihm wie aus einer alten Haut, mächtig und lebendig wie nie. Mein erbärmlicher Leib, der mich jahrelang mit seiner Schwächlichkeit peinigte, lag erschlafft da.
    Alessa kauerte neben mir und weinte. Weinte um mich.
    Dummes Kind.
    Ich formte aus der Magie meine irdische Gestalt und berührte sie sanft an der Schulter. Sie fuhr hoch, sah mich verstört an.
    »Was habe ich bloß getan?«, stammelte sie, streckte mir ihre Hände entgegen, in denen das Messer lag.
    Das Richtige. Natürlich das Richtige. Aber das würde sie leider nie einsehen können. So beugte ich mich zu ihr und küsste sie auf die Stirn.
    Das Messer fiel zu Boden. Sie atmete auf, erblickte meinen leblosen Körper und stieß einen erstickten Schrei aus. »Enya! Oh mein Gott, wer hat das getan?« Sie presste ihre Lippen auf meinen Mund, blies ihren Atem in meinen toten Leib.
    Ich redete in ihrem Geist. Behauptete, es sei Abbas gewesen. Er habe versucht, mich an sich zu binden, sei dabei gescheitert, und ich konnte nicht mehr gerettet werden.
    Sie nickte zu jedem meiner Worte. Dann entließ ich sie aus meiner Gewalt. Wenn jemand sie fragte, würde sie die richtige Geschichte erzählen.
    Auf dem Boden sah ich den Kristall mit der Fee, der wohl aus Zarahs Tasche herausgefallen war. Ich glitt darüber hinweg durch den Saal, Alessa würde ihn

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