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Tag der Entscheidung

Tag der Entscheidung

Titel: Tag der Entscheidung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond E. Feist
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einstudierten Maske der Höflichkeit.
    Motecha blickte von einem Gesicht zum anderen, doch er sagte nichts. Seine Kollegen schwiegen. Der Verdacht, daß Mara einige der bestgehüteten Geheimnisse der Versammlung enthüllt hatte, Geheimnisse, die zu kennen für Außenstehende gleichbedeutend mit dem Todesurteil war, sorgte für eine überaus gespannte Atmosphäre. Nicht einmal Hochopepa und Shimone hatten leugnen können, daß die Bereitschaft der Cho-ja, ihr Unterschlupf zu gewähren, Schlimmes vermuten ließ: daß sie möglicherweise eine Rebellion angezettelt hatte, den Bruch eines Vertrages, der seit Tausenden von Jahren existierte. So überzeugend Shimone und die anderen auch argumentiert hatten, daß die Gute Dienerin des Kaiserreiches eine ordentliche Anhörung verdiente, bevor ihr Leben als verwirkt betrachtet wurde, waren ihre Bemühungen dieses Mal doch überstimmt worden.
    Die Versammlung hatte abgestimmt. Maras Hinrichtung war jetzt kein Punkt mehr, über den es noch zu diskutieren galt.
    Nur wenige würden allein gegen die Gute Dienerin vorgehen, doch Tapek hatte es getan – mit schlimmen Folgen. Manche Magier fuhren jetzt schon vor bloßen Schatten zusammen, so sehr setzte ihnen die Befürchtung zu, daß ihr privilegierter Status gefährdet war. Jetzt ging es um mehr als nur den Übereifer eines Schwarzgewandeten. Hochopepa und Shimone wechselten verständnisvolle Blicke. Auf ihre Weise hatten sie Mara, die viel Gutes für das Kaiserreich erreicht hatte, bewundert.
    Doch jetzt war sie zu weit gegangen. Der füllige Magier befand sich in einem inneren Konflikt: Seine Loyalität gegenüber der Versammlung und dem Eid, den er ihr geschworen hatte, als er die schwarze Robe anlegte, widersprach den verführerisch frischen Ideen, die zum großen Teil jenen ketzerischen Gedanken entsprangen, die der Barbar Milamber mit ihm geteilt hatte.
    Hochopepa schätzte das Vermächtnis seiner Freundschaft mit Milamber. Im Laufe der Jahre hatte der tsuranische Erhabene seine Künste immer häufiger in den Dienst der gewöhnlichen Menschen gestellt. Jetzt, da Veränderungen bevorstanden, die selbst für sein fortschrittliches Denken zu groß waren, wünschte er sich mehr Zeit. Hochopepa wollte klar und überzeugt entscheiden können, was er für den richtigen Weg hielt: mit Motechas Gruppe an Maras sofortiger Vernichtung arbeiten oder ihrem Ruf nach Reformen folgen und das Undenkbare in Erwägung ziehen – sich dem Beschluß der Versammlung entgegenzustellen, vielleicht sogar ihr Leben zu retten.
    Und dann war plötzlich Shimone mit einem raschen Schritt bei ihm am Fenster und warf Hochopepa einen eindringlichen Blick zu. Der schluckte seine Leckerei hastiger hinunter, als er vorgehabt hatte.
    »Du spürst es auch, nicht wahr?« fragte der fette Magier Shimone.
    »Was denn?« unterbrach Motecha. Und dann schwieg er, als auch er bemerkte, was die anderen aufgeschreckt hatte.
    Ein schleichendes Frösteln durchdrang die Luft, nicht einfach nur Kühle, auch nicht das feuchte Gefühl, das durch Unsicherheit entstand. Jeder der Magier wußte, daß es unzweifelhaft das unterschwellige Prickeln von Magie war.
    Shimone brachte die Sache auf den Punkt. »Jemand wirkt einen Verteidigungsbann!« verkündete er knapp.
    Hochopepa stand unbeholfen auf. »Es ist kein Schwarzgewandeter, der diese Beschwörung erschafft.« Sein Zugeständnis kam zögernd, als wünschte er zutiefst, daß er etwas anderes behaupten könnte.
    »Die Cho-ja!« rief Motecha. Sein Gesicht färbte sich purpurrot. »Sie hat Magier aus Chakaha mitgebracht!«
    Chaos brach in dem kleinen Zimmer aus, als die anderen Erhabenen mit finsteren Mienen aufstanden. Dem Kaiserlichen Kanzler blieb nichts anderes übrig, als sich in der schmalen Lücke hinter dem Tisch außerhalb ihrer Reichweite aufzuhalten, doch niemand beachtete sein Unbehagen.
    »Dafür wird Mara sterben!« fuhr Motecha fort. »Sevean, ruf sofort Unterstützung herbei.«
    Selbst Hochopepa äußerte keine Einwände gegen diesen Befehl. »Beeil dich«, drängte er Shimone, und während sich der Zorn der versammelten Schwarzen Roben zu kochender Wut hochpeitschte, waren der fette Magier und sein schlanker Kamerad bereits aus der Tür.
    Der Korridor war leer. Selbst die Bediensteten waren geflohen. »Mir gefällt das nicht.« Hochopepas Worte hallten unter dem gewölbten Dach. »Ich habe in der Tat den deutlichen Eindruck, daß sich der Hohe Rat zu mehr als nur einer unerlaubten Sitzung trifft.«
    Shimone sagte

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