Tag vor einem Jahr
zu betonen. Zwischen den Zeilen war deutlich herauszulesen, was sie wirklich beschäftigte: Peter. Sie wollte wissen, ob sie ihn zur After-Wedding-Party mitbringen konnte. Sie kamen alle: Laura, Ethan, Norman und Jennifer. Clare kannte die Bande inzwischen, nachdem sie sie des Öfteren im O’Reilly’s getroffen hatte, wenn wir nach der Arbeit unseren Freitagabend-Absacker nach dem Motto »Aber nur ein Drink, ja klar, lass uns doch noch bleiben, bis es Zeit zum Rauswurf ist« tranken. Ich drehte mich zu Bernards Schreibtisch. Da war er, schaute mit seiner klitzekleinen Brille, die durch den Widerschein des Bildschirms grün strahlte, angestrengt auf den Monitor.
»Krisensitzung in Ciarans Büro«, erklärte ich und stand von meinem Schreibtisch auf.
»Oh.« Auch Bernard stand auf. »Das ist ein ungewöhnlicher Ort für eine Sitzung, Grace O’Brien. Werden Meetings da draußen oft abgehalten?« Er nahm einen Stift und ein Notizbuch, und ich lachte. Ich liebte es, wenn er mich bei meinem vollen Namen nannte. So wie er es sagte, klang es nach einer anderen Person.
»Äh, nein, Bernard, es ist nicht direkt eine Firmensitzung. Es kommt nur von Laura. Ein Hochzeitsoutfit-Notfall.« Bernard nickte, als hätte er völlig verstanden.
»Ich wusste nicht, dass sie kommt.«
»Nur zu der Party danach. Sie, Ethan, Norman, Jennifer.« Ich spürte, wie sich Peter auf seinem Schreibtischstuhl
anspannte. Ich hatte Recht, Laura wollte, dass er mitkam, und seiner demonstrativ desinteressierten Miene nach zu urteilen, wollte er es auch. Die Sache entwickelte sich gut.
Bernard ging wieder an seinen Tisch zurück und legte Stift und Papier ab.
»Warum kommst du nicht mit? Du siehst aus, als könntest du eine Pause gebrauchen, und Ciaran macht tollen Kaffee.« Ich wusste wirklich nicht, warum ich ihn fragte. Immerhin hieß das aber, dass die anderen mir in ihrer indiskreten Art keine Fragen über ihn stellen konnten. Ich überlegte mir, was wir wohl für ein Bild abgeben mochten, wenn wir zusammen den Korridor hinuntergingen. Um mit ihm Schritt zuhalten, musste ich größere Schritte machen. Es war wunderbar, neben ihm zu gehen, da er viel größer war als ich, und selbst in dem engen Aufzug vergaß ich beinahe, dass er mich in wenig schmeichelhaftem Licht nackt gesehen hatte (AHHHHHH) und fast offiziell der Freund meiner Mitbewohnerin und engen Freundin Caroline war.
Als wir ankamen, hatte Ciaran schon den Wasserkocher eingeschaltet, obwohl es, als alle da waren, nur Stehplätze gab. Normans Augen leuchteten auf, als er Bernard sah, doch abgesehen von einem Nicken und Augenzwinkern in meine Richtung beherrschte er sich. Jennifer überfiel ihn mit einer herzzerreißenden Story über ein Problem, das ihr PC hatte. Sie suchte verzweifelt den Augenkontakt mit ihm und berührte bei jeder möglichen Bewegung seinen Arm. Ich drückte mich seitlich vorbei und schob mich durch die Menge zu Ciaran.
»Siehst gut aus heute, Mädchen«, sagte er ein bisschen lauter als üblich, um über die Leute hinweg verstanden zu werden. Ich erzählte Ciaran nicht, dass ich diese Woche jeden Morgen mit den Hühnern aufgestanden war, um meine Haare zu glätten, meine Kleider zu bügeln und behutsam
eine dezente – na ja, fast – Schicht Make-up aufzulegen. Ich war von den ganzen Anstrengungen erschöpft, aber dank meines Clinique Concealers konnte man das nur aus unmittelbarer Nähe bemerken.
»Ich rufe die Versammelten zur Ordnung auf«, verkündete Laura, die mit einem Klemmbrett in der Hand und einem Stift hinter dem Ohr sehr bürokratisch aussah. Sie löste Ciaran beim Kaffeemachen ab – er erledigte es ihr nicht schnell genug – und teilte jedem eine Tasse aus. Es entstand eine bedeutungsvolle Pause, während wir warteten, ob auch ein oder zwei Kekse folgen würden. Ciaran griff in Richtung einer Packung Kimberleys (die Sorte ohne Schokolade, aber dennoch …). Laura, mit dem Instinkt einer Katze ausgestattet, schnappte sie ihm weg und schob sie eilig in eine Schublade.
»Wir machen alle die Clares-Hochzeit-Diät«, erklärte sie und funkelte uns reihum an. Wir nickten stumm. Keiner von uns war ihr gegenüber mutig genug, um zu widersprechen.
»Nun«, begann sie mit einem Blick auf ihr Klemmbrett. »Als Erster kommt Ethan dran.« Ethan wäre beinahe umgefallen. Obwohl er unter Freunden war, hasste er es, im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit zu stehen.
»Ethan«, fuhr Laura fort, wobei sie ihn mit starrem Blick fixierte, »wir wurden darauf
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