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Tag vor einem Jahr

Titel: Tag vor einem Jahr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Geraghty
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den Blättern, die sich in nassen Klumpen auf den Tassenböden angesammelt hatten, so die Zukunft vorhersagen wie sie. Sie hatte es seit Ewigkeiten nicht mehr gemacht, aber heute Abend bot sie es an, vielleicht war sie ein wenig vom Wein, den wir zum Abendessen getrunken hatten, beschwipst.
    Sie erzählte Clare, dass es viel gab, auf das sie sich freuen könne, und dass sie eine Reise über das Wasser machen würde (das sind die Hochzeit und die Flitterwochen, ja?). Jane sagte sie, dass sie zu Geld kommen würde, und lustigerweise rief Jane am nächsten Tag an, um ihr mitzuteilen, dass sie 2 Euro mit einem Wohltätigkeitsrubbellos gewonnen hätte. Ich war als Nächste dran und reichte ihr meine leere Tasse. Sie schaute angestrengt hinein und legte vor lauter Konzentration die Stirn in Falten. Mir war klar, dass sie es um der Wirkung willen vortäuschte, ich war aber dennoch neugierig auf das, was sie erzählen würde.
    »Oh«, sagte sie, »das ist interessant.« Wir beugten uns alle nach vorn. »Es ist das Sternsymbol.« Sie sah mich an.
    »Weiter«, bat ich sie. »Was bedeutet es?«
    »Es bedeutet, dass es eine Veränderung geben wird.« Als ihr bewusst wurde, dass das etwas ominös klang, schaute sie demonstrativ noch einmal in die Tasse. »Und du wirst zu Geld kommen und eine Reise über das Wasser machen«, fügte sie auf eine Art und Weise hinzu, die günstigstenfalls wenig überzeugend klang.
    Es herrschte unangenehme Stille.
    »Wer möchte Apfeltorte, Mädchen?«, forschte Mam nach.
    Mit Rücksicht auf die bevorstehende Hochzeit einigten wir uns alle auf ein kleines Stück. Ich sorgte dafür, dass ich
das größte der kleinen Stücke erhielt, das allerdings nicht so groß war, wie ich es mir gewünscht hätte. Anschließend räusperte sich Mam und schaute uns der Reihe nach an.
    »Wie ihr wisst, findet eine Woche nach der Trauung Patricks Gedenkmesse statt.« Jane legte ihre Hand auf Mams Hand und beließ sie dort.
    Clare biss sich auf die Lippen. »Ich sagte, dass ich die Hochzeit bis danach verschieben würde, das weißt du.«
    »Nein, nein, ich wollte nie, dass du das machst. Du hattest es schon arrangiert, bevor …« Sie suchte nach Worten. »Ich finde immer noch, dass du und Richard direkt nach der Hochzeit in die Flitterwochen reisen sollt, anstatt die Messe abzuwarten.« Clare erwiderte nichts, sondern schüttelte nur den Kopf. »Egal, es ist schön, eine Hochzeit zu haben, auf die man sich freuen kann.« Mam lächelte Clare sanft zu. Ich saß am anderen Ende des Tisches wie der Elefant im Raum, den jeder ignorierte.
    »Also, äh«, fing ich zu sprechen an, ohne genau zu wissen, was ich eigentlich sagen wollte. Mam sah abrupt auf und legte ihre Hände wieder um die Teetasse, um sie zu wärmen. »Was willst du für die Gedenkmesse machen?« Ich hatte nicht die geringste Ahnung, was man normalerweise machte, sofern man überhaupt etwas machte.
    »Es wird eine ruhige Feier«, antwortete meine Mutter. »Eigentlich nur die Messe. Vielleicht danach noch ein Mittagessen. Ich will kein Drama. Nicht wie beim letzten Mal.« Während sie das sagte, schaute sie geradewegs mich an, und ihre Bitterkeit traf mich wie Nadelstiche.
    »Es tut mir leid, Mam. Es war ein Asthmaanfall, dafür konnte ich nichts.«
    »Am Grab«, fuhr sie fort, als hätte ich nichts gesagt. »In den Dreck gefallen wie eine Betrunkene.« Meine Hände legten sich so fest um die Teetasse, dass ich dachte, sie
würde zerbrechen. Ich stellte sie langsam auf den Tisch zurück und setzte mich stattdessen auf meine Hände.
    »Mam, das ist nicht fair«, sagte Clare mit leiser Stimme. »Grace hatte einen Asthmaanfall, das ist alles.«
    Meine Mutter begann, die Reste auf den Tellern in die leere Lasagne-Form zu schaben. Laut. »Wir waren alle aufgeregt«, sagte sie, bevor sie sich in Richtung Spüle bewegte. Das Geschirrklappern verhinderte jede weitere Unterhaltung, also beschäftigten wir uns alle mit dem Abräumen. Es war eine Erleichterung, etwas zu tun zu haben.
    Jack kam mit großen Schritten in die Küche und blieb unvermittelt stehen, als er die angespannte Atmosphäre spürte. »Ist alles in Ordnung?«, fragte er Mam. Sie stand mit dem Rücken zu ihm und stach mit der Bürste auf Geschirr ein, das sich in der Spüle befand.
    »Ja«, antwortete sie, ohne sich umzudrehen. Jack legte ihr seine Hand auf den Rücken und ließ sie sanft zu den Schultern hochgleiten, wo er sie ruhen ließ. Er ging, ohne ein weiteres Wort zu sagen, und Mam setzte sich

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