Tag der Entscheidung
es für ihn getan.«
Müde bis auf die Knochen, aber voller Mitgefühl schüttelte Mara den Kopf. »Ich habe nichts davon für Arakasi getan – obwohl er wieder und wieder für meine Familie Opfer gebracht hat.«
Kamlio sah nicht überzeugt aus. Mara zog das Ende einer Decke um die Schultern und setzte sich auf ihr eigenes Bett. Sie blickte das Mädchen an. »Du bist meinem Supai zu nichts verpflichtet.« Die Lady der Acoma gestikulierte leidenschaftlich. »Ich wiederhole dies, bis du alt und taub bist, wenn es sein muß, oder bis du es mir endlich glaubst.«
Stille folgte Maras Versuch, humorvoll zu sein. Das Zischen der Kohle im Herd vermischte sich mit dem Wind, der um die Dachvorsprünge heulte. Im thurilischen Hochland wehte unaufhörlich eine Brise, nur bei der Morgendämmerung erstarb sie allmählich. Sie wußten nicht, wie spät es war, doch die Tatsache, daß in Dorales die Magier und die Kaliane immer noch über ihre Entscheidung diskutierten, zerrte an Maras Nerven. Sie konzentrierte sich auf Kamlios Sorgen, um ihre eigenen zu verdrängen.
»Arakasi«, wiederholte die Kurtisane, und ihre Stirn legte sich in Falten. »Was ist es, das er in mir sieht? Er ist sicher klug genug, um jede Frau in sein Bett zu bekommen.«
Mara dachte nach. »Ich kann dir nur eine Vermutung anbieten«, erklärte sie schließlich. »Doch ich glaube, er sieht in dir die Chance seiner Heilung. Eine Heilung, wenn du so willst, für bestimmte Enttäuschungen im Leben. Und ich glaube auch, daß er sich wünscht, dir zurückzugeben, was er seiner eigenen Familie nicht geben konnte: Glück, Sicherheit und eine Liebe, die nicht erkauft ist.«
»Ihr habt eine solche Liebe mit Hokanu gefunden«, bemerkte Kamlio. Ihr Ton klang leicht anklagend.
Mara zwang sich, sich nicht aus der Ruhe bringen zu lassen. »Teilweise. Bei Hokanu fand ich ein nahezu perfektes Verständnis. Er ist der Gefährte meiner Gedanken. In einem anderen Mann fand ich die Liebe, von der ich glaube, daß jemand wie du sie in Arakasi entdecken könnte. Was irgendeine andere Frau als Bettgenossin unseres Supai angeht, dazu werde ich mich nicht äußern – ich weiß wirklich nichts über seine Vorlieben und Leidenschaften –, doch er ist kein Mann, der seine Gefühle oder Zuneigungen leicht mitteilt. Arakasi bietet dir ein sehr seltenes Vertrauen, und er hätte es niemals getan, so zurückhaltend er gewöhnlich ist, wenn er dich dessen nicht für wert erachtet hätte.«
»Ihr klingt, als würdet Ihr ihn bewundern«, sagte Kamlio.
»Das tue ich.« Mara hielt inne, als sie diese Wahrheit erkannte. »Für einen Mann von solch außerordentlichem Verstand, der sein ganzes Leben wie ein großes Spiel aus Strategien gelebt hat, erforderte das Eingeständnis von Mitgefühl viel Mut, würde ich schätzen. Arakasi wußte immer, wo er stand, und er konnte meistens die Handlungen seiner Mitmenschen vorausberechnen. Doch jetzt treibt er verloren wie ein Bootsmann in einem unbekannten Gewässer dahin. Er muß sein Boot selbst wieder zurück in einen bekannten Hafen ziehen. Er hat seine Fähigkeiten der Selbsterkenntnis geopfert, ein Unterfangen, das für einen wie ihn wirklich fürchterlich sein muß. Aber ich habe ihn niemals vor einer Herausforderung davonlaufen sehen, selbst vor jenen nicht, die andere für unmöglich halten würden.« Mara blickte das Mädchen intensiv an. »Diese Worte sind nur ein armseliger Ersatz für die Erfahrung, den Mann selbst zu kennen.«
Kamlio verdaute diese Informationen nur langsam. Ihre kleinen Hände zupften an ihrem Gewand, schufen Knitterfalten. »Ich kann ihn nicht lieben«, gestand sie. Die grausame Wirkung der Worte wurde noch verstärkt durch die unglückselige Behandlung des Stoffes. »Und auch keinen anderen Mann, fürchte ich. Seine Hände bereiteten mir einmal Vergnügen, das ist wahr, doch Sexualität ist für mich eine leere Beschäftigung.« Ihre Augen schienen auf eine entfernte Erinnerung gerichtet zu sein. »Ich habe mich daran gewöhnt, die Stunde des Sonnenuntergangs zu hassen, wenn mein Herr zu mir kam.« Sie hielt inne und fügte dann bitter hinzu: »Es gab Zeiten, als ich mir vorkam wie ein vorgeführter Hund. Hol dieses Gewand. Reib diese Stelle. Dreh dich so.« Sie blickte Mara an. »Für eine wie mich hat es nichts mit Gefühl oder Liebe zu tun, den Körper eines Mannes zu kennen, Lady« Sie senkte die Augen. »Ich gebe zu, der wirkliche Reiz darin, einen jüngeren Liebhaber zu nehmen, bestand in der Gefahr. Arakasi
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