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Tag vor einem Jahr

Titel: Tag vor einem Jahr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Geraghty
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Wochenende. Zur Hochzeit,
meine ich.« Ich stellte den Kaffee ab und hob die Hand zum Mund, um mich einem meiner Fingernägel zu widmen.
    »Aha«, sagte Ciaran und trank einen Schluck aus seinem Becher. Sein Kaffee musste ihm in den falschen Hals geraten sein, denn er hustete, wobei er sich vor Anstrengung zusammenkrümmte. Ich klopfte ihm auf den Rücken, mit aller Kraft. Ciaran war ein groß gewachsener Mann und vertrug das. Sein Husten klang trocken und tiefsitzend. Ich sah mich in dem dünnwandigen Häuschen um. Der zweistufige Heizstrahler war nicht an, und ich lief los, um ihn einzustecken.
    »Herrje, Ciaran, hier drinnen ist es eiskalt. Du holst dir den Tod.« Ich riss hinter der Tür seinen Mantel vom Kleiderbügel und warf ihn ihm um die Schultern. »Du musst auf dich aufpassen. Du wirst schließlich wie wir alle nicht jünger, weißt du.« Ich versuchte heiter zu wirken und lächelte ihn an. Er tätschelte mir die Hand und richtete sich auf.
    »Mach dir keine Sorgen, Grace, Liebes. Ich gehe nirgendwohin.«
    Ich trieb die üblichen Verdächtigen zum Mittagessen zusammen, und wir boten der nahe gelegenen Kantine, wo der Salat welk war und die Pommes trieften vor Fett und mit allem Möglichen serviert wurden, die Stirn. Immerhin war es dort billig, da die Kantine vom Unternehmen bezuschusst wurde.
    »Mit leerem Magen kämpft es sich nicht gut«, sagte unser Chef immer und klopfte sich dabei auf seinen Speckbauch, der ihm über den Bund seiner Hose quoll.
    Ethan, Norman und Jennifer starrten mit offenem Mund auf meinen Teller mit welken Kopfsalatblättern und Thunfischsalat. Der Teller wirkte unter dem verlorenen Häufchen Essen riesig. Selbst Laura wurde nun munter und gab einen Kommentar ab.
    »Du hast doch nicht wirklich vor, das zu essen, oder?«
    Die Wahrheit war, dass ich am Verhungern war und mir selbst durch die Gitterstäbe eines Kinderbetts hindurch einen Babypopo gekrallt hätte, hätte er auf der Speisekarte gestanden. Was – offensichtlich aus firmenpolitischen Gründen – nicht der Fall war.
    »Übrigens ist Peter verliebt.« Ich schaufelte eine Gabel voll Mais in meinen Mund und spülte ihn mit Wasser hinunter.
    Laura zuckte zusammen und setzte sich aufrecht hin.
    »Sag das nicht.« Ihre Stimme war nur ein Flüstern. »Sag das nicht, bis du es ganz sicher weißt.«
    Ich trank einen weiteren Schluck Wasser. Herrje, wer stellte dieses Zeugs her?
    »Ich bin mir ganz sicher«, sagte ich. »Er zeigt alle klassischen Symptome.« Um den Tisch herum nickten alle mit den Köpfen, als würde es am Anschlagbrett im Empfang eine Liste der klassischen Symptome geben. Norman legte Messer und Gabel neben seinen Teller.
    »Was sind denn seine Symptome?« So wie er die Frage stellte, hätte man meinen können, Peter sei ein Malariapatient im Krankenzelt irgendeines Flüchtlingslagers.
    »Also«, begann ich, und vier Köpfe beugten sich näher zu mir und raubten mir den Sauerstoff. »Er hat heute Morgen kein Fitzelchen Arbeit erledigt.« Noch mehr Nicken. »Genau genommen glaube ich, dass er nicht einmal seinen PC angemacht hat, obwohl er auf seiner Tastatur herumtippt, als wäre er an. Als würde Peter glauben, dass er an ist.« Ich wich ein wenig zurück, um etwas Luft zu bekommen und sie diesen kleinen Brocken verdauen zu lassen.
    »Und«, fuhr ich fort, »er hat seine Mutter angerufen und sich entschuldigt, weil er gestern nicht zum Abendessen vorbeigekommen ist. Hat’s wohl vergessen.«

    Laura schmunzelte. »Wir waren gestern Nachmittag sehr beschäftigt«, sagte sie selbstgefällig.
    »Vögeln am Sonntagnachmittag, wie altmodisch.« Norman war nicht beeindruckt.
    »Nein«, flüsterte Laura, wobei sie einen Blick um sich warf, um sich zu vergewissern, dass niemand sonst sie hören konnte. »Schlimmer als das.«
    »Was?« Man sah Jennifer an, dass sie im Kopf alle Möglichkeiten durchspielte. Jetzt beugten wir uns alle näher zu Laura. Ihr Gesichtsausdruck war eine seltsame Mischung aus Beschämung und bangem Glück.
    »Wir waren …« Sie unterbrach sich, saugte mit den beiden oberen Schneidezähnen an der Unterlippe. Sie sah anbetungswürdig aus, und ich klopfte ihr leicht auf die Hand.
    »Erzähl weiter«, beschwörte ich sie, während ich mich fragte, was zum Teufel sie wohl sagen wollte. Ich hatte nicht den blassesten Schimmer. Ich meine, wir sprachen schließlich von Laura.
    »Wir waren Spazieren. In irgendeinem Park.« Sie lehnte sich auf ihrem Stuhl zurück und blickte in die Runde, um unsere

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