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Tag der Entscheidung

Tag der Entscheidung

Titel: Tag der Entscheidung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond E. Feist
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Teil des Zeltes und verschmolz dort mit den Schatten.
    Der Magier erschien in der Mitte des ersten bereits entrollten Teppichs. Leuchtendrotes Haar quoll unter seiner Kapuze hervor, und er schien sich nichts aus den Seidenkissen zu machen, auf die er trat, als er sich dem Lord der Anasati näherte. Die Blicke seiner blassen, aber scharfen Augen schossen hin und her, bis sie schließlich auf dem Lord ruhten, der inmitten der einzelnen Teile seiner Rüstung stand und wartete.
    »Mylord von den Anasati«, grüßte ihn Tapek von der Versammlung der Magier. »Ich bin als Delegierter geschickt worden, Euch aufzufordern, in der Heiligen Stadt zu erscheinen. Truppen haben Aufstellung bezogen, und um des Wohls des Kaiserreichs willen verlangt die Versammlung eine Erklärung, um den Ausbruch eines offenen Krieges zu verhindern.«
    Froh darüber, daß die nassen Haare verbargen, daß er zu schwitzen begonnen hatte, hob Jiro sein Kinn und verbeugte sich mit tadelloser Ehrerbietung. »Euer Wille geschehe, Erhabener. Die Anasati werden Euer Edikt nicht brechen. Doch ich erlaube mir, auf eines hinzuweisen: Wenn ich dort hingehe – wer wird dann dafür sorgen, daß Mara von den Acoma und ihr Ehemann von den Shinzawai das Edikt einhalten, das einen bewaffneten Konflikt verbietet?«
    Tapek runzelte die Stirn. »Das geht Euch nichts an, Lord Jiro! Erdreistet Euch nicht, danach zu fragen.« Obwohl der Erhabene das Anliegen der Anasati alles andere als unsympathisch fand, mißfiel ihm der Gedanke, daß irgendein Lord es wagte, auch nur dem Schein nach Einwände zu äußern. Doch als Jiro ehrerbietig den Kopf senkte, gab Tapek nach. »Lady Mara hat ebenfalls eine solche Aufforderung erhalten. Sie wird genauso in Kentosani erscheinen müssen. Wie Ihr hat sie zehn Tage Zeit, dem Befehl nachzukommen. Einen Tag nach dem Ende der Trauerzeit werdet Ihr beide mit Mitgliedern der Versammlung zusammentreffen und Euer Anliegen vortragen.«
    Jiros Gedanken rasten; er unterdrückte ein zufriedenes Lächeln. Zehn Tage würden Mara selbst bei einem schnellen Marsch kaum genügen, die Heilige Stadt zu erreichen. Seine Position war näher, denn er war nicht bei der Hauptarmee im Süden, wo alle ihn vermuteten, sondern an diesem verborgenen Ort in der Nähe Kentosanis, wo er sich auf die geplante Belagerung vorbereitete. Mara würde sich unglaublich beeilen müssen, die Forderung der Versammlung einzuhalten, während er einen Spielraum von mehreren Tagen hatte, seinen Vorteil auszunutzen. Um die Richtung seiner Gedanken zu verbergen, meinte der Lord der Anasati: »Dies sind unsichere Zeiten, Erhabener. Das Reisen auf den Straßen ist für keinen Lord sicher, wo sich jeder zielstrebige Edle mit seiner Armee hier herumtreibt. Ihr habt Mara zwar jeden Angriff auf mich verboten, aber das betrifft nicht ihre Verbündeten und diejenigen, die ihr wohlgesonnen sind. Und viele Freunde des verstorbenen Kaisers haben politische Gründe, mich – den Anführer der Traditionalisten – liebend gern tot zu sehen.«
    »Das ist wahr.« Tapek machte eine großherzige Geste. »Ihr habt die Erlaubnis, mit einer Ehrengarde zu reisen, damit für Eure Sicherheit gesorgt ist. Wenn Ihr die Heilige Stadt erreicht, dürft Ihr einhundert Krieger mit hineinnehmen. Da die Kaiserlichen Weißen in der Stadt noch immer für Ordnung sorgen, sollte diese Anzahl als Schutz gegen Attentäter genügen.«
    Jiro verbeugte sich tief. »Euer Wille geschehe, Erhabener.« Er verharrte in der ehrerbietigen Pose, während ein summendes Geräusch Tapeks Verschwinden ankündigte. Als er sich erhob, saß Chumaka wieder auf den Kissen; zwischen einigen Schlucken Tee befreite er sie von dem Staub, den der Magier zurückgelassen hatte. Seine Haltung war unergründlich, ganz und gar nicht so, als wäre gerade hoher Besuch dagewesen; nur eine diebische Befriedigung rötete das zerfurchte Gesicht des Ersten Beraters.
    »Warum seid Ihr so selbstzufrieden?« wollte Jiro wissen, während er einem Diener die trockene Robe beinahe aus der Hand riß. Der Lord trat über seine abgelegte Rüstung und ließ sich nach einem kurzen Blick, ob sein Kissen auch sauber war, mit gekreuzten Beinen seinem Berater gegenüber nieder.
    Chumaka stellte seine Tasse ab und griff nach der Teekanne, um seinem Herrn seelenruhig etwas einzugießen. »Beauftragt Euren Läufer, den Erben der Omechan zu holen.« Der Erste Berater reichte dem Lord den Tee, dann rieb er sich in freudiger Erwartung die Hände. »Unser Plan entwickelt sich

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