Tag der Entscheidung
sehr zufriedenstellend, Mylord! Und die Versammlung hat uns dabei – ohne es zu wissen – sehr geholfen.«
Jiro nahm den Tee, als wäre er eine übelriechende Medizin. »Ihr weicht schon wieder aus«, warnte er, doch er war klug genug und schickte sofort seinen Boten mit dem Auftrag los, den Chumaka vorgeschlagen hatte.
Als der Bote gegangen war, blinzelte Jiro über den Rand seiner Tasse hinweg zu seinem Berater und trank dann einen Schluck.
»Wir werden in vier Tagen mit einhundert meiner besten Krieger innerhalb der Mauern Kentosanis sein«, sagte er. »Was sonst habt Ihr ausgebrütet?«
»Große Taten, Mylord.« Chumaka hob eine Hand und zählte die einzelnen Punkte an den Fingern ab. »Wir werden dieses Lager verlassen und nach Kentosani aufbrechen, in genauester Übereinstimmung mit dem Befehl des Erhabenen. Vorausgesetzt, daß Mara sich fügsam verhält – wovon wir ausgehen können, denn wenn sie es nicht tut, ist sie durch die Hand der Versammlung so gut wie tot, und wir haben gewonnen – also, vorausgesetzt, daß sie nicht dumm ist, wird sie sich trotzdem noch einige Tagesmärsche südlich von Kentosani befinden, wenn wir bereits innerhalb der Mauern stehen und uns heimlich auf den Überfall des Kaiserlichen Viertels vorbereiten.« Chumaka grinste und drückte den Daumen gegen den Ringfinger. »Der Kommandeur der Omechan beginnt in der Zwischenzeit auf Befehl seines Lords mit der Belagerung der Heiligen Stadt, wie wir es die ganze Zeit geplant hatten. Doch es gibt dank der freundlichen Unterstützung der Versammlung eine Verbesserung: Ihr, Mylord, seid unschuldig, was diesen Angriff betrifft, aber innerhalb der Mauern. Sollten die Magier sich über den Bruch des kaiserlichen Friedens beschweren, habt Ihr damit nichts zu tun. Schließlich kann man Euch nicht für eine von vielen Edlen unterstützte Bewegung verantwortlich machen, die Euch auf den Thron setzen will. Doch wie bedauerlich für die Kaiserlichen Wachen, daß sich die alten Mauern tatsächlich als schwach erweisen werden! Eine Bresche wird hineingeschlagen, und ein Kriegsherr nimmt die Straßen ein.«
Chumakas Augen blitzten. Mit nicht ganz so offensichtlicher Begeisterung, dafür aber einer beinahe zynisch wirkenden Vorsicht setzte Jiro seine Teetasse ab. »Unsere Verbündeten unter dem Befehl der Omechan dringen in das Kaiserliche Viertel ein«, führte Chumaka seine Pläne weiter aus. »Maras Kinder erleiden einen unglückseligen Unfall, und siehe da, die kaiserliche Trauerzeit ist beendet, und es gibt einen neuen Kaiser auf dem Goldenen Thron, wenn Lady Mara nach Kentosam kommt. Sein Name ist Jiro.«
Jetzt wurde aus Jiros unterschwelliger Verachtung offene Gereiztheit. »Erster Berater, Eure Ideen haben einige Fehler. Wenn ich sie Euch aufzeigen dürfte?«
Chumaka neigte seinen Kopf, doch seine Begeisterung war wie aufgeschüttete Kohle, die sich in jedem Augenblick zu einem Leuchtfeuer entzünden konnte. »Mara«, mutmaßte er. »Ich habe nicht an die Acoma-Hexe gedacht, die Ihr so gerne tot sehen wollt.«
»Ja, Mara!« Müde, mit seinem Berater Unterhaltungen zu führen, die manchmal so verwickelt waren wie seine Taktik beim Shah-Spiel, ließ Jiro seiner Verärgerung freien Lauf. »Was ist mit ihr?«
»Sie wird tot sein.« Chumaka ließ eine dramatische Kunstpause entstehen, während er seinen Körper etwas verlagerte, damit ein Diener hinter ihm einen anderen Teppich auf dem Boden ausbreiten konnte. Dann meinte er: »Glaubt Ihr, daß die Versammlung ruhig zusieht, wenn ihre Truppen Eure Hauptarmee bei Sulan-Qu angreifen?«
Jetzt hielt Jiro den Atem an. »Die Erhabenen werden sie für mich töten!« Er beugte sich vor, vergoß beinahe den Tee auf dem Tisch. »Aber das ist ja phantastisch! Ihr glaubt, wir können sie zu einem Angriff bringen?«
Chumaka lächelte zufrieden und goß sich eine zweite Tasse Tee ein. Seine Zähne blitzten in dem dämmrigen Licht. »Ich weiß es«, versicherte er. »Es geht um das Leben ihrer Kinder, und sie ist eine Frau. Sie wird alles riskieren, um ihre Kinder zu verteidigen, verlaßt Euch darauf. Und wenn sie nicht angreift, werden Eure Truppen im Süden ihr Lager abbrechen und um die Linien der Acoma herummarschieren, um Eure neu errichtete Herrschaft durch Kontrollen im Land außerhalb der Mauern Kentosanis zu unterstützen. Dies alles wird ihr ganz sicher auch ihr schlauer Supai erklären, denn es wird die Wahrheit sein.«
Amüsiert über die damit verbundenen Folgen, grinste jetzt auch Jiro.
Weitere Kostenlose Bücher