Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Tag der Buße

Titel: Tag der Buße Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Faye Kellerman
Vom Netzwerk:
darüber überhaupt nicht reden.
    »Also öfter«, wiederholte Decker. »Hast du ihm jemals eins abgekauft, Yossie?«
    Der Junge begrub sein Gesicht in den Händen. Decker legte ihm einen Arm um die Schulter.
    »Yossie, ich werde deinen Eltern nichts erzählen, das verspreche ich dir. Wenn sie fragen, worüber wir geredet haben, sagst du, ein bißchen über Noam und ganz viel über Sport. Sag ihnen, der Stiefvater von Shmuli und Yonkie, der Cop, ist ein großer Dodgersfan, okay?«
    Yossie nickte.
    »Ich bin nicht hier, um dir Ärger zu machen«, sagte Decker. »Ich bin hier, weil ich Noam finden will, bevor ihm was Schlimmes zustößt. Bitte. Also, hast du jemals ein Pornoheft von ihm gekauft?«
    Der Junge schüttelte den Kopf.
    »Wo hattest du es denn dann her?«
    »Von ’nem Typ.«
    Halleluja! Ganz ruhig fragte Decker: »Was für ein Typ?«
    »Halt dieser Typ.«
    »Hat dieser Typ einen Namen?«
    »Hersh«, sagte Yossie.
    »Hersh«, wiederholte Decker. »Und hat Hersh auch einen Nachnamen?«
    »Weiß ich nicht.«
    »Also Hersh«, sagte Decker. »Weißt du, wo Hersh wohnt?«
    Yossie schüttelte den Kopf.
    »Also nein«, sagte Decker. »Woher kennst du diesen Hersh?«
    Yossie murmelte etwas Unverständliches. Decker bat ihn, es zu wiederholen.
    »Ich hab ihn in so ’nem Schnapsladen getroffen. Ich dachte, ich sollte mit Noam eine Flasche Wein für seine Familie kaufen. Dann hat Noam mir diesen Hersh vorgestellt. Ich wollte die Zeitschrift überhaupt nicht, aber ich wollte auch nicht wie ein Idiot dastehen. Also hab ich sie gekauft. Hat mich zehn Dollar gekostet.« Er blickte auf den Boden. »Mann, war ich bescheuert.«
    »Wir lassen uns alle mal zu irgendwas verleiten«, sagte Decker. »Das passiert jedem. Deshalb brauchst du kein schlechtes Gewissen zu haben. Im Gegenteil, du solltest froh sein, daß du mir helfen kannst. Das ist eine Mitzwa. Du machst das gut. Kannst du mir sagen, welcher Schnapsladen das war?«
    »An den Namen kann ich mich nicht erinnern«, sagte Yossie. »Es war im schwarzen Teil von Crown Heights, hinterm Empire Boulevard.«
    »Hersh ist aus Crown Heights?«
    »Ich weiß nicht.«
    »Hersh ist ein jüdischer Name«, sagte Decker. »Also nehm ich an, daß Hersh Jude und nicht schwarz ist.«
    »Genau«, sagte Yossie. »Kann sogar sein, daß er mal frumm – religiös – war, denn er scheint Jiddisch zu können. Aber jetzt ist er ganz bestimmt nicht mehr frumm. Ich war echt wütend auf Noam, weil er mich dorthin gebracht hat. Ich hab Verwandte in Crown Heights. Wenn die mich in dem Laden mit diesem Hersh gesehen hätten, dann wär’s mir ganz schön übel ergangen.«
    »Wie sieht dieser Hersh aus?« fragte Decker.
    »Er ist ungefähr zwanzig … oder einundzwanzig.« Der Junge kniff die Augen zusammen. »Er ist dunkel und nicht sehr groß.«
    »Laß uns Schritt für Schritt vorgehen«, sagte Decker. »Steh auf.«
    Der Junge gehorchte.
    »Okay.« Decker stellte sich gerade hin. »Bis wohin würde er mir gehen?«
    Yossie dachte einen Augenblick nach, dann legte er eine Hand an Deckers Schulter.
    Ungefähr einsfünfundsiebzig bis einsachtundsiebzig.
    »Okay«, sagte Decker. »Glattrasiert?«
    Yossie nickte.
    »Gut«, sagte Decker. »Mit dunkel meinst du dunkle Augen, dunkle Haut, dunkle Haare …«
    »Dunkle Haare und dunkle Augen. Er ist nicht so dunkel wie ein Iraner oder so. Er ist ganz normal weiß.«
    »Das läuft ja phantastisch. Er ist also glattrasiert, hat dunkle Haare und dunkle Augen. Hat er vielleicht Akne oder irgendwelche Leberflecken oder Warzen …«
    »Ich glaube nicht.«
    »Laß uns mal was probieren«, sagte Decker. »Diese Methode wende ich ständig bei meinen Zeugen an. Hast du Lust, in diesem Fall mein Starzeuge zu sein?«
    »Klar«, sagte Yossie. »Ich mein, ich hab nichts dagegen.«
    Decker unterdrückte ein Lächeln. »Schließ die Augen, Yossie, und stell dir Hershs Gesicht vor.« Er wartete einen Augenblick. »Beschreib mir die Stirn – ist viel davon zu sehen, oder wenig …«
    »Hohe Stirn.«
    »Die Augenbrauen?«
    Der Junge kniff konzentriert die Augen zusammen.
    »Versuch nichts zu erzwingen, Yossie«, sagte Decker. »Entspann dich. Laß es einfach kommen. Wenn du dich nicht daran erinnerst, macht es auch nichts.«
    »Ich kann mich nicht an seine Augenbrauen erinnern«, sagte Yossie.
    »Okay«, antwortete Decker. »Seine Nase …«
    »Groß.«
    »Lang, breit, eine Knollennase …«
    »Lang und breit.«
    »Gut. Die Wangen.«
    »Ganz normale Wangen.«
    »Voll? Hager?

Weitere Kostenlose Bücher