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Tag und Nacht und auch im Sommer

Tag und Nacht und auch im Sommer

Titel: Tag und Nacht und auch im Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank McCourt
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der Grafton Street sagte, wenn du aus Alabama bist, dann bin ich die Königin von Rumänien. Ich geriet ins Stottern und gab zu, daß ich aus Limerick war, und sie entsagte jedem Anspruch auf den rumänischen Thron. Sie meinte, es sei im Bewley’s gegen die Vorschrift, mit Gästen ein Gespräch anzufangen, aber ich sähe aus wie einer, der ein Gläschen vertragen könnte. Ich prahlte damit, wie ich in Bayern jede Menge Bier und Schnaps getrunken hätte, und sie meinte, wenn das so sei, dann könnte ich sie ja zu einem Sherry in McDaid’s Pub hier ganz in der Nähe einladen.
    Ich fand sie nicht attraktiv, aber es war sehr schmeichelhaft, daß eine Bedienung in Bewley’s Café mit mir einen trinken gehen wollte.
    Ich ging in McDaid’s Bar und wartete auf sie. Die Trinker starrten mich an und stießen sich gegenseitig an wegen meiner amerikanischen Uniform, und mir wurde unbehaglich. Der Barmann glotzte ebenfalls, und als ich ein Pint Stout bestellte, fragte er: Ist das ein General, der uns hier die Ehre gibt, oder was?
    Mir entging der Sarkasmus, und als ich erwiderte, nein, ich bin Corporal, prusteten sie alle los, und ich kam mir vor wie der letzte Idiot.
    Ich war verwirrt. Ich bin in Amerika geboren. Ich bin in Irland aufgewachsen. Ich bin zurück nach Amerika. Ich trage die amerikanische Uniform. Ich fühle mich als Ire. Die müßten doch merken, daß ich Ire bin. Sie sollten mich nicht auslachen.
    Als die Bedienung aus dem Bewley’s kam, sich zu mir an die
Wand setzte und einen Sherry bestellte, ging das mit dem Starren und den Rippenstößen schon wieder los. Der Barmann zwinkerte und sagte etwas von einem »neuen Opfer«. Er kam hinter dem Tresen hervor und fragte mich, ob ich noch ein Bier möchte. Natürlich wollte ich noch ein Bier. Mir wurde ganz heiß, weil die mich ständig beobachteten, und von einem Blick in den großen Spiegel wußte ich, daß meine Augen feuerrot waren.
    Die Bedienung sagte, wenn der Barmann mir noch ein Pint bringe, könnte sie sich auch noch einen Sherry genehmigen nach ihrem anstrengenden Arbeitstag im Bewley’s. Sie hieß Mary. Sie sagte, falls ich glaubte, hochnäsig auf sie herabschauen zu können, weil sie nur eine Kellnerin sei, dann sollte ich mir das ganz schnell abschminken. Schließlich sei ich nichts weiter als ein Landei, ein westirischer Tölpel, der sich für was Besseres hält, weil er sich mit einer amerikanischen Uniform rausgeputzt hat. Der Sherry machte sie redselig, und je mehr sie redete, um so mehr wurde an den anderen Tischen gekichert. Sie sagte, im Bewley’s arbeite sie nur vorübergehend. Sie müsse nur noch abwarten, bis der Nachlaß ihrer Großmutter geregelt sei, dann würde sie in der Grafton Street ein kleines Geschäft aufmachen und exklusive Mode an bessere Leute verkaufen.
    Ich verstand nichts von exklusiver Mode, aber ich fragte mich, wie sie sich in einem solchen Geschäft machen würde. Sie war dick, ihre Augen verschwanden fast in ihren Gesichtsfalten, sie hatte mehrere Kinne, die lebhaft schwabbelten. Sie quoll nach allen Seiten über. Es zog mich nicht zu ihr hin, und ich wußte nicht, was ich tun sollte. Ich sah, daß die Leute sich über mich lustig machten, und in meiner Verzweiflung stieß ich unvermittelt hervor, ich müsse jetzt gehen.
    Was? fragte sie.
    Ich muß … Ich muß mir das Trinity College ansehen. Innen. Ich muß durch das Tor gehen. Aus mir sprach mein drittes Glas Stout.

    Das ist eine protestantische Einrichtung, sagte sie.
    Ist mir gleich. Ich muß durch das Tor gehen.
    Habt ihr das gehört? rief sie durchs Lokal. Er will ins Trinity rein.
    Du lieber Himmel, sagte einer, und ein anderer, heilige Mutter Gottes.
    Na schön, General, sagte der Barmann. Nur zu. Geh zum Trinity, und schau’s dir von innen an, aber vergiß nicht, am Samstag zur Beichte zu gehen.
    Hast du’s gehört? fragte Mary. Beichte am Samstag, aber keine Angst, Kleiner. Ich nehm dir jederzeit die Beichte ab. Komm, trink aus, und wir gehen zum Trinity.
    O Gott. Sie will mitkommen. Der Wackelpudding Mary will mit mir in meiner amerikanischen Uniform die Grafton Street entlanggehen. Die Leute werden sagen, seht euch den Yank an. Fällt dem nichts Besseres ein, als sich mit so einer fetten Nudel abzugeben, wo doch Dublin die hübschesten Mädchen der Welt hat ?
    Ich sagte ihr, sie solle sich keine Umstände machen, aber sie ließ nicht locker, und der Barmann meinte, bis Samstag würde ich mehr als einen Grund haben, zur Beichte zu gehen, weil deine

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