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Tag, an dem meine Schwester zur Dämonin wurde

Tag, an dem meine Schwester zur Dämonin wurde

Titel: Tag, an dem meine Schwester zur Dämonin wurde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: O Krouk
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Haltung von Alessas Körper, der den Weg zur Treppe versperrte, auch.
    Vor Zimmer acht hielt sie an, legte eine Hand auf die Klinke, drückte diese leise herunter. Der Spalt gönnte ihr einen Blick auf seinen Rücken. Gallagher trat zum Fenster und schälte sich aus dem Pullover. Jetzt konnte sie etwas von seinem Profil erspähen, das gegen das Tageslicht wie ein Schattenriss wirkte. Keine verwirrende Schönheit. Nur Gallagher. So menschlich fern.
    Er begann, das Hemd aufzuknöpfen. Das Kleidungsstück glitt zu Boden. Im Licht- und Schattenspiel des Raumes zeichneten sich seine Muskeln ab, die kräftigen Schultern, das schmale Kreuz, die Linie des Rückgrats, die im Bund seiner Jeans verschwand.
    Sie dachte daran, wie er und sie eng umschlungen vor Tissans Haus gestanden hatten, wie ihre Hände den Weg unter seine Jacke gefunden und seine Wärme gespürt hatten. Diese Wärme spürte sie auch jetzt – sie sammelte sich in ihrem Bauch und floss in ihren Schoß, kitzelte ihr Herz und brannte auf ihren Wangen.
    Die Tür quietschte verräterisch, als Zarah sich unabsichtlich noch etwas mehr dagegenlehnte. Gallagher sah zu ihr. Er rührte sich nicht. Sagte kein Wort. Zarah glaubte sogar zu bemerken, wie er die Lippen fest aufeinanderpresste, als koste es ihn Überwindung, sie nicht davonzujagen.
    Sie betrat den Raum und schloss die Tür hinter sich.
    Er schnappte sich das Hemd und zog es rasch über. Trotzdem sah sie es: die Verbände, an der Schulter – blutgetränkt.
    »Vom Pferd gefallen?« Sie hastete zu ihm und öffnete sein Hemd. Die drei Knöpfe, die er schon zugemacht hatte, sprangen ab. »Du meinst, nachdem auf dich geschossen wurde, oder wie?«
    Er wich zurück. »Zarah …«
    »Was ist passiert?« Sie ertappte sich dabei, wie sie Gallaghers Hände festhielt, als er das Hemd wieder zuknöpfen wollte. »Und wehe, du lügst mich an.« Dann ließ sie ihn los, in der Befürchtung, ihm Schmerzen verursacht zu haben.
    »Ich bin doch noch da.« Er strich ihr über die vernarbte Wange. Sie spürte seine Wärme. An ihrer Haut. In seiner Stimme. »Was auch immer war, ich habe es überlebt.«
    »Es … es ist nur so … Ich weiß nicht, wie ich mich daran gewöhnen soll, Angst um einen Menschen zu empfinden.«
    Jetzt flackerte doch noch Schmerz in seinen Augen auf. Er trat einen Schritt zurück. »Danke, nicht nötig, mich daran zu erinnern.«
    Sie keuchte wütend. »Ich habe Angst, dich zu verlieren! Verstehst du das nicht? Ich habe Angst. Ich …«
    Jetzt war die Luft raus. Sie sank zu Boden und vergrub das Gesicht in den Händen. Ich liebe dich. Sie hatte es beinahe gesagt, stellte sie mit Entsetzen fest.
    Sie hörte, wie er sich neben sie setzte. »Zarah, ich …«
    Den klaren Kopf – den brauchte sie jetzt am meisten, besonders, wo er so nah neben ihr saß. Sie riss sich zusammen. »Erzähl mir, was passiert ist.«
    Er fuhr sich durch das Haar. »Ich fürchte, meine Tarnung ist aufgeflogen. Ein Aufseher-Trupp hat meine Wohnung gestürmt und ziemlich hässlich herumgeballert. Ich hatte Glück. Natürlich. Ich war nur ein wenig zu langsam.«
    »Wie schlimm haben sie dich erwischt?«
    »Schulter, Oberschenkel und ein Streifschuss an den Rippen. Wie gesagt, ich hatte Glück.«
    Sie schaute an ihm herab. Sein linkes Bein hielt er ausgestreckt. Durch das offene Hemd, das einen Teil seiner Brust und des Bauches entblößte, lugte der Mull der Verbände hervor. Ihr Blick schweifte zu seinem Gesicht. Er war so unerschütterlich, dass sie manchmal vergaß, wie verletzlich er war.
    Sie streifte ihm das Hemd von den Schultern.
    »Was machst du da?«, flüsterte er.
    »Ich will deine Verbände wechseln, was sonst? Wo ist ein Medizinschrank?«
    Sie bemerkte ihre Hand, die immer noch auf seiner gesunden Schulter lag, und zog den Arm zurück.
    »Alles Notwendige findest du hier in der Kommode.«
    Zarah beeilte sich, auf die Beine zu kommen. Sie machte die Schublade auf und inspizierte deren Inhalt. »Du scheinst sehr oft vom Pferd zu fallen, wenn ich die Ausrüstung hier betrachte.«
    Als sie zu ihm zurückkehrte und den Verband löste, erkannte sie sogleich, wie er sich bei diesen Verletzungen so fit geben konnte. Die dünne Haut, die die Wunde verschlossen hatte, war unter Alessas Schlag gerissen. Die durch Magie regenerierten Zellen zeigten sich meist noch wochenlang sehr empfindlich.
    Vorsichtig tupfte sie das Blut ab. Ein Wunder, dass die zusammengeflickten Sehnen und Muskeln keine Schäden davongetragen hatten. Im schlimmsten

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