Tag vor einem Jahr
war stur wie ein Panzer im Krieg.
»Du kommst in Begleitung zur Hochzeit, Bernard?« Plötzlich ließen alle ihre Köpfe zu ihren Kaffeebechern sinken, wie Menschen es machten, die darauf brannten, etwas zu hören, aber nicht neugierig wirken wollten.
»Nein, dieses Mal nicht«, sagte Bernard.
»So, du ziehst also in Erwägung in Begleitung zu kommen, wenn Richard das nächste Mal heiratet?« Norman ließ nicht locker.
»Irgendwie glaube ich, dass es kein nächstes Mal geben wird. Ich würde sagen, Clare ist eine Frau fürs Leben.« Bernard hatte damit das Beste gesagt, was es zu sagen gab, und ich fühlte mich seltsam stolz, als jeder im Kabuff zustimmend nickte und ihn in unserem inneren Kreis willkommen hieß.
42
Freitag: Clares letzter Tag als Single. Heute gab es keinerlei Anzeichen von Nervosität, während wir im Kosmetiksalon von Raum zu Raum pilgerten, um uns einer Behandlung nach der anderen zu unterziehen. Es gab nur einen einzigen kippligen Moment, nämlich als ich meine Fingernägel der Maniküre zeigte. Nun ja, es war eine schwierige Woche gewesen und obwohl ich viel zu tun gehabt hatte, hatte ich genug Zeit gefunden, alle zehn Fingernägel bis zur Nagelhaut abzuknabbern. Karina, die Nagelfachfrau, drückte auf einen roten Knopf, der an ihrem Telefon angebracht war, und bat ihre Vorgesetzte zu sich, die wiederum nach der Geschäftsführerin rief. Handbücher wurden zurate gezogen, während die drei ihre Köpfe über den jämmerlichen Überbleibseln meiner Nägel zusammensteckten, um zu besprechen, wie man am besten ihre tollen falschen Nägel auf meinen ekligen echten anbringen könnte.
»Wir müssen den extra starken Klebstoff verwenden«, sagte Marilyn (Fachberaterin für Nägel, die zur Geschäftsführerin avanciert war) in einem grimmigen Ton, der so gar nicht zu ihren hübschen Fingernägeln passte.
»Aber der kommt dann auf die rissige Haut, das wird brennen und sie reizen«, meinte Madeleine (die Geschäftsführerin mit einem Abschluss in Politikwissenschaften. Ich wusste das, weil die eingerahmte Urkunde an der Wand direkt neben ihrem Diplom in Nageltechnik hing. Letzteres steckte in einem größeren, kunstvoll verzierten Rahmen,
als ob sie damit die Kunden von ihrer wahren Berufung überzeugen wollte).
»Es wird richtig wehtun, wenn es in die gerissene Nagelhaut eindringt«, fügte Karina hinzu, die selbst an einem ihrer (falschen?) Fingernägel kaute. Die drei standen mit sorgenvollen Mienen um mich herum, während ich meine Hände ausstreckte wie ein ungezogenes Kind.
Am Ende war es meine Mutter, die Bewegung ins Spiel brachte.
»Macht ihr einfach brav die falschen Nägel drauf. Sie kann sich weiß Gott nicht mit diesen traurigen kleinen Nagelresten in der Öffentlichkeit zeigen. Außerdem hat sie eine ziemlich hohe Schmerzschwelle, nicht wahr, Grace?«
Das war mir neu. Ich hatte noch nicht darüber nachgedacht, ob meine Schmerzschwelle hoch oder niedrig war, aber ich hatte so eine Ahnung, dass ich, sollte ich jemals in den Wehen liegen, schon auf dem Parkdeck der Entbindungsklinik nach einer PDA brüllen würde.
»Wie wäre es mit einer örtlichen Betäubung?«, fragte ich. »Machen Sie das?«
»Komm schon, Grace, Nägel drauf und dann lass uns gehen. Wir haben nicht den ganzen Tag Zeit.« Mam sagte es mit einem angespannten Lächeln gegenüber den drei Nagel-Ladies, aber selbst die bemerkten, dass sie mir gerne ein paar leichte Ohrfeigen verpasst hätte.
Ich schloss meine Augen und streckte meine Hände aus, eine nach der anderen. Schließlich begab sich Karina ans Werk. Meiner Meinung nach hatten sie ausgelost. Absurderweise tat es gar nicht so weh. Vielleicht hatte Mam Recht, und ich hatte eine ungewöhnlich hohe Schmerzschwelle?
Wir ließen alles an einem Ort erledigen. Die Haare auf dem Kopf wurden uns geschnitten, die Haare an allen anderen Stellen wurden mit Wachsstreifen herausgerissen.
Augenbrauen wurden getönt und im Gegensatz zu meinem üblichen flachen Strich zu dezenten Bögen geformt. Wimpern wurden gefärbt und gebogen. Meine waren so kurz, dass Karina sie kaum mit der Wimpernzange fassen konnte. Sie schaffte es, auch wenn meine Wimpern, nachdem sie fertig war, seltsam gewellt aussahen. Clare wusste, dass ich für das Spray Tanning nicht mutig genug war – nicht nach Thomas -, aber Mam sollte auf meinen Wunsch hin nicht mitbekommen, dass ich mich ihnen nicht anschloss. Sie wäre der Meinung gewesen, dass ich nur Wirbel machen wollte. Karina bekam das spielend
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