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Tag der Vergeltung

Tag der Vergeltung

Titel: Tag der Vergeltung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liad Shoham
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sollte dann dieser Schwachsinn mit der zweiten Vergewaltigung? Er hatte im Internet und in den Zeitungen Artikel über die Hetzjagd auf ihn gelesen. Vielleicht sollte diese Vergewaltigungsgeschichte sie nur in die Irre führen? Nun mal ernst, welcher von diesen Idioten bei der Polizei glaubte denn wirklich, dass Nevo, dieses Weichei, eine Vergewaltigung begangen hatte?
    Alles war so vertrackt, so dermaßen schwierig, ein paar Nummern zu groß für ihn. Doch er hatte keine Wahl. Faro stand nicht zur Verfügung, und die Suppe, die er sich eingebrockt hatte, musste er allein auslöffeln. Also hatte er entschieden, Nevo in seiner Wohnung abzufangen. Er war über die Dächer und dann von oben in Nevos Wohnung gelangt. Keiner hatte ihn gesehen, aber er jeden. Früher oder später – so hatte er gehofft – musste Nevo wieder zu Hause aufkreuzen oder jemanden vorbeischicken, der seine Sachen holte. Alle seine Habseligkeiten waren in der Wohnung. Vor den Bullen hatte er keine Angst. Das Risiko, dass sie einen Polizisten in der Wohnung abstellen würden, hielt sich in Grenzen. Wenn einer aufgekreuzt wäre, hätte er sich eben aus dem Staub gemacht.
    Nachdem er zwei Nächte lang gewartet hatte, war gestern Nevos Vater dort erschienen. Zumindest hatte er ihn für seinen Vater gehalten. Inzwischen stellte er das infrage. Obwohl er gut ausgeteilt hatte, hatte der Alte gewusst, sich zu revanchieren, und ihm sogar den Kiefer gebrochen. Er hatte kein Wort zu Nevo aus ihm herausbekommen.
    Wenn er dazu in der Lage gewesen wäre, hätte er seine Suche nach Nevo fortgesetzt, aber sein lädiertes Gesicht zog zu viel Aufmerksamkeit auf sich. Er musste für ein, zwei Tage verschwinden, bis die Dinge sich ein wenig beruhigt hatten, und dann weitermachen. Bei George war er in Sicherheit. An solchen Orten ließ die israelische Polizei sich nicht blicken.
    Die Straße wand sich, er drückte aufs Gaspedal. Er durfte nicht aufgeben. Es handelte sich nur um eine kleine Verzögerung. Am Ende würde alles gut werden. Er würde Nevo aufspüren und alles aus ihm herausholen. Und dann würden die Karten neu gemischt.

38
    Ziv Nevo war fassungslos. Wie konnte es sein, dass er auf einmal von Polizei und Unterwelt zugleich gejagt wurde?
    Die Verzweiflung zwang ihn beinahe in die Knie. Er war nicht raffiniert genug, um all dem standzuhalten. Auf die Schnelle versuchte er Szenarien, Aktionspläne zu entwerfen, war jedoch außerstande, irgendeine Entscheidung zu treffen. Jede Möglichkeit, die er erwog, führte in eine Sackgasse. Wie sollte man zwischen diesen Varianten, von denen eine schlechter war als die andere, wählen?
    Zunächst hatte er Nachums Vorschlag folgen und für einige Tage abtauchen wollen. Er könnte zu Gili und Merav zurückkehren, vorgeben, es sei nichts passiert, und abgeschieden von allem, was um sie geschah, leben. Doch als er auf die Schnellstraße Richtung Arava fuhr, nagten Zweifel an ihm. Nachdem er Benzin nachgefüllt hatte, hielt er am Seitenstreifen der Tankstelle. Machte er einen Fehler? Bestärkte seine Flucht nur den Verdacht, dass er Verrat begangen hatte? Er musste sich endlich der Realität stellen.
    Er fühlte sich beängstigend einsam und schwach, gewisse Leute lieferten sich Auseinandersetzungen, die einige Nummern zu groß für ihn waren, und benutzten ihn als Spielball.
    In diesem Albtraum, der nun sein Leben war, machte ihm die Polizei weniger Angst. Er war entsetzt gewesen, von einer zweiten Vergewaltigung zu erfahren und dass sie ihm angehängt werden sollte, doch damit konnte er noch umgehen. Merav konnte bezeugen, dass sie in den letzten Tagen Hunderte Kilometer von Tel Aviv entfernt mit ihm zusammen gewesen war. Selbst wenn sie ihr nicht glauben würden, da sie die einzige Zeugin war, würde er eben ins Gefängnis gehen. Es war derzeit seine mildeste Option.
    Sein Problem blieben Faro und die Organisation. Diese Leute kannten keine Gnade. Sie würden nicht zögern, ihm oder Gili etwas anzutun. Er solle nicht vergessen, was ihm Me’ir in Abu Kabir gesagt habe, hatte man ihm über Nachum ausrichten lassen – und diese Warnung machte ihm entsetzliche Angst.
    Er kurbelte das Fenster herunter und ließ kühle Luft herein, er hatte das Gefühl zu ersticken. Er amüsierte sich kurz bei dem Gedanken, zur Polizei zu gehen, ihnen alles zu erzählen, was er über Faro wusste, und Schutz zu suchen. Doch welchen Schutz könnten sie ihm bieten? Meschulam und seine Leute würden ihn sein ganzes Leben lang jagen und nicht

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