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Tag der Entscheidung

Tag der Entscheidung

Titel: Tag der Entscheidung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond E. Feist
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zitterten. Es war ihr peinlich, daß selbst diese kleine Schwäche so offensichtlich war.
    Sie war eine Acoma! Sie würde ihrem Schicksal nicht entfliehen, und sie würde auch Lujan nicht erniedrigen, indem sie sich vor ihrem Platz am Rand des Kreises drückte. Der Cho-ja-Magier erklärte immer noch die Prozedur; auf sein Zeichen hin würden Lujan und der Cho-ja-Krieger in den Kreis treten und den Kampf beginnen. Die Lady kämpfte gegen den überwältigenden Wunsch an, die Augen zu schließen, sie vor Lujans zwecklosem Bemühen zu bewahren – das alles war, was er als Grabschrift für sich beanspruchen konnte.

    Lujan hielt sein Schwert fest. Seine Hand war sicher, und seine Muskeln bebten nicht vor Furcht. Die Nervosität schien ihn verlassen zu haben, und Mara erschien er tatsächlich zuversichtlicher als vor den Überfällen in der Vergangenheit. Dieser Kampf würde sein letzter sein, und dieses Wissen beruhigte ihn. Hier, am Rand des Kreises, in dem die Herausforderung stattfand, gab es keine Unbekannten mehr, um die er sich Sorgen machen mußte: Der Ausgang des Kampfes würde der gleiche sein, ob er gut kämpfte oder nicht, ob er gewann oder verlor. Er würde den Kreis nicht lebend verlassen. Zu wünschen, die Ereignisse hätten sich anders entwickelt, wäre nur eine Verschwendung seiner Kraft gewesen und eine Schwächung seines Mutes, den zu beweisen er geboren und erzogen worden war. Entsprechend dem Kredo der tsuranischen Krieger hatte er nie jemanden im Stich gelassen. Er hatte seiner Herrin gut und treu gedient; er hatte niemals einem Feind den Rücken gekehrt. Nach allem, was ihm beigebracht worden war zu glauben, war sein Tod durch die Klinge eine angemessene Sache, die Kulmination der Ehre, die den Göttern heiliger war als das Leben selbst.
    Ruhig suchte Lujan die Schwertklinge ein letztes Mal nach Fehlern ab. Es waren keine da. Seit sie Tsuranuanni verlassen hatten, hatte er sie nur noch herausgezogen, um sie zu schärfen.
    Dann fanden sämtliche Betrachtungen ein jähes Ende, als der Cho-ja-Magier sprach. »Hört mich an, Kämpfende. Sobald ihr die Linie des Kreises überschritten habt, setzt sich der Mechanismus des Schutzbanns in Gang. Noch einmal über die Linie zu treten, sei es von innen oder von außen, falls jemand versuchen sollte einzugreifen, bringt den Tod. Die Bedingungen des Kampfes entsprechen tsuranischer Tradition: Entweder der Verurteilte stirbt im Kampf innerhalb des Kreises, oder es wird ihm, wenn er sich als Sieger erweist, gestattet, die Hand seines Henkers auszuwählen. Ich, Magier der Stadt Chakaha, stehe hier als Zeuge dieser Vorgänge.«
    Lujan salutierte knapp vor dem Cho-ja-Magier. Der Cho-ja-Krieger, gegen den er kämpfen sollte, gab kein Zeichen seiner Zustimmung außer einem Wechsel in seiner Haltung; aus der Ruheposition ging er jetzt in die angewinkelte Hocke, die seine Bereitschaft zum Angriff signalisierte. Tupfen aus reflektiertem Licht blitzten auf den messerscharfen Kanten seiner Vorderglieder auf, und seine Augen glänzten unmenschlich. Wenn Bedauern und Mitleid ein Teil des Schwarmbewußtseins waren, galten solche Emotionen nicht für den kämpfenden Arm seiner Gesellschaft. Der Cho-ja-Krieger hatte nur eine Aufgabe: zu kämpfen und zu töten. In tsuranischen Konflikten hatte Lujan ganze Kompanien dieser Wesen ein Schlachtfeld in einen Schlachthof verwandeln sehen, denn wenn nicht gerade kaltes Wetter herrschte, waren ihre Geschwindigkeit und ihre Reflexe denen eines menschlichen Kriegers weit überlegen. Im besten Falle, urteilte er nach der feuchten Luft, die in diesem Raum herrschte, würde er ein paarmal parieren können, ehe sein Körper aufgeschlitzt wurde. Sein Weg zu Turakamu würde schnell und beinahe schmerzlos sein.
    Sein Mund verzog sich zu dem Hauch eines schiefen Lächelns. Wenn er Glück hatte, würde er noch vor Sonnenuntergang mit seinem alten Freund Papewaio in Turakamus Hallen Hwaet-Bier trinken.
    »Überschreitet die Linie und beginnt auf mein Zeichen«, intonierte der Cho-ja-Magier und stampfte mit den Hintergliedmaßen auf den Boden, daß ein Geräusch wie das Schlagen eines Gongs ertönte.
    Lujans Leichtfertigkeit verschwand. Er sprang in den Kreis hinein, kaum der roten Hitzeflamme hinter sich bewußt, die der Todesbann aktivierte. Der Cho-ja-Krieger kam wie erwartet mit voller Kraft auf ihn zu, und er hatte gerade erst drei Schritte vollendet, ehe sein Schwert auf das Chitin niederfuhr. Dieser Feind war nicht zuletzt deshalb besonders

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