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Tag der Vergeltung

Tag der Vergeltung

Titel: Tag der Vergeltung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liad Shoham
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haben Sie diese ganzen Aufgaben nicht erledigt, als Sie noch bei der Polizei waren?« Amit kochte vor Wut.
    »Ich habe viel falsch gemacht«, erwiderte Nachum in nachdenklichem Ton, »jetzt ist es an der Zeit, es zu korrigieren«, sagte er.
    Irgendwann hatte er mit dem Gedanken gespielt, Dori anzurufen und sich über die Tortur zu beschweren, die dieser Nachum ihm auferlegte, doch lieber nicht. Dori würde ihn nur wieder beleidigen und ein Weichei nennen. Es wäre wohl gescheiter, einige Tage lang Nachums Anweisungen zu befolgen und Dori dann, wenn er sähe, dass er keine Fortschritte machte und andere Storys liegenblieben, seine eigenen Schlussfolgerungen daraus ziehen zu lassen.
    »Nichts, aber auch gar nichts. Ein vergeudeter Tag. Café-Rechnungen über 127   Schekel. Mal sehen, was sich morgen ergibt«, hatte er in seiner SMS geschrieben.
    »Soll Nachum deinen Kaffee bezahlen, du Sahnetörtchen«, hatte Doris prompte Antwort gelautet.
    Als er das Herumwälzen im Bett satt hatte, stand er auf und machte sich auf den Weg zu seiner neuen ›Arbeit‹, die Dori und Nachum ihm beschafft hatten. Schon beim Betreten des Cafés spürte er, dass etwas nicht stimmte. Gestern war es hier brechend voll gewesen, und jetzt war es so gut wie leer. Nicht nur das, die wenigen Gäste waren ausschließlich Männer. Nicht mal die Kellnerinnen waren da. Er suchte den Raum nach Tamar ab, die gestern gesagt hatte, dass sie heute um diese Uhrzeit hier sei, doch er sah sie nicht.
    Er setzte sich an die Bar und bestellte einen Milchkaffee.
    »Ist was passiert?«, erkundigte er sich beim Barmann, der gestern hinter dem Tresen hin und her gewetzt war und nun über einer Zeitung lehnte.
    Er guckte ihn an, als käme er vom Mond.
    »Ein Anschlag?«, fragte Amit besorgt.
    »So was in der Art«, sagte der Barmann, schob ihm die Zeitung unter die Nase und zeigte auf den Artikel mit der Überschrift »Der Vergewaltiger vom Zodiac«, unter dem kein anderer Name als Dori Engel stand.
    Er nahm gleich beim ersten Klingeln ab. Wen wunderte es? Dieser Mann kannte kein Schamgefühl.
    Zunächst hatte er in die Redaktion fahren und ihn dort zur Rede stellen wollen, doch er hatte befürchtet, in seinem Jähzorn einen Verkehrsunfall zu bauen. Außerdem musste er es schnellstens loswerden. Er wollte hier und jetzt mit Dori reden, auf ihn losgehen, ihn anbrüllen, anschreien, verfluchen, ihm sagen, was er die ganzen Monate, während er bei dieser beschissenen Lokalzeitung gearbeitet hatte, unterdrückt hatte.
    »Du hast dir offenbar Urlaub genommen, oder warum rufst du jetzt erst an?«, sagte Dori in aller Seelenruhe.
    »Dass du dich nicht schämst! Wie konntest du mir das antun? Das war mein Artikel!« Er schrie so laut, dass Passanten stehenblieben und ihn neugierig anstarrten.
    »Ich schlage vor, dass du dich beruhigst, und zwar zügig. Das habe ich dir zuliebe getan.« Er sagte es in dem gleichen gelassenen Tonfall, was ihn noch mehr aufbrachte.
    »Mir zuliebe?! Wie – mir zuliebe? Du hast mir meinen Artikel geklaut! Mein Name müsste darunter stehen, nicht deiner …«
    Dori lachte. Er sah es geradezu vor sich, wie sich die dünnen Lippen genüsslich verzogen.
    »Was lachst du?« Er bekam keine Luft mehr vor Wut. »Merk es dir, das werde ich nicht schlucken. Ich gehe zur Ethikkommission, vor Gericht, zur Polizei … zu den höchsten Stellen.«
    »Entschuldigung«, fiel ihm Dori ins Wort, »steht dein Name nicht unter dem Interview mit Aronovs Eltern? Wer hat das denn geschrieben, Giladi? Du oder ich?«
    »Du machst dich über mich lustig, oder? Ich sollte doch meinen Namen daruntersetzen! Dabei wollte ich mit diesem sentimentalen Mist nichts zu tun haben!«, schrie er in den Hörer.
    »Giladi, nun komm mal wieder runter, wir sehen uns in der Redaktion, und ich erkläre dir, was ich gemacht habe und wieso, ich bin sicher …«
    »Kommt nicht in Frage. Ich kündige … Das lasse ich mir nicht gefallen …«
    Die Worte waren aus ihm herausgesprudelt, ohne dass er über ihre Bedeutung nachgedacht hätte.
    »Gib mir fünf Minuten, Giladi. Dann kannst du dich wenden, an wen du willst. Glaub nur nicht, dass dir das einer abkauft.«
    »Fünf Minuten«, zischte Amit.
    Obwohl er bis zum Zerreißen angespannt war und Dori weiter anbrüllen wollte, machten ihm seine Worte Angst – wer würde ihm abnehmen, dass Dori ihm einen Artikel geklaut hatte? Dori war auf seinem Gebiet ein alter Hase, galt als Profi, und er? Wer war er denn?
    »Du hörst mir jetzt mal zu,

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