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Tag vor einem Jahr

Titel: Tag vor einem Jahr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Geraghty
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verstummte und sah mich an. »Ich werde bei den Vorbereitungen wieder pingelig, nicht wahr?« Sie rieb ihre Schläfen sanft mit den Fingerspitzen.
    »Ja, aber nur, weil du nervös bist.« Ich stellte mich hinter sie und massierte ihr die Schultern. »Himmel, bist du verspannt«, bemerkte ich, während ich ihre Muskeln knetete. Ich spürte, wie sie sich unter meinen Händen entspannte. »Wenn du möchtest, könnte ich dir eine lustige Geschichte erzählen«, bot ich ihr über ihre Schulter hinweg an, »das lenkt dich ab.«
    »In Ordnung.« Sie klang ganz schläfrig, so umgeben von den warmen Düften der Küche. Mam war hinausgegangen, sicher um sich nachzuschminken oder nochmals die Jeans zu bügeln.
    »Habe ich dir von Carolines Blind Date erzählt?«
    »Ja, du hast es kurz erwähnt. Was ist damit?« Clare versuchte sich herumzudrehen, um mich anzusehen, aber ich hielt ihren Kopf zwischen meinen Händen und drehte ihr Gesicht wieder nach vorne, so wie es vielleicht der Friseur machen würde.
    »Es war dieser Kerl, der aus der Arbeit. Bernard O’Malley.« Ich ließ meine Hände von ihrem Nacken fallen, und sie drehte sich wieder zu mir um.
    »Bernard O’Malley? Das ist Richards Cousin. Aus Donegal, glaube ich.« Clare war perplex. »Was meinst du mit ›der aus der Arbeit‹?«
    Ich setzte mich vor sie hin. »Den, von dem ich dir vorhin erzählt habe.«
    »Der, mit dem du geschlafen hast?« Jetzt besaß ich Clares volle Aufmerksamkeit und nickte langsam.

    »Und Caroline hat sich mit ihm verabredet?« Allmählich fiel bei Clare der Groschen. Sie schaute leicht verwirrt.
    »Und sein Bruder ist gestorben«, fügte ich hinzu. Dies war in meinen Augen das Seltsamste. Dass so etwas uns beiden widerfahren ist und keiner etwas vom anderen wusste. Dass wir da waren, warteten. Wenn da nur nicht Shane und Caroline und Richard mit seinen beschissenen Blind Dates gewesen wären. Das waren eine Menge »wenn nur nicht«.
    »Ich kann mich daran erinnern. Edward hieß er. Richard und ich waren bei seiner Beerdigung. Du warst damals verreist. Ich glaube, nach Griechenland.«
    Es fiel mir wieder ein. Es waren unsere ersten gemeinsamen Ferien, Shanes und meine. Sie waren perfekt gewesen. Mein Koffer kam nie an, und ich trug die ersten zwei Tage Shanes Kleider. Sie ließen mich kleiner erscheinen, als ich in Wirklichkeit war. Und so schnell, wie ich eines seiner Hemden zuknöpfte, so schnell knöpfte er es wieder auf und warf es auf den Boden. Von der Insel haben wir nicht allzu viel gesehen, doch glaubte man dem Reiseführer, war sie atemberaubend.
    Ich nickte Clare zu. »Weiter.«
    »Bernard ist Edwards Zwillingsbruder, oder?«, fragte Clare.
    »Ja.«
    »Ich kann mich an ihn erinnern. Er war großartig, kümmerte sich um alles, brachte alle zurück ins Haus der Familie zum Essen. Organisierte alles. Seine Mutter verkraftete das Ganze nicht.« Dazu nickten wir beide, und ich wartete darauf, dass sie weitererzählte, erpicht darauf, noch mehr Einzelheiten zu hören.
    »Und dann, hinterher«, sagte Clare, sie legte die Stirn in Falten, während sie nachdachte, »hinterher ist er einfach so verschwunden.«

    »Verschwunden?« Ich beugte mich näher zu Clare. »Was meinst du damit?«
    »Er ging. Ging weg. Zwei Monate lang. Seiner Mutter, Richards Tante, hat er einen Brief hinterlassen. Unter der Schachtel mit den Teebeuteln, um sicherzugehen, dass sie ihn auch fand.«
    »Wohin ist er gegangen?« Meine Tasse Tee war inzwischen in meinen Händen kalt geworden, und ich stellte sie zurück auf den Tisch.
    »Ich weiß nicht.« Clare schüttelte den Kopf.
    »Hast du ihn nochmal getroffen?«
    »Nur einmal, ein paar Monate nach der Beerdigung.«
    »Was hattest du für einen Eindruck?«
    »Ich weiß nicht?« Ich beugte mich so weit zu ihr vor, dass ich einen Hauch von Apfelbonbons, Clares Lieblingsbonbons, erhaschte.
    »Na ja, es war nur das eine Mal, wirklich, in einem Pub in Donegal. Letzten Herbst. Es waren massenweise Cousins da, Tausende.«
    »Aber du erinnerst dich an Bernard.«
    »Ja, ich erinnere mich an ihn. Er war so traurig. Er sah so verloren aus, weißt du, was ich meine?« Ich nickte und berührte ihre Hand. Wir wussten beide, wie sich das anfühlte.
    Es klingelte an der Tür, und der schrille Ton ließ uns auffahren.
    »Das muss Jack Frost sein«, sagte ich in weithin hörbarem Flüsterton.
    Clare warnte mich: »Du musst ihn John nennen. Ansonsten gibt dir Mam keine Apfeltorte.«
    »Aber er trägt vielleicht einen Zaubererumhang und

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