Tag der Entscheidung
selbst?« Ihre Stimme wurde leiser, kaum mehr als ein drohendes, anklagendes Zischen. »Hochopepa, wie kann so etwas obszön sein – für eine Körperschaft von Männern, die Kinder mit magischen Kräften tötet, weil sie weiblich sind?«
Die Enthüllung verschlug einigen Schwarzgewandeten vor Schreck den Atem. Motecha wirbelte herum und deutete auf einen nahe stehenden Soldaten. »Tötet sie«, ordnete er an. »Ich befehle es Euch.«
Der Kommandeur der Kaiserlichen Weißen trat mit halbgezogenem Schwert vor Mara. »Ich werde den ersten Mann, sei er Soldat oder Magier, niedermachen, der die Gute Dienerin bedroht, und wenn ich dabei sterben sollte. Mein Leben und meine Ehre sind dem Schutz der Kaiserlichen Familie gewidmet. Bei den Göttern, ich werde meine heiligste Pflicht nicht vernachlässigen.«
Motecha schrie nicht, aber Energie strahlte in Wellen von ihm aus, als er verlangte: »Tretet beiseite!«
Der Kaiserliche Kommandeur hielt dem autoritären Blick des Magiers stand. »Das werde ich nicht tun, Erhabener.« Er machte mit der Hand ein Zeichen.
Andere weißgekleidete Krieger umringten das Podest. Ihre Rüstungen waren der Zeremonie angemessen, doch die Klingen waren scharf und blitzten im düsteren Licht auf, als sie in einer einzigen geschmeidigen Bewegung die Schwerter zogen. Akani stürzte vor und hielt den Krieger fest, der aus Angst vor Motecha gehorchen wollte. »Nein, warte.«
Motecha ging auf seinen Kollegen zu, als würde er einem Feind gegenübertreten, der seinen Tod beschlossen hatte. »Ihr widersetzt Euch dem Gesetz!«
»Ich würde es immer noch vorziehen, den Kaiserlichen Palast nicht in ein Schlachthaus zu verwandeln, wenn es Euch nicht stört.« Der junge Magier zuckte mit einem Blick auf Mara ironisch die Achseln. »Gute Dienerin, wir haben uns festgefahren.« Er deutete auf die Erhabenen hinter sich, von denen viele begierig darauf warteten, daß der Angriff auf sie freigegeben wurde – und auf die hundert Kaiserlichen Weißen und zwei Cho-ja-Zauberwirker, die möglicherweise die Fähigkeit besaßen, sie zu schützen. »Wenn wir nicht bald eine Lösung finden, werden viele sterben.« Er lächelte trocken. »Ich weiß nicht, ob wir Eure Cho-ja-Freunde beim Wort nehmen oder prüfen sollten, wessen magische Fähigkeiten größer sind.« Er warf einen Blick auf Motecha. »Doch angesichts der Schwierigkeiten beim Betreten dieser Halle habe ich eine dunkle Ahnung von dem Desaster, das daraus entstehen könnte.« Er betrachtete wieder Mara, nicht ganz ohne Warmherzigkeit. »Ich zweifle nicht daran, daß Ihr leben und die Entwicklung Eures Sohnes bis zum Erwachsenenalter begleiten wollt.« Er seufzte. »Es sind einige in der Versammlung, die ihr Leben damit verbringen würden, Euch für diese Rebellion sofort auszulöschen«, räumte er ein. »Andere bevorzugen Frieden und warten auf die Gelegenheit herauszufinden, was die Cho-ja-Kollegen zur Erweiterung unserer Künste anbieten können. Ich ermahne jeden Menschen und Magier, einen Schritt zurückzutreten und von sinnloser Zerstörung abzulassen, bis wir wirklich alle anderen Möglichkeiten erschöpft haben.«
Der Cho-ja-Magier links von Mara plusterte die Flügel auf; sein Kamerad tat es ihm gleich und meinte: »Dabei könnten wir helfen.« Er fügte einen Zauberspruch in seiner eigenen Sprache hinzu und gestikulierte mit den kurzen Vorderarmen. Eine unsichtbare Störung schien durch das Zimmer zu ziehen, und die Spannung zwischen den Gegnern begann nachzulassen.
Motecha bemühte sich, seine Wut zu erhalten. »Kreatur!« schrie er. »Hör auf damit …« Doch die Worte blieben ihm im Halse stecken. Gegen seinen Willen entspannte sich sein verzerrtes Gesicht.
»Magier, die Wut vernebelt Eure Gedanken. Laßt Frieden mein ewiges Geschenk an Euch sein«, schalt der Cho-ja-Magier sanft.
Akani betrachtete den wunderschön markierten Rückenpanzer, auf dem die lichtdurchlässigen Flügel jetzt wie ein Schleier ruhten. Seine Schultern entspannten sich. »Obwohl ich unsere Tradition verehre«, gestand er mit einem Blick auf seine Kameraden, »erkenne ich auch, was ich in diesen Botschaftern aus Chakaha spüre. Betrachtet sie genau. Sie bringen uns etwas … Seltenes.« Er wandte sich jetzt direkt an Motecha: »Ihre Gegenwart ist kein Angriff. Wir sind Narren, wenn wir uns ohne nachzudenken an Traditionen klammern und nicht die Wunder erforschen, die sich uns bieten.«
Hochopepa drängte sich nach vorn. »Ja, ich fühle es auch.« Er seufzte.
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