Tag der Entscheidung
eine bestimmte Tatsache informiert worden, die du mir hättest mitteilen müssen, und zwar gleich.« Ihre Lippen verzogen sich zu einem traurigen kleinen Lächeln. »Ich weiß, daß ich keine Kinder mehr haben kann. Laß das jedoch nicht zu einem Hindernis für deinen Wunsch nach einem Sohn werden.«
Hokanu wölbte protestierend die Brauen; einmal, weil sie dies mit solcher Gelassenheit aussprach, und dann, weil sie die größere Bedeutung ihrer Reise ignoriert hatte. Doch bevor er etwas sagen konnte, fuhr Mara fort: »Hokanu, ich habe große Wunder gesehen. Doch davon können wir erst später reden, wenn wir allein sind.« Sie streichelte seine Wange und küßte ihn, und ohne die Augen von dem Antlitz abzulenken, das sie immer noch sehr mochte, erkundigte sie sich: »Hat Arakasi irgendwelche Nachrichten geschickt?«
»Ein Dutzend, seit du fort warst, doch seit gestern nichts mehr. Zumindest bis jetzt noch nicht.« Hokanus Hand schloß sich fest um ihre Taille, als fürchtete er, sie könnte sich ihm entziehen, da die Anforderungen als Herrscherin sie in Beschlag nahmen.
Mara wandte sich an Saric. »Benachrichtige Arakasi durch das Netzwerk, daß ich ihn so schnell wie möglich hier sehen möchte.«
Mara drehte sich um und sah Kamlio mit einem sowohl ängstlichen als auch entschlossenen Gesichtsausdruck dastehen. Was immer sie Mara in den entfernten Bergen Thurils über den Umgang mit dem Supai gesagt hatte, verschwand jetzt mit der Erkenntnis, daß er bald hiersein würde. Die ehemalige Kurtisane spürte Maras Blicke auf sich, und sie warf sich unterwürfig in der ehrerbietigsten Haltung einer Sklavin auf den Boden. »Lady, ich werde Euch nicht enttäuschen.«
»Dann setz Arakasi dieses Mal nicht so zu«, erwiderte die Lady. »Denn unser aller Leben hängt möglicherweise von ihm ab. Steh auf.« Kamlio gehorchte, und Mara fügte freundlicher hinzu: »Geh und mach dich etwas frisch. Die Götter wissen, wir hatten eine anstrengende Reise, und es wird in den kommenden Tagen wenig genug Zeit geben.« Als das Mädchen davoneilte, wandte sich Mara an Lujan. »Helft Irrilandi, unsere Krieger aufzustellen, und wenn sie unterwegs zum Sammelplatz sind –« Hier hielt sie inne. »Welchen Sammelplatz hast du ausgewählt, Hokanu?«
Hokanu warf ihr ein sanftes Lächeln zu, in dem die Sorge die Erheiterung überwog. »Wir sammeln uns an den Flußufern am Rand Eures Anwesens, weil wir vermuten, daß Jiro seine Hauptarmee den Gagajin hinunterbringen wird. Die Versammlung kann uns nicht vorwerfen, dem Edikt zu trotzen, solange wir uns innerhalb unserer eigenen Grenzen aufhalten. Die Truppen der Shinzawai werden mit den Clan-Farben vom Norden her auf Kentosani zumarschieren, und eine gemischte Garnison der Tuscalora-und Acoma-Streitkräfte wird auf der Straße marschieren, um sämtliche Kompanien traditioneller Verbündeter abzufangen – oder Truppen der Anasati, die den langsameren Weg über Land nehmen.«
Mara grübelte. »Jiro muß sich auf diesen Tag vorbereitet haben.«
Lujan führte ihre Gedanken fort: »Die Belagerungsmaschinen? Denkt Ihr, er hält sie in den südlichen Wäldern vor der Heiligen Stadt versteckt?«
»In den südlichen oder nördlichen«, sagte Hokanu. »Arakasi berichtet, daß der Aufenthaltsort der Anasati-Maschinenbauer ein gut gehütetes Geheimnis ist. Einige der Mitteilungen während eurer Abwesenheit berichteten vom Auseinandernehmen und Verschiffen über umständliche Routen zu unbekannten Plätzen. Er schrieb außerdem, daß sich die Saboteure, die wir zusammen mit den Plänen des Spielzeugmachers hinschickten, nur ein einziges Mal gemeldet haben. Nach unserem Kode können wir davon ausgehen, daß alles in Ordnung ist und daß sie bei den Belagerungsmaschinen sind. Doch ihre Lage ist wirksam verschleiert worden.«
»Ich hätte auch Truppen heimlich versteckt, wäre ich an Jiros Stelle«, mutmaßte Mara; dann gab sie Lujan letzte Befehle, bevor er sich aufmachte. »Ich möchte eine Beratung mit Euch und Irrilandi, bevor das letzte Boot die Docks verläßt. Wissen wir denn gar nichts über Jiros Aufstellungsplan?« Sie erkannte die negative Antwort an Hokanus Gesicht und wußte, daß sie die gleichen Gedanken hegten, daß Arakasis Befürchtungen sich möglicherweise bewahrheitet hatten und Chumakas Netzwerk dem der Acoma überlegen war. Wie sonst könnten solch gewaltige Maschinen bewegt werden, ohne daß sie jemand sah? Mara fuhr fort: »Wir können nur raten und unsere Kampagne auf alle
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