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Tag der Buße

Titel: Tag der Buße Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Faye Kellerman
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aufgebrachter Lubawitscher Chassid könnte mich mit einem tödlichen Fluch belegen?«
    »Ich arbeite nicht mit meiner Frau zusammen.«
    Rina starrte ihn an. »Das ist so was von lächerlich, darauf geb ich überhaupt keine Antwort.«
    Decker lächelte. »Das ist dein gutes Recht, Darling.«
    »Wir wollen doch beide Noam finden«, sagte Rina. »Und es sind auch meine Flitterwochen, die davon betroffen sind. Ich sehe dich kaum, weil du so viel arbeitest. Laß mich doch wenigstens mit dir fahren, damit ich nicht vergesse, wie du aussiehst.«
    »Jetzt versucht sie mir ein schlechtes Gewissen zu machen«, sagte Decker.
    »Ich bin im Zimmer, Peter. Du brauchst über mich nicht in der dritten Person zu sprechen.«
    »Okay, okay.« Decker schwieg eine ganze Zeitlang. »Na schön, du kannst mit mir fahren. Ich würd mich ehrlich gesagt auch über deine Gesellschaft freuen. Aber du mußt mir versprechen, daß du dich zurückhältst, wenn die Situation anfängt, haarig zu werden.«
    »Ich bin schon einige Male in schrecklichen Situationen gewesen«, sagte Rina, »und ich denke, ich hab sie ganz gut überlebt.«
    »Hier geht es nicht um deine Fähigkeit zu überleben, Honey«, sagte Decker. »Ich verteidige ganz einfach meine Interessen. Mein Zuhause – unser Zuhause – ist meine Zuflucht, ein Ort, wo ich meine Arbeit vergessen kann. Aber wenn ich mit dir zusammenarbeite, Rina, kann ich das nicht. Verstehst du, was ich meine?«
    »Ja, natürlich. Ich weiß ja auch, wie ungern du mit mir über deine Fälle sprichst. Wenn du nicht über die Arbeit reden willst, wenn du Angst hast, mich damit zu belasten oder unser trautes Heim zu stören, kann ich das verstehen. Und das ist auch in Ordnung so. Gott sei Dank hast du Marge, um dich beruflich abzureagieren.
    Aber das hier ist eine besondere Situation. Ich kenne die Familie und bin persönlich betroffen. Aber da läuft noch was ganz anderes ab. Diese ganze Frieda-Levine-Geschichte muß dir einfach zu schaffen machen. Und außer mir ist niemand da, dem du dich anvertrauen kannst. Ich möchte nur bei dir sein, falls du mal eine Schulter zum Anlehnen brauchst.«
    Decker lächelte sie schwach an, dann wandte er den Blick ab. Verdammt, war die Frau einfühlsam. Diese Rundgänge mit Ezra und Shimon, die Gespräche mit Jonathan hatten etwas in ihm aufgewühlt, von dem er nie gewußt hatte, daß es da war. Sobald er anfing, ernsthaft darüber nachzudenken, wurde ihm ganz schwindlig und elend. Dann wiederum haderte er mit sich selbst, weil er so empfand. Er hatte doch Eltern, er hatte einen Bruder - was, zum Teufel, kümmerte es ihn, wie diese Fremden über ihn dachten? Dennoch hatte ihn kaum merklich dieses Gefühl der Zugehörigkeit ergriffen.
    Er streckte die Arme nach Rina aus wie ein armer Mann, der um Almosen bettelte. Sie war sein Herzschlag, der ständige rhythmische Impuls, der ihm Leben einflößte. In ihren Armen fand er die Geborgenheit, die er sich immer gewünscht hatte.
     
    Selbst wenn man ein bißchen Sucherei mit einrechnete, nahm Decker an, daß er mit dem Auto nicht länger als zwanzig Minuten von Boro Park nach Crown Heights brauchen würde. Nach einer halben Stunde war ihm klar geworden, daß er von »L. A.-Fahrzeiten« und nicht von »New-York-Fahrzeiten« ausgegangen war. Die Straßen waren schmal und voller Schlaglöcher, auf beiden Seiten parkten Autos in Zweierreihen, und überall liefen Fußgänger herum, die nichts von roten Ampeln hielten.
    Zumindest hatte er in Jonathans Auto genügend Platz, weil der – genau wie Decker – sehr lange Beine hatte. Jonathan war so freundlich gewesen, ihm das Auto noch einmal zu leihen.
    Erst nach einer Stunde, nachdem er sich durch mehrere Verkehrsstaus gequält hatte, dreimal um den Prospect Park gefahren und bereits auf dem Eastern Parkway gelandet war, fand Decker schließlich den Empire Boulevard. Nach L. A.-Maßstäben war das nicht gerade eine große Straße, aber immerhin war der Boulevard zwei Meilen lang. Außerdem schien er eine Art Trennlinie zu sein. Es gab zwar einige jüdische Geschäfte, aber sehr viel mehr weltliche Etablissements – einen Doughnut-Laden, eine Pizzeria, einen kleinen Supermarkt namens L. A. Special, der nichts mit L. A. zu tun hatte oder auch nur in irgendeiner Weise was Besonderes war. Man verkaufte Süßigkeiten, kaltes Bier und Cola, fand das aber offenbar bemerkenswert genug, um dafür groß zu werben. Auf dem Empire Boulevard gab es außerdem mehrere Läden, die Videos verkauften und

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