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Tag und Nacht und auch im Sommer

Tag und Nacht und auch im Sommer

Titel: Tag und Nacht und auch im Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank McCourt
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ist keine fettige Küche, paßt auf, was ihr sagt. Sie sagten, fahr zur Hölle, und alle lachten, sogar Big George, weil es absolut irre war, daß sich jemand so mit dem größten Puertoricaner in New York zu reden traute. Er lachte und gab jedem ein riesiges Stück von einer Torte, die vom Bankett der Töchter des Britischen Empire einen Stock höher übriggeblieben war.
    Nach vier Unterrichtsstunden und zehn Dollar waren keine Küchenutensilien mehr übrig, die ich hätte benennen können, doch dann begann Eduardo, der es einmal weit bringen wollte, Fragen über Essen und Kochen im allgemeinen zu stellen. Was ist mit braisieren? fragte er. Und sautieren? Ja, und marinieren? Ich hatte keines dieser Wörter je gehört und sah hilfesuchend zu Big George hin, aber der meinte, er denke nicht daran, irgendwem irgendwas zu sagen, solange ich mich hier als der große Wörtermaxe dumm und dämlich verdiente. Er wußte, daß ich mit diesen neuen Wörtern komplett überfordert war, vor allem, als die Puertoricaner mich nach dem Unterschied zwischen Pasta und Risotto fragten. Ich bot ihnen an, in die Bibliothek zu gehen und die Wörter nachzuschlagen, aber sie meinten, das könnten sie auch alleine und wofür sie mich eigentlich bezahlten. Ich hätte ihnen entgegenhalten können, daß man nichts in der Bibliothek nachschlagen kann, wenn man überhaupt noch nicht Englisch lesen kann, aber das fiel mir
nicht ein. Ich bangte um mein Zubrot, zwei Dollar fünfzig die Woche. Sie sagten, daß ich neulich über den Pfannenwender gestolpert sei, ließen sie mir noch einmal durchgehen, ich würde mein Geld trotzdem kriegen, aber sie hätten nicht die geringste Lust, einem Ausländer, der nicht mal Pasta von Risotto unterscheiden kann, die dicke Kohle rüberzuschieben. Zwei sagten, nichts für ungut, aber sie müßten kündigen, die anderen drei meinten, sie würden weitermachen, vorausgesetzt, ich würde ihnen auch Wörter wie braisieren und sautieren erklären. Ich redete mich darauf hinaus, daß das französische Wörter seien und niemand von mir verlangen könne, außer Englisch auch noch andere Sprachen zu kennen. Einer der drei klopfte mir auf die Schulter und sagte, er verlasse sich darauf, daß ich sie nicht enttäuschen würde, weil sie es schließlich in der Welt der Küche zu etwas bringen wollten. Sie hätten Frauen und Kinder und Freundinnen, die nur darauf warteten, daß sie befördert wurden und mehr Geld nach Hause brachten, und mir sei doch wohl klar, wieviel von mir und meinen Wortkenntnissen abhänge.
    Big George tat immer nur so ruppig, damit man nicht merkte, was für ein weiches Herz er hatte. Wenn die fünf Puertoricaner nicht in der Küche waren, brachte er mir Namen von Obst-und Gemüsesorten bei, die ich noch nie gehört hatte: Artischocke, Aubergine, Clementine, Persimone, Brokkoli. Er warf mir die Wörter nur so an den Kopf, was mich ziemlich nervös machte, aber ich merkte, wie sehr ihm daran lag, daß ich sie lernte. Genauso ging es mir mit den Puertoricanern. Ich wollte, daß sie neue Wörter lernten, und vergaß sogar fast meine Bezahlung, wenn sie aufsagen konnten, was ich ihnen beigebracht hatte. Das gab mir ein Gefühl der Überlegenheit, und ich fand, so müßte man sich als Lehrer fühlen.
    Dann machten die beiden Aussteiger Schwierigkeiten im Umkleideraum. Sie wußten schon, daß die Blechschränke Spinde hießen, aber jetzt wollten sie wissen, wie man zu dem Ding sagte, auf dem wir saßen – die Bank –, und wie das flache Ding
im Spind hieß, auf das man den Kleinkram legen konnte – der Fachboden. Durch diese listige Fragerei entlockten sie mir Wörter, ohne dafür bezahlen zu müssen. Sie zeigten auf ein Bändel in einem Schuh, und ich sagte ihnen, das sei ein Schnürsenkel, und dann lächelten sie und sagten, gracias, gracias . Sie bekamen etwas umsonst, und mich störte das nicht, bis einer der drei zahlenden Puertoricaner aufbegehrte: Wieso sagst du denen die Wörter umsonst, und wir sollen blechen, hm? Wieso?
    Ich erwiderte, diese Umkleidewörter hätten nichts mit der Küche und dem Vorwärtskommen im Leben zu tun, aber sie meinten, das könne ich mir in die Haare schmieren. Sie bezahlten mich und sähen nicht ein, warum Aussteiger kostenlos an Wörter kommen sollten. Das war das letzte, was sie an diesem Tag in der Umkleide auf englisch sagten. Die drei schrien auf spanisch die zwei an, und die zwei schrien zurück, Spindtüren wurden zugeknallt und fünf Mittelfinger stocherten

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